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Welchen Sinn hat Rollenspieltheorie und die Auseinandersetzung damit?


Empfohlene Beiträge

Moderation :

Die Beiträge wurden aus Alas Vens Strang Wie hilft euch Rollenspieltheorie ausgegliedert, da dort konrekte Anwendungsbeispiele für praktisch orientierte Rollenspieler eingefordert wurden. Die hierher verschobenen Beiträge nähern sich dem Thema "Sinn" auf einer eher abstrakten, allgemeinen Ebene. Da hier durchaus interessante Punkte angesprochen werden, rechtfertigt das einen eigenen Strang.

 

Bei Nachfragen bitte eine PN an mich oder benutzt den Strang Diskussionen zu Moderationen

 

Hallo Alas Ven,

ich habe mich sehr über die EInichtung von "Rollenspieltheorie" hier im Forum gefreut.

Leider habe auch ich aufgehört darin zu lesen... (völlig aufgehört).

 

 

Meine Begründung liegt auch in Deinen Gründen. Zuviel Theorie und zuwenig Praxis. Ich hätte gerne die Theorie FÜR die Praxis.

 

Auseinanderklamüsern von Begriffen, die manche so und andere wieder ganz anders verstehen hilft mir nicht weiter.

 

Ich muß zugeben, daß ich mehr in ein paar Rollenspielmagazinen (v.a. dem alten englischen Adventurer) über praktische Theorieansätze gelesen und gelernt habe, als in dem Teil des Forums.

 

Vielleicht soll dieser Titel des Forums gar nicht dazu beitragen "besser" Rollenspiel zu spielen. Sondern "nur" um die Hintergrundtheorien zu diskutieren. Deshalb lese ich dort nicht mehr...

Bearbeitet von ugolgnuzg
Einleitungsmoderation; rEchtScHreIbfelher
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Das mit der "Rollenspieltheorie" ist eine durchaus interessante Sache. Im wissenschaftlichen Sinne gibt es nämlich keine, und jedes Mal, wenn mir jemand etwas von einer GNS-"Theorie" erzählen will, muss ich wild kichern. In der Regel bedeutet eine Diskussion zur "Rollenspieltheorie" in diesem Forum also "Ich mache das so, weil ich mir denke, dass ..." oder "Ich habe irgendwo gelesen, dass ..."

 

Während es durchaus möglich ist, dem Rollenspiel an sich einen fachspezifischen Status und somit auch eine eigene Fachsprache zuzuweisen, weist gerade die Untersuchung der Fachsprache darauf hin, dass sich das Fach , so überhaupt, in einem sehr frühen Zustand befindet, da es noch keine festen Begrifflichkeiten gibt, die allgemein definiert sind, sondern letztlich jeder Ansatz/jedes Spiel mit anderen Begrifflichkeiten arbeitet ("hohe fachliche Heteronymie" nennen wir das in der Fachsprachenforschung). Allein die Vielzahl der Begriffe, die es im Englischen für "Spielleiter" gibt, weist darauf hin, dass der Abbau der fachlichen Heteronymie gar nicht gewünscht ist - ein typisches Zeichen für ein SEHR junges Fachgebiet.

 

Das Traurige ist, dass ich diesen Zustand bereits 1993 in meiner Dissertation erforscht und beschrieben habe. Das war vor 17 Jahren. Seitdem hat sich in Richtung Fachsprache/theoretischer Unterbau so rein gar nichts geändert. Ansätze in diese Richtung gab es schon in den Achtzigern (James Wallis z.B. mit Inter*Action), es gibt ganze Bücher über die Theorie des Spielleitens (darunter auch deutlich ältere - und schon lange wieder vergessene - als das von Hakeem erwähnte) - aber nichts davon mit messbar anhaltender Wirkung.

 

Insofern betreibt dieses Forum letzten Endes eine Begriffsdiskussion, die in dieser Form schon seit etwa 20 Jahren stattfindet, aber halt eben jetzt erst die MIDGARD-Gemeinde erreicht hat. Notwendig, sicherlich, aber von begrenztem Nutzen und vor allen Dingen mit hoher Streuwirkung und niedrigem Erkenntnisgewinn, da letztlich niemand weiß, wovon der Andere genau redet, sofern es nicht definiert wird. Die "Diskussion" über "Flag Framing" ist da ein ausgesprochen schönes Beispiel.

 

Wenn jemand daraus letztlich einen praktischen Nutzen ziehen kann (wie Abd), ist das schön und spricht von Erkenntnisgewinn. Es ist aber letztlich nicht mehr als eine Aufarbeitung von Erkenntnissen, die seit 20 Jahren bekannt sind, aber offenbar nie ernsthaft und umfassend rezipiert worden sind.

 

Ich sehe da auch mittelfristig keine Fortschrittsmöglichkeiten, solange sich neue Systeme nicht zuletzt auch durch neue Terminologie aus dem Angebot herausheben wollen. D20 war hinsichtlich der Herstellung von Heteronymie ein sehr schöner Ansatz, aber das ist ja seit D&D 4 deutlich zurückgefahren worden. Und wenn wir uns anderen Fächern zuwenden, können wir sehen, dass sich ein solcher Zistand hoher fachlicher Heteronymie über deutlich größere Zeiträume hinziehen kann. Die Ägyptologie z.B. kämpft seit fast 200 Jahren damit, dass sie keine einheitliche Terminologie zur Grammatikbeschreibung entwickeln kann. was wirklich bitter ist.

 

Rainer

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Es hängt von der Erwartungshaltung ab. Wie Abd sagte, hat "Rollenspieltheorie" nicht den Anspruch, direkte "Kochbuch"-Lösungen zu bieten, es ist zudem, wie Olafsdottir anmerkte, nun einmal protowissenschaftlich, möglicherweise mit einem Hang zur Para- oder auch Pseudowissenschaft.

 

Ich fürchte auch, dass die Konsolidierung in Richtung "Wissenschaft" eher unwahrscheinlich ist, was auch damit zusammenhängt, dass die Breitenwirkung dieses Hobbies deutlich nachgelassen hat, wenn man schaut, wann die "großen" Entwicklungen in der Theoriebildung stattgefunden haben, war das auch gleichzeitig die allgemeine Boomphase des klassischen Rollenspiels.

 

Faszinierend ist in meinen Augen durchaus, dass diese, wie schon erwähnt, seit Jahren bestehende Grundbegrifflichkeit mit all ihren Unwägbarkeiten, Neuland für die meisten Midgardianer ist. Klar, es hatte in den Diskussionen hier zuvor selten mehr als eine unterschwellige Bedeutung gehabt, der eine Teil hat es als Begriff eingeflochten, der andere hat es ignoriert. Die Diskussionen, die heute hier stattfinden, kenne ich eben noch aus den 90er Jahren. Nur dass da die Begriffe noch jung waren. :)

Ein wenig bestätigt das, wie das Forum von außen wahrgenommen wird, als ein hermetischer Zirkel von monofixierten DFR-Anbetern, die ungern über Tellerrand schauen. ;)

 

Ich gehöre auch zu den Leuten, die diesen Forumsbereich sehr begrüßen, es bringt mir durchaus viel, mich auf einer abstrakten Ebene mit dem auseinanderzusetzen, was ich tue, wie ich es tue, wie man es anders tun könnte, welche Regelmäßigkeiten es dabei gibt. Allein schon die Typisierung hat mir ungemein viel für mein Verständnis dessen gebracht, wieso die gleiche Spielsituation nicht allen ähnlich gut gefällt. Es hilft mir aber auch, als Transferleistung, das Verhalten von Menschen in anderen Situationen besser zu verstehen, letztendlich sind die Spielertypen auch nichts anderes als ein anschauliches Modell von Handlungsmotivationen.

 

Für Spieler, die gerne über den Midgard-Tellerrand schauen, hilft es auch, die Unterschiede in den Systemen zu analysieren und für sich die interessanten Elemente herauszufinden. Es hilft, sich in die Rolle des ad hoc-Regeldesigners besser einzufinden, indem man bessere Ad-Hoc-Regeln aufstellen kann, wenn man in solche Situationen gerät oder eine Hausregel bewerten soll.

Rollenspiel ist hier nichts anderes als das Bewußtwerden über ein Werkzeug um mit einem Werkzeug umzugehen. Es reduziert, bei bewußtem Umgang mit dem Theoriewerkzeug die unerwünschten Arbeitsergebnisse mit dem Praxiswerkzeug "Regeln".

 

Das Problem, und deswegen sind die Fronten hier wohl auch so verhärtet: Unser Theorieforum ist hierfür faktisch nicht zu gebrauchen, weil eben die Ansprüche an die Diskussionsebene unvereinbar ist. Wenn z.B. eine Frage nach guter Umsetzung von Flag Framing aufkommt, dann nützt es den an dieser Frage interessierten schlicht gar nichts, wenn auf die grundsätzliche Sinnhaftigkeit dieses Ansatzes diskutiert wird, nein, es schadet sogar.

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In der Praxis bringt (meiner Erfahrung nach) einem die Rollenspieltheorie am ehesten etwas, wenn man feststellt, dass in der Gruppe etwas schief läuft, ohne dass man den Ursache genau benennen kann. Die Theorie kann einem dann helfen (zumindest in Form von Anhaltspunkten), die Ursache herauszufinden und gegebenen Falls darauf zu reagieren.

 

So kann es zum Beispiel sein, dass die Spieler im Laufe der Zeit unterschiedliche Spielstile entwickeln; der eine tendiert mehr zum Powergamer, der andere zum Storyteller und der dritte zum Simulationisten.

 

Ohne Theorie stellt man im Zweifelsfall irgendwann fest, dass man keinen Spaß mehr am Rollenspiel hat und im Extremfall komplett mit dem Rollenspiel aufhört.

 

Mit der Theorie kann man die Symptome analysieren und mögliche Gegenmaßnahmen ergreifen, bspw. einen Spielstil findet, mit dem sich alle zufrieden geben, oder die man Gruppe wechselt und bei der neuen Gruppe stärker darauf achtet, dass sie dem eigenen Spielstil eher entspricht.

 

Ähnliches gilt natürlich auch für den Spielleiter und seiner Art zu leiten.

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Konkret? Hm.

Ich lese für mich gerne mit und drehe und wende die Gedanken und Argumente der Diskutanten hin und her und ziehe für mich dann meine Meinung heraus.

Ich habe mich auch schon wild beteiligt, weil ich eine feste Meinung hatte/habe.

Konkret gebracht hat mir das, dass ich durch die Reflektion füre mich Sachen klarer gesehen habe und jetzt eher weiß, was ich möchte bzw. was andere wollen.

Wahrscheinlich nicht konkret genug, oder?

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Konkret? Hm.

Ich lese für mich gerne mit und drehe und wende die Gedanken und Argumente der Diskutanten hin und her und ziehe für mich dann meine Meinung heraus.

Ich habe mich auch schon wild beteiligt, weil ich eine feste Meinung hatte/habe.

Konkret gebracht hat mir das, dass ich durch die Reflektion füre mich Sachen klarer gesehen habe und jetzt eher weiß, was ich möchte bzw. was andere wollen.

Wahrscheinlich nicht konkret genug, oder?

 

Das bleibt wirklich sehr auf der abstrakten Ebene...

Das liegt aber in der Natur der Sache. Wäre die Theorie eine Sammlung von Kochrezepten, dann könnte man natürlich eine konkrete Anwendung erwarten.

 

So bleibt höchstens die Chance darauf, dass ein Beispiel genau zu Dir passt. Ansonsten muss jedes theoretische Wissen erst noch in die Praxis übersetzt werden. Der Vorteil liegt darin, dass verschiedene Einzelfälle durch Abstraktion als ähnlich angesehen werden können und dann für alle eine gemeinsame Erkenntnis möglich ist. So hast Du z.B. nicht mehr Egon, Karla und Heinz, Du hast einen Storyteller, einen Method Actor usw.

 

Solwac

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Hallo Alas Ven,

 

ich antworte jetzt mal auf eine Art die nicht dem entspricht, was Du hören willst und bitte deshalb schon vorher um Entschuldigung. Ich hoffe aber Du wirst danach verstehen, warum ich das tue.

 

Tatsächlich diskutiere ich (manchmal) hier mit, weil ich es schätze abstrakt über einen Gegenstand zu reflektieren. Diese Reflexion ist für mich der Kern theoretischer Überlegungen. Dabei kommt es mir gerade nicht auf direkte Umsetzungsorientierung im Midgard-Spiel an. Ich finde sogar, dass unmittelbare Anwendungsorientierung nicht hilfreich ist, um über unser Hobby theoretisch nachzudenken. Erweiterte Erkenntnis über die Frage warum, wie und wer spielt Midgard kommt aus meiner Sicht nicht daher, dass man alles nur anwendungsorientiert betrachtet.

 

Wir haben es bei Midgrad aus meiner Sicht mit einem hochkomplexen sozialen Prozess zu tun, der es Wert ist reflektiert zu werden - allein schon deshalb, weil wir ziemlich viel Zeit mit unserm Hobby zu bringen. Mir zum Beispiel hat zum besseren Verständnis dieses sozialen Prozess eine Menge Kommunikationstheorie, Geschichtstheorie, Geschlechtertheorie und Literaturtheorie geholfen. Viel von dem was hier zu Rollenspieltheorie steht, ist für mich "unterkomplex" - oder anders gesagt zu anwendungsorientiert.

 

Bitte verstehe die letzte Aussage nicht als Eitelkeit. Einen derartig theoretischen Ansatz muss bei Leibe nicht jeder mögen. Ich finde es aber gut, dass es möglich ist, hier auch hoch abstrakt zu diskutieren.

 

Herzlicher Gruß

 

Jakob

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Wenn jemand daraus letztlich einen praktischen Nutzen ziehen kann (wie Abd), ist das schön und spricht von Erkenntnisgewinn. Es ist aber letztlich nicht mehr als eine Aufarbeitung von Erkenntnissen, die seit 20 Jahren bekannt sind, aber offenbar nie ernsthaft und umfassend rezipiert worden sind.

 

Ich kann natürlich nur von mir sprechen, aber das ist der einzige Grund warum ich mich mit dem Thema befasse. Den Pseudowissenschaftlichen Ansatz, den die Leute bei der Forge verfolgt haben, betrachte ich eher amüsiert. Letztendlich hat die Forge das wohl auch so gesehen und den Theoriebereich geschlossen.

 

Für meinen Erkenntnisgewinn ist mir eine einheitliche Sprachregelung nicht wirklich wichtig. Sie würde helfen, klar, aber da ich mir eh meine eigenen Gedanken machen muss um mir über mein Spiel und Leiten klar zu werden, ist zumindest für mich eine einheitliche Sprachregelung von untergeordneter Bedeutung.

 

Kurz zusammengefasst: Ich möchte mich weiterentwickeln und nicht neue Theorien formulieren.

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Für meinen Erkenntnisgewinn ist mir eine einheitliche Sprachregelung nicht wirklich wichtig. Sie würde helfen, klar, aber da ich mir eh meine eigenen Gedanken machen muss um mir über mein Spiel und Leiten klar zu werden, ist zumindest für mich eine einheitliche Sprachregelung von untergeordneter Bedeutung.

 

Kurz zusammengefasst: Ich möchte mich weiterentwickeln und nicht neue Theorien formulieren.

Die Sprachregelung braucht man aber für die Diskussion mit anderen. Klar, für sich selbst braucht es das nicht, Du weißt ja, was Du mit "Dingsda" meinst, die anderen aber halt nicht.

 

Solwac

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  • 2 Monate später...

M.E. geht es bei den Diskussionen hier um die Reflexion von Spielprozessen, d.h. darum diese zu hinterfragen, um sich zum Beispiel (in vielfältiger Hinsicht) weiterzuentwickeln. Hierbei sind Begriffe jenseits der üblichen Spielterminologie m.E. sehr hilfreich, um besser eine externe Perspektive auf das Phänomen einnehmen zu können und Sachverhalte sozusagen von außen betrachten zu können. Ich begrüße die Diskussionen hier, da sie einen neuen Wind und vielfältigere Ansichten in die Midgard-Gemeinde tragen.

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