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[Blick über den Tellerrand - Teil 1] Ratten!


Empfohlene Beiträge

Liebe Midgardianer,

 

in mir hat sich der Eindruck festgesetzt, dass sehr viele der Forumsuser hier eher weniger andere Rollenspiele kennen und spielen. Sicherlich ist auch mir Midgard das liebste Rollenspiel, trotzdem möchte ich euch auch ein paar andere kleine und große Rollenspiele vorstellen, die auch ihre eigene Reize haben.

 

Ich fange jetzt einfach mal mit einem kleinen, aber sehr netten und innovativem Rollenspiel an:

Ratten!

Erscheinungsform:

Das Rollenspiel Ratten! kann man kostenlos als PDF beim Projekt-Kopfkino herunterladen. (siehe Rubrik "Saugen") Dort erhältlich findet man das Grundregelwerk, mit Ratten!! auch noch das Kompendium und diverse Charakterblätter, Fan-Erweiterungen und echt nette kleine Abenteuer.

Zusätzlich ist das Grundregelwerk mit dem Abenteuer "Der Kasten des Lebens" auch als gut gedrucktes, vollfarbiges A5-Heft mit 72 Seiten bei PrometheusGames erschienen - Kostenpunkt: 11,- Euro.

Es gibt seit Essen '08 zudem noch das Kompendium Ratten!! mit einigen netten Erweiterungen, Regeloptionen, einem neuen Abenteuer usw. mit wiederum 72 vollfarbigen Seiten für 12,- Euro.

 

Worum geht's?

Völlig unerwarteter Weise spielt man bei Ratten! Ratten. Jawohl, die kleinen pelzigen Viecher, die gerne mit Mäusen verwechselt und Abscheu betrachtet werden. Und die sind zwar bis zu einem gewissen Grad vermenschlicht (Sprache, Glauben, menschliche Intelligenz), aber trotzdem ohne Daumen ausgestattet, d.h. sie haben keine (kaum) Werkzeuge.

 

Die Ratten leben in der Rattenburg - einem auf unerklärliche Weise von Menschen urplötzlich verlassenem Kaufhaus. In den verschiedenen Abteilungen leben einzelne Rotten, denen sich auch die Spieler anschließen. Jede der Rotten hat eine eigene Philosophie und eigene Stärken oder Schwächen. Da gibt es die Brandratten (religiöse Fanatiker), die Müllschlinger (fatalistische Überlebenskämpfer), die Sammler (wohlhabende Fettwänste), die Rotaugen (feige Spione), die Scharfzähne (wilde Krieger), die Laborratten (neugierige Wissenssammler) und die Taucher (freakige Freigeister).

 

Grundsätzlich sind die Rotten zwar getrennt, aber nicht zwingend verfeindet, was den Spielern auch die Möglichkeit lässt, eine gemischte Gruppe zu spielen. Jede Rotte wird über vier Seiten sehr liebevoll und illustriert beschreiben - für weitere Details bitte ins Regelwerk blicken.

 

Die Rattenburg selbst beinhaltet viel zu entdecken, aber auch viele Gefahren: Fallen der Erbauer, Schleicher (Katzen), Schwarzflügel (Krähen), Glotzer (Giftkröten) und vieles mehr. Hier hat das Grundregelwerk schon einiges vorgelegt, was im Kompendium noch erweitert wird.

 

Das mitgelieferte Abenteuer macht gleich sehr viel Spaß und kann mit minimalem Aufwand sofort geleitet werden.

[spoiler=Der Kasten des Lebens]Die Helden-Ratten werden von einer uralten und weisen Ratte namens Narbenohr Weitsicht Quellenleser Weißfell angeheuert, seine einzige noch lebende Tochter Neugierde Samtfell zu suchen und ggf. zu retten. Dabei gibt es dann viele Infos in den unterschiedlichsten Abteilungen zu holen und schließlich kann man die verlorene Tochter finden. Nur ist nicht alles so, wie es scheint und es gibt durchaus die eine oder andere überraschende Wendung.

 

Ich habe das Abenteuer an einem Samstag Nachmittag und Abend inklusive Charaktererschaffung problemlos durchgespielt. Hat allen Beteiligten sehr viel Spaß gemacht und war ziemlich spannend. Mit wenig Mühe auch länger ausbaubar.

 

Die Regeln

Die Charaktererschaffung geht sehr schnell - selbst wenn man den Spielern die Rotten erst mal vorstellt, hat man nach 30 Minuten alles locker durch. Es gibt vier Eigenschaften (stark, schnell, clever und sozial) auf die man 8 Punkte verteilen kann. Maximal 3 minimal 1. Dann wird noch "zäh" abgeleitet (3x stark), was in etwas den Lebenspunkten entspricht. Anschließend kommen noch 3 Talente (Fertigkeiten) wie "Aus dem Weg gehen" (Ausweichen), "Hören, sehen und schnüffeln" (Wahrnehmung) usw. hinzu, die später dann Boni auf die entsprechende Tätigkeit geben. Auch bekommt jede Ratte einen "Trick" (angeborener oder erlernter Vorteil) sowie die Vorteile und Nachteile der ausgewählten Rotte.

 

Gewürfelt wird mit mehreren W6. Und zwar immer zwei der Eigenschaften ergeben die Summe der W6 (also min. 2W6 bis max. 6W6). Die beiden höchsten Augenzahlen werden addiert und müssen einen Mindestwert erreichen oder übertreffen. Hinzu kommen noch Boni durch diverse Vorteile oder Fertigkeiten, sowie Mali durch Nachteile. Die Schwierigkeit bewegt sich meist zwischen 4 (sehr leicht) und 10 (schwer). Zwei 6er als höchste Augenzahl (also 12 im Ergebnis) sind ein sog. Glücksgriff, zeigt allerdings mindesten die Hälfte der Würfel eine 1, so hat man gepatzt. Passiert beides (Wurf von 6, 6, 1, 1), dann ist die Aktion zwar gelungen, aber mit unerwünschten Nebenwirkungen. Sehr simpel also.

 

Duelle werden gegeneinander gewürfelt, wobei bei Gleichstand der beiden höchsten Augenzahlen einfach die dritte, vierte usw. hinzugezählt wird, bis der Gleichstand aufgehoben ist.

 

Das Lernsystem ist auch recht witzig. Man muss "Lieder" sammeln, also mutige Taten vollbringen und dann den Rottenältesten "verkaufen" und kann dann irgendwann steigern.

 

Mehr Details mag ich jetzt angesichts des frei erhältlichen und sehr kurzen Regelwerkes nicht mehr abtippen ... ;)

 

Was ich daran mag:

Das Setting ist echt cool. Alle Beschreibungen, Abenteuer, Hintergründe usw. sind wirklich toll ausgearbeitet und die freie Verfügbarkeit natürlich eine tolle Sache. Das hat mich aber nicht davon abgehalten, die insg. 23,- Euro für das "Komplettwerk" in wirklich gut gedruckter Form zu investieren. Das Spiel macht sehr viel Spaß und man kann sich überraschend gut als Spielleiter reindenken. Ein Teil des Reizes liegt auch darin, die Welt aus der Rattenperspektive zu beschreiben und dann zu beobachten, wie die Spieler langsam die Begriffe "übersetzen". So hat es echt eine Weile gedauert, bis das Porzelanbecken, aus dem sie nach einer äußerst spannenden Tauchtour auftauchten, eben doch "nur" eine Toilettenschüssel war usw.

Allein das erste Abenteuer im Grundregelwerk hat mich und meine Spieler gelockt, mehr davon spielen zu wollen.

 

Was ich nicht so mag:

Das Regelsystem. Oh, es ist sehr schnell und einfach. Lernaufwand geht gegen null, aber die "12" als höchster Wurf fällt sehr oft und macht es schwierig auch würfeltechnische Herausforderungen zu bieten. Kämpfe und andere Fertigkeiteneinsätze sind einfach immer recht leicht erledigt. Man muss hier halt wirklich eher Storytelling spielen und würfelärmere Herausforderungen bieten. Dann funktioniert's allerdings großartig und macht ob des genialen Settings unglaublich viel Spaß.

 

In der mir eigenen Rosendorn-Wertung gebe ich Ratten! satte 9 von 10 Dornen - ein Spitzenwert! Somit also nahezu einschränkungslos empfehlenswert.

 

Liebe Grüße...

Der alte Rosendorn

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Ist es möglich, mit Ratten! auch eine längere Kampagne zu spielen?

Ja. Besonders die liebevolle Ausarbeitung der Statusregeln lädt förmlich dazu ein. Wenn eine Ratte erwachsen ist (nach etwa drei Monaten), dann muss sie sich im ersten Blut beweisen. Das ist eine Art Initiationsritus, wo sie drei Tage alleine unterwegs ist und mit Gefahren fertig werden muss. Anschließend erhält sie ihren ersten Namen.

 

Für die Charaktere hat in der Regel das erste Blut bereits stattgefunden. Allerdings können sie jetzt durch ihre Heldentaten "Lieder" in drei Kategorien sammeln. Ein Lied bekommt man (in Form von Punkten in der jeweiligen Kategorie), wenn man den Rottenältensten (den Ahnen) die Heldentat unterstützt durch passende Würfe gelungen vorträgt. Dann bekommt man je nach Rotte und Heldentat Punkte in den Kategorien Fang (kriegerisch), Auge (überlistend) und Herz (diplomatisch/friedlich). Bei genügend Punkten und mit Zustimmung der Ahnen erhält die Ratte dann einen neuen oder zusätzlichen Namen.

 

Beispielnamen (berühmte Ratten): Kratzflamme Krähenschwätzer, Nackenbeißer Rotherz, Bluttrinker Immerhass, Silberpelz Honigzunge, Flinkschwanz Stahlbezwinger, Mauerhocker Krabbelkiller, Nestwärmer Schattenducker Katzenwäscher, Steinzahn Schwingenreißer, Feigfang Terriertöter, Stahlherz Liedersammler Quellenschöpfer, Flinkgeist Rätselschmied, Blutfang Dunkeltaucher, Nebelherz Weitschwimmer ...

 

Und jedes Mal, wenn sie einen neuen Namen erhält, darf der Spieler entweder ein neues Talent lernen, ein Talent von Stufe I auf II steigern, einen neuen Trick nehmen oder ein Attribut um einen Punkt erhöhen (Maximum bleibt aber 3).

 

Wir haben noch keine Kampgange gespielt und auch noch keine Steigerung vorgenommen, aber zumindest das Vortragen der Lieder am Ende der Geschichte macht echt Spaß.

 

Was steht im Kompendium Ratten!! und ist das wichtig?

Ich bereue den Kauf des Kompendiums nicht. Darin werden drei neue Rotten (Schattenschweife, Waghälse und die Wilden) vorgestellt, die das Kaufhaus und das Spiel erweitern. Des Weiteren gibt es fünf neue "Monster" mit passenden neuen Fertigkeiten, Regeln für Krankheiten und Gifte, optionale Regeln, um das oben von mir als zu leichtgewichtig kritisierte Regelgerüst anspruchsvoller zu machen (habe ich noch nicht getestet, liest sich aber vielversprechend), weitere Sagen und Legenden (entweder als Hintergrund nutzbar oder als Abenteuerideen), ein guter Artikel für den "Rattenmeister" (Spielleiter), ein sehr spannendes Abenteuer namens "Feindschaft geht durch den Magen" und einen neuen Hintergrund für "Ratten im Weltraum" (Setting also nicht mehr im Kaufhaus, sondern in einer verlassenen Raumstation - ungemein cool).

 

Für 12,- Euro gibt's von mir hierzu eine absolute Kaufempfehlung, denn alles im Kompendium ist nutzbar und spaßig.

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  • 1 Monat später...

Ich habe es am Wochenende auf dem Adventure-Con in Hamburg gespielt und fand es sehr gelungen. Ein kleines, kurzes Regelwerk, das dennoch funktioniert, und zwar wie bei eigentlich jedem Rollenspiel, genauso gut, wie der SpL die Regeln umsetzen kann.

 

Wir waren fünf Spieler mit zwei Tauchern, einer Laborratte, einem Rotauge und einem Waghals. Wobei eigentlich nur die Zusammenarbeit zwischen den Tauchern und dem Waghals funktionierte und mein Taucher "Lochtaucher Dunkelfreund Spinnentöter" nur mit viel Selbsbeherrschung nicht nach dem Abenteuer das Rotauge tötete. So eine feige Ratte... ;)

 

Ich würde Ratten! sehr gern noch einmal wieder spielen. :turn: Es macht total Spaß, als Ratte mal einerseits die "Sau rauslassen" zu können, andererseits ein ziemlich komplexes Gesellschaftssystem zu erforschen, in dem eigentlich nur die Taucher eine Art Ehre besitzen... ;) Okay, Scharfzähne sind auch noch okay und Müllschlinger, Waghälse und Laborratten sind Leute, mit denen man verhandeln kann, aber Rotaugen und Sammler sind nur verschlagen und feige, weil sie sonst nichts können. So. :plain:

 

 

Edit meint, ein neuer Name steht ihm noch nicht zu, da er erst drei Fang und zwei Auge hat... :(

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  • 4 Monate später...
  • 3 Wochen später...

In Space, no one can hear you SQUEAK!

 

 

Meine zweite Runde "Ratten" war noch schöner als die erste :turn:, wozu nicht zuletzt die Leitungskunst Rosendorns beigetragen hat! :thumbs: Ich konnte allerdings nicht erkennen, worin jetzt der Unterschied zwischen den Ratten im Weltraum und denen im Kaufhaus jetzt genau sein soll, abgesehen von der Möglichkeit der Mutationen, zumal die Anwesenheit von Krähen in deiner Raumstation etwas sehr eigenartig wirkt. :suspect:

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  • 10 Monate später...

Hallo,

 

gestern habe ich zum ersten mal das Ratten-Regelwerk geblättert. Ich hatte zwar vor Zeiten schon den Eingangspost hier gelesen, aber erst gestern bin ich unvermittelt wieder auf dieses RPG gestoßen. Ich muss sagen, dass das Konzept mich sehr überzeugt:

1. Die Welt aus Sicht von Tieren. Das macht bestimmt einen Heidenspaß und ist für den SL eine Herausforderung.

2. Besonders gut finde ich die Sache mit den Rotten-Vor-und-Nachteilen. Ähnlich wie bei Vampire macht dies es einem nicht gerade leicht sich für eine Rotte zu entscheiden (welche Nachteile ist man bereit anzunehmen?). Dies ist vor allem etwas was m.E. Midgard fehlt (was aber hier durch gutes Rollenspiel beglichen werden könnte - es in Wirklichkeit aber selten ausgespielt wird). Die unterschiedlichen Vor- und Nachteile von Midgards SC-Rassen reichen da bei weitem nicht an das Konzept rann. Vor- und Nachteile sind dabei Pillepalle.

 

Da einer meiner MID-Mitspieler bald für längere Zeit für unsere Spielrunde ausfällt, ich ihm aber die Erlebnisse der Kampagne und deren aktive Mitgestaltung nicht verwehren will, habe ich jetzt entweder die Wahl den Rest sich an Ratten versuchen zu lassen oder eine zweite Kampagne mit neuen Figuren zu beginnen. Ich werde wohl die Spieler entscheiden lassen, nachdem ich ihnen Ratten und die alternative MID-Kampagne vorgestellt habe.

 

Beide Settings für Ratten finde ich interessant, aber vor allem die Idee der aufgegebenen Weltraumstation übt einige Faszination auf mich aus - nicht zuletzt wegen der Idee der Mutationen, die ich für sehr gelungen halte.

 

P.S. Wer von euch spielt den alles Ratten und wo?

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  • 1 Jahr später...

Nun ist es in den letzten zwei Jahren etwas ruhiger geworden hier. Spielt Ihr noch RATTEN! ? Welche Erlebnisse hatte Ihr? Worin unterscheidet es sich deutlich von "normalem" Rollenspiel? (Denn bisher konnte ich noch nicht soviel Unterschiede festmachen. Kämpferratten sind doch auch nix anderes als Krieger auf Midgard, oder?)

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  • 1 Jahr später...

Also, "noch" kann ich von mir nicht behaupten, vielmehr plane ich mal eine Runde mit Ratten! aufzumachen. Ich kann im Moment also keinen Erfahrungsbericht abgeben, sondern lediglich berichten, dass sich die Regeln super lesen, der Humor wie das Setting klasse ist/sind und ich es kaum abwarten kann zu spielen. Nach dem wir ein par Abende gespielt haben werde ich hier noch mal was schreiben, die Erlebnisse zusammen fassen und berichten wie sich Ratten so leitet.

 

-Gruß, IVIantis

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