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Was Midgard mir bedeutet


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Geschrieben (bearbeitet)

So, die letzten Bücher aus der Franke-Ära sind in der Auslieferung. Jürgen und Elsa verabschieden sich in den Rollenspielmacherruhestand. Was in Zukunft unter dem Namen Midgard erscheinen wird, wird ziemlich anders sein. Vielleicht auch ganz anders. Auf jeden Fall ist das jetzt eine für mich doch deutlich spürbare Zäsur.

Mir ist ein bisschen oder mehr als nur ein bisschen sentimental zumute. Und ich habe das Gefühl, Jürgen und Elsa mal "Danke" sagen zu müssen. Und das nicht nur privat per Mail, sondern auch so, dass es öffentlich ist und hier im Forum Bestand hat. Deshalb will ich mal der Versuch wagen, mit diesem Strang eine Möglichkeit zu schaffen, um aufzuschreiben, wie und warum Midgard für mich persönlich wichtig ist. Was meine persönliche Midgard-Story ist.

Ich weiß, dass viele von euch sowas in ihre Vorstellungen geschrieben haben. Aber ich habe gar keine Vorstellung im Forum. Außerdem wäre es vielleicht schön, so eine würdigende Rückschau an einem Platz zu haben. Ich denke, es wäre gut, wenn in diesem Strang alle Beiträge unkommentiert bleiben. Wer will, kann ja einen Kommentarstrang aufmachen.

Nachtrag edit: Ach so, was ich natürlich cool fände, wäre, wenn auch ihr noch schreiben würdet, was euch Midgard bedeutet.

 

Was bedeutet mir Midgard?

Ich fange mal so an: Ich habe Midgard schon gesucht, bevor ich überhaupt wusste, dass es so was gibt.

Erste Wurzel: Anfang der 80er gab es im Kinderfernsehen so eine spezielle Art von Abenteuer-Rätseln, bei denen auch so eine Art von Landkarte eingeblendet war. Die Spieler waren nicht zu sehen, sondern man hörte sie aus dem Off. Im Prinzip waren es so Situationen wie: "Ihr seid auf einer Expedition durch den Dschungel auf einem Fluss unterwegs. Euer Boot ist gekentert und fortgeschwemmt. Einer von euch hat sich das Bein gebrochen. Ihr konntet eine Axt, eine Packung Streichhölzer und ein Seil und Proviant für 5 Tage retten. Das nächste Dorf ist 7 Tage entfernt." Und dann haben die Kinder beraten, wie sie das Problem lösen, welche Ressourcen, die auf der Karte zu sehen waren, sie nutzen und wie sie miteinander kooperieren. Ich fand das unfassbar spannend und hätte mir das lieber nicht nur im Fernsehen angeschaut, sondern mit daran rumgetüftelt.

Die nächste Wurzel war: Ich wollte so gern Landschaften bauen. Also Modelleisenbahnen ohne Eisenbahnen und Schienen und auch nicht unbedingt mit spießigen Fachwerkhäusern. Tatsächlich habe ich mir eine Platte gebaut, bevor ich überhaupt das erste Mal was über Tabletops gehört hatte. Das war eher noch in der Zeit der minikleinen Plasiksoldaten, die es damals in jeder Spielzeugabteilung zu kaufen gab.

Die dritte Wurzel war die Faszination für fantastische Kulturen. An meiner Schule gab es ein paar Leute, die per Briefspiel auf Hexrastern entweder Raumschiffe (Galaxis des Chaos) oder Fantasyarmeen (Welt der Götter) auf Erkundungen und in Schlachten geschickt haben. Was mich aber bald noch mehr interessierte: Jeder Spieler beschrieb sein Volk oder seine Spezies oder seine Kultur. Und je mehr Kulturbeiträge man veröffentlichte, desto mehr Ressourcen bekam man im Spiel. Ein etwas älterer Typ aus unserer Schule durfte schon Auto fahren und so fuhren wir mit einem Bulli zu einem WdG-Treffen nach Braunschweig. 

Und da spielte ich meine erste Runde Midgard - mit etwa 30 Leuten in einem Gemeinschaftsraum - keine Ahnung, worum es ging oder wie oft ich überhaupt dran kam. Es sind auch unfassbar schnell ziemlich viele Figuren gestorben, wohl nur um etwas Luft zu schaffen. Aber das Feuer war entfacht. Wieder zurück, kaufte sich unsere gesamte Bullibesatzung diese grüne M1-Ausgabe. Und dann haben wir uns etwa einmal im Monat für ein Wochenende getroffen und quasi durchgespielt: Selbstgeschriebene Abenteuer in selbsterdachten Welten. Ein kreativer Abenteuerspielplatz. Hintergründe fiehlen bei WdG auf verschiedenen Segmenten genügend ab. Kaufabenteuer gab es kaum und viel zu wenige, aber das war überhaupt kein Problem.

Zum Ende meiner Schulzeit und nach meinem Zivildienst dachte ich, das wäre es dann mit Midgard gewesen. Doch beim Studium in Göttingen am ersten Tag meiner O-Phase geriet ich an einen Kommolitonen, der ein echter Rollenspielfreak war. Und dann ging es richtig los: Jede Woche einen Abend Midgard. Von 19.30 Uhr bis 1 oder 2. Nach etwa einem Jahr kristallisierte sich eine Gruppe heraus, mit denen ich mich heute immer noch treffe. Zweimal im Jahr für ein Wochenende. Die meisten Leute kenne ich aus dem Studium noch. Inzwischen ist sogar ein Kumpel aus der Schulzeit wieder dabei.

In der Regel hat jeder SL seine eigene Welt. Und in jeder Welt spielt man eigene Charaktere. Das offizielle Midgard ist eine unter vielen. Seit der Göttinger Zeit kamen Figuren und richtige Bodenpläne dazu. Vorher hatten wir irgendwelche Pöppel oder Kronkorken auf nem Papier hin und her geschoben.

Im Prinzip ist diese Midgard-Runde die einzige Struktur aus der Studienzeit, die über die ganzen Jahrzehnte gehalten hat. Der Anker, an dem sich unsere Freundschaften festgehalten haben. Midgard ist irgendwie der Kitt, der mich und meine liebste Freundesclique zusammengehalten haben. Da bin ich ungeheuer dankbar drum.

Nach dem Studium und ner weiteren Ausbildungsphase ging es so richtig in die Provinz. Aber in der nächsten Stadt gab es einen Spieleladen mit einer dicken Fantasy-Abteilung. Da traf ich Leute, mit denen ich wieder eine wöchentliche Gruppe aufbauen konnte. Zuerst nur mit Midgard, inzwischen eher mit Shaddowrun, Deadlands und wohl zukünftig Warhammer. Im Prinzip das einzige Hobby, das ich neben der Arbeit pflege. Aber jetzt breiter aufgestellt und mehr mit Pinselei und Bastelei verbunden: Miniaturen, Gelände, Dungeon-Tiles, Dungeoninventar, all der Kram von Tabletop World. Endlich die Gelegenheit, meine Eisenbahn ohne Eisenbahn zusammenzubasteln. Und ab und zu ins Spiel zu bringen.

Das Leben in der Provinz hat mich letztlich auch ins Midgard-Forum gespült. Und die Kontakte hier haben dazu geführt, die erste WdG-Kultur aus den frühen 80ern - die Wölflinge - für Midgard flott zu machen und immerhin bis in den Gildenbrief und in @Patricks Thurisheim zu kriegen. Dann der Versuch, mit einer kleinen Gruppe in einem Projekt ein Medjis-Buch zu schreiben. Als das letztlich scheiterte, das Projekt, das Medjis, das mir eigentlich vorschwebte unter anderem Namen und noch viel indianischer auf einer eigenen Welt zu platzieren. Und dann diese Welt auszumalen mit offenem Ende aber auf nunmehr schon 300 Seiten.

 

Wenn ich jetzt mal alles zusammensehe, dann hat mir diese erste Midgardpartie mit 15, 16 Jahren wirklich eine neue Welt aufgestoßen, in der ich micht kreativ austoben konnte und mit deren Hilfe ich Verbindungen zu Menschen schaffen konnte, die mir bis heute wert und teuer sind. Ich denke sogar, dass das Rollenspiel, wenn man es richtig macht, ganz nebenbei Beziehungen vertieft und hilft, Menschen ganz anders und ziemlich gut kennenzulernen. Und es schafft gemeinsame Erlebnisse, die zwar zum größten Teil in der Fantasy stattfinden, die ja aber doch in die Realität abstrahlen.

Warum Midgard und nicht DSA oder D&D? Ich glaube, dass Midgard so genau das Maß an Erwachensein, Ernsthaftigkeit, Bodenständigkeit und Realismus hatte, das für mich ihre Fantasywelt bewohnbar machte. DSA (mein kleine Bruder kam dann damit an) war mir in der ersten Ausgabe einfach zu kindisch (allein die Namen der Zauber - schauder!). D&D war mir zu simpel und zu hack & slay. Und es begünstigte Allmachtsfantasien, die mir bei manchen Spielern sehr sauer aufstoßen und mir das gemeinsame Spiel verleiden würden. Wenn ich mir die Abenteuer der beiden Konkurrenten ansah, dann fehlten mir die Motive, die Freiheit und ein bisschen auch die Sinnhaftigkeit des Hintergrunds. Warum greifen alle in meinem Lieblings-Dragon-Abenteuer immer sofort an? Danke an meinen alten SL, der die DSA-Greifenfurt-Kampagne und die D&D-Drachenlanze so gut aufbereitet hat, dass deren Schwächen, die beim späteren Lesen der Abenteuer überdeutlich waren, im Spielen nach Midgardregeln und im Midgardstil irgendwie ausgemerzt waren.

Midgard bewahrt das Spiel vor dem, was ich stilistisch total blöd finde. Und es fördert, womit ich sehr gut klarkomme. Und M5 passt für mich jetzt ziemlich perfekt. Die Figuren bei Midgard konnten immer schon eine Menge anderes als kämpfen oder Feuerbälle werfen. Und die Antagonisten taugten zu mehr, als sie niederzumähen. Vor allem taugten die Spielfiguren dazu, einem lange Freude zu bereiten. Man konnte sie allmählich wachsen lassen und durch epische Kampagnen führen.

Ich bin sehr froh über das, was Jürgen und Elsa da geschaffen haben. Es hat mir von der ersten Auflage bis jetzt zur fünften viel Spaß und Freude gemacht. Und obwohl ich - glaube ich wenigstens - mit beiden Beinen fest im Leben stehe und gerade meine Familie mit Midgard so absolut gar nichts am Hut hat und ich durchaus auch ein schönes und erfülltes Leben jenseits von allem Fantasykrams im Allgemeinen und Midgard im Besonderen habe, denke ich doch, dass mich dieses Hobby auch grundsätzlich geprägt und weitergebracht hat. Weil ich auch ansonsten kreativ arbeite. Weil ich Spaß an Sprache und an Texten habe. Weil ich mich auf verschiedenste Menschen und Situationen einstellen muss. 

Weil das Leben eben doch ein Abenteuer ist und ich mich dafür ganz gut gewappnet fühle.

Danke!

Bearbeitet von Eleazar
  • Like 23
  • Thanks 3
Geschrieben

Äh, ich wollte mich jetzt hier nicht exponieren und allein was schreiben. Wenn der Eindruck entstanden ist, dann habe ich mich falsch ausgedrückt. Also, nur zu: Schreibt auch eure Geschichte. Ich lasse das noch ein paar Tage stehen. Wenn das nicht auch andere motiviert, kann es dann auch wieder weg.

Welche Bedeutung hat Midgard für euch?

  • Haha 3
Geschrieben

Ganz ehrlich? MIDGARD scheint einfach ein System zu sein,  dass aus irgendeinem Grund relativ nette Leute anzieht. Ich spiele MIDGARD wegen der Community. Ich bin hier im Forum wegen der Community. Meine erste Berührung mit MIDGARD war der IRC-Channel #midgard. Da haben sie über Rollenspiel gequatscht,  einen Charakter erstellt und etwas online gespielt,  und sogar zu einem Live-event getroffen und sind in Gewandung durch Nürtingen getobt. Zu der Zeit habe ich sonst DSA und Vampire gespielt. 

Dann hörte das Studium auf und ich zog weg und fand eine neue Rollenspielrunde. Naja die haben MIDGARD gespielt, also spielte ich eben MIDGARD. Und so kann ich zum Südcon und zum Forum und so weiter. 

Das System selbst hat Stärken und Schwächen,  aber das ist nicht so wichtig. Da setze ich übrigens große Hoffnungen in M6, weil es viele Dinge,  die mich an MIDGARD stören,  besser machen wird. 

ich hatte immer eine tolle Zeit, weil MIDGARD mich mit tollen Leuten zusammen gebracht hat. Das ist doch das wichtigste, finde ich. 

  • Like 7
Geschrieben

Welche Bedeutung hat Midgard für mich?

Es war mein zweites System nach D&D. Ich spielte es seit die zweite Edition druckfrisch raus gekommen war. (da kann dann jeder nachschauen wann das war.)

Auf einem Con um die Zeit hat dann mal jemand zu mir gesagt (Ich glaube es war der "Pfeifer von Dawncaer") „Das da vorne sind die Frankes, die haben ihr eigenes Rollenspiel geschrieben“. (ich glaub Another World Con im AKK in KA, ausgerichtet von einem Verein der große Überschneidungen mit Follow hatte)

Ja das war so die Zeit wo viele in meinem Bekanntenkreis versuchten ihre eigenen Regelwerke raus zu bringen, (Nur einer schaffte es btw im kleinen Eigenverlag verlegt er es immer noch).

Tja, ich spielte und leitete viel in den Jahren. Auf Midgard bin ich aber immer wieder zurück gekommen. Warum? Es war hier in Karlsruhe doch recht weit verbreitet. Nur ein anderes Regelwerk habe ich ähnlich intensiv gespielt – Deadlands. Das ist aber auch mittlerweile „Geschichte“ - bzw. in Savage Worlds aufgegangen.

Was ich an Midgard gut fand war das man recht lange spielen konnte ohne das die Spielfiguren merkwürdig wurden. Also „Stopping time and gating in Solars“ das ging in Midgard nicht. Auch wenn vor M5 kaum eine Figur von uns über Grad 7 gekommen ist. Das 2w6+7 Tage haben wir sogar gefeiert. Es war eine herrliche Zeit „unter den Nebelbergen“ die wir so entvölkerten und das Geld in einem nahegelegenen Dorf ausgaben das dadurch zur Stadt wurde. (Mit einem beachtlichen Friedhof, leider)

Viele der Kritikpunkte an der Welt konnte ich nie verstehen. Das „Alba“ man sich etwa als Fantasy Schottland vorstellen konnte hat es mir immer wieder erleichtert Leute an das Land heranzuführen und somit irgendwie an alle Länder. Es hat es sehr leicht gemacht einen Satz zu schreiben – und jeder hatte sofort ein Bild vor Augen. (das hatte ich in anderen Spielen eher nicht so. Sicher MERS ging ähnlich schnell – wenn man HDR gelesen hatte (oder in der neueren Zeit auch die Filme gesehen)).

Ich kann an der Stelle auch nicht verstehen das Alba „ausgespielt“ sein sollte. Man hätte da vieleicht mal etwas ausprobieren können und einen grossen Krieg vom Zaun brechen in welchen sich auch politische Grenzen verschieben. Mit den Runenklingen hätte sich ja auch angeboten wirklich was großes zu machen. Eigentlich ist diese Kampange ja auch nicht wirklich zu ende gewesen.

Zum System: Ich habe aber mit Midgard auch etwa die Enemy Within Kampange von Warhammer gespielt. Also nicht mit den orginal Warhammer II regeln sondern Midgard 4. (ist schon etwas her, Midgatrd ist nun bei 5 und Warhammer bei 4)

  • Like 1

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