Hier ein Beitrag zu chryseischen Seeräubern. Weil ich darin auch einige neue geographische Namen verwende, verweise ich zur leichteren Orientierung auf meine Karte von Chryseia.
Kroisos und die Piraten der Chryseis
"Chryseier und Pirat? Das nennt man dortzulande eine Tautologie."
- Kapitän Velasco Caminantes de Leon
Kroisos (35.000 EW), die derzeit größte und mächtigste Stadt Chryseias, besitzt auch den größten Hafen. Am sturmgeschützten Illaeischen Golf gelegen bietet er Zuflucht vor dem Unbill der hohen See. Wie keine andere Stadt wird Kroisos von reichen Handelsfürsten beherrscht, deren prachtvolle Paläste und Kontore das Stadtbild prägen. Bemerkenswert sind auch der große Wredelintempel mit seiner umfangreichen Schriftensammlung, die philosophisch-juristische Akademie und die Korallenbörse.
Auf der anderen Seite der Bucht von Kroisos liegt Nikaia, der Militärhafen der Metropole mit der Residenz der Admiralität. In seinen Werften entstehen aus im Katalideon geschlagenem Eichen-, Pinien- und Zypressenholz die schnellsten und größten Kriegsgaleeren Chryseias. In punkto Kampfkraft können sich nur die gefürchteten Dromone Ikoniums mit ihnen messen.
Aufgrund seiner günstigen Lage, dem Machthunger seiner Handelsgilden und seiner schlagkräftige Marine dominiert Kroisos derzeit den Seehandel mit Valian, den Küstenstaaten, Eschar, Serendib und Aran. Größter Konkurrent innerhalb Chryseias ist dabei der Ikonische Seebund in dem sich die kleinen Stadtstaaten der Ostküste zusammengeschlossen haben.
Die größte Gefahr für die dickbauchigen kroisischen Corbitae geht jedoch von den Piraten der Chryseis, insbesondere der Tridekanes aus. Die langezogene Inselgruppe südöstlich des chryseischen Festlandes bietet Seeräubern aus aller Herren Länder Unterschlupf. Berüchtigt ist der rotbärtige Mermelachos, der auf der Insel Aegilia in einer alten valianischen Byrsa wie ein König residiert. Entlang der Schiffahrtsrouten lauern Schwärme seiner schneller Langboote schwerfälligen Handelsschiffen auf, die unvorsichtigerweise die Gewässer ohne Geleitschutz durchqueren. Auf die eingekreiste Beute schleudern Mermelachos' Piraten erst heiße Bleigeschosse, welche die Rüstung der Verteidiger durchschlagen, ehe sie mit wildem Geheul das Schiff entern.
Oft haben es die Piraten gar nicht auf die Ladung, sondern auf Besatzung und Passagiere abgesehen. Gefangene landen schnell auf dem großen Sklavenmarkt von Kynthos. Hier decken insbesondere chryseische Sklavenhändler ihren Bedarf an ausländischen Sklaven. Zwischen Kynthos und dem Sklavenmarkt von Tiruga auf dem Pfortenarchipel herrscht ein reger Austausch. Dadurch gelangen zum einen auch Sklaven aus fernen Ländern wie Rawindra oder KanThaiPan nach Kynthos, zum anderen werden gefangene Chryseier, Albai oder Erainner nicht selten auf ein Sklavenschiff nach Tiruga verfrachtet. Wegen der Bedeutung, welche der Sklavenhandel noch immer für die chryseische Wirtschaft hat, wird Kynthos auch nicht von Kroisos behelligt. Es gibt sogar einen offiziellen Gesandten des Hegemon auf der Insel, der für gute Beziehungen (und faire Preise) sorgen soll.
Hin und wieder geht den Piraten ein betuchter Handelsherr, ein adeliger Sprößling oder gar ein Angehöriger eines Fürstenhauses ins Netz. Üblicherweise werden solche Gefangenen dann nicht auf dem Sklavenmarkt verschachert, sondern gegen angemessenes Lösegeld ihren Familien ausgehändigt.
Wer aber nun glaubt, wenigstens nahe der Küste sicher vor Piraten zu sein, mag sich getäuscht sehen: Die Bewohner der kargen Chaldikia, der östlichen der beiden chryseischen Halbinseln, sind als Strandpiraten verrufen. Schiffe auf dem Weg von oder nach Lidralien, die nachts in Küstennähe ankern werden schwimmend oder in kleinen Booten geentert. Die Räuber sind äußerst geschickt darin, Schiffswachen auszuschalten, ehe sie die schlafende Besatzung meucheln. Nach dem Löschen der Ladung wird das Schiff hinaus auf See gerudert und versenkt. Minessos, der einzige sichere Hafen der Chaldikia, verlangt deshalb eine teure Ankergebühr, die vorsichtige Kapitäne jedoch gerne zu zahlen bereit sind.
Händler auf der Fahrt durch die Chryseis bilden mit ihren Schiffen nicht selten kleine Flotten, die sich unter den bezahlten Geleitschutz von bewaffneten Galeeren stellen. Dies ist zwar nicht billig, dafür sind Begegnungen mit Seeräubern dann unwahrscheinlicher. Um den Seeweg nach Valian besser sichern zu können, hat Kroisos vor einigen Jahren Telchinos annektiert, die östlichste Insel der Tridekanes. Das bis dato unabhängige Fürstentum der Insel musste sich der militärischen Übermacht bald geschlagen geben. Nun befindet sich dort ein kroisischer Flottenstützpunkt, der aber wiederum dem Ikonischen Seebund ein Dorn im Auge ist und die Spannungen zwischen den beiden Seemächten verschärft hat.
Seit der Hegemon die Stadt Agraia öffentlich der Freibeuterei bezichtigt hat, brodelt es zwischen Kroisos und Ikonium. Angeblich soll Agraia, die südlichste Polis des Ikonischen Seebunds, dem Piratenhäuptling Diodotos Tryphon (genannt "Der Rabe") nicht nur sicheren Unterschlupf auf der Insel Korakesion gewähren, sondern ihn auch beauftragt haben, Jagd auf kroisische Fernhändler zu machen. Eine ungeheure Beschuldigung, welche den Seebund veranlasst hat, sich gegen Kroisos zu wappnen.
Eine weitere Schutzmacht in der Chryseis - wenn auch von geringerer Bedeutung - stellt der Thassaidonierorden dar. Von der Ordensburg auf der Perleninsel Naxia überwachen die Ritter Wredelins die Passage von Pilgern zum heiligen Orakel von Mutellakos. Reisende unter dem Banner Thassaidons zu überfallen gilt als besonders schändliches Verbrechen. Ruchlose Piraten können sicher sein, dass das Sühneschwert der Ordenskrieger sie zu Wasser und zu Lande verfolgen wird.
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Herzliche Grüße,
Triton