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Der Herr der Ringe


Henni Potter

Der Herr der Ringe - Nicht jeder findet alles gut!  

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  1. 1. Der Herr der Ringe - Nicht jeder findet alles gut!

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Zitat[/b] (Rosendorn @ 09 Dez. 2003,17:33)]Außerdem lege ich sehr viel Wert auf schriftstellerische Qualitäten und Kniffe - darin mangelt es IMHO Tolkien. Da kenne ich interessantere Werke.

 

Grüße...

Der alte Rosendorn

Im Fantasysektor?  wow.gif

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Zitat[/b] (Eike @ 09 Dez. 2003,17:35)]
Zitat[/b] (Rosendorn @ 09 Dez. 2003,17:33)]Außerdem lege ich sehr viel Wert auf schriftstellerische Qualitäten und Kniffe - darin mangelt es IMHO Tolkien. Da kenne ich interessantere Werke.

 

Grüße...

Der alte Rosendorn

Im Fantasysektor?  wow.gif

Ja. Aber nur für mich gültig. Nicht im absoluten Sinne zu verstehen!

 

Mir persönlich gefällt beispielsweise George R. R. Martins "A Song of Ice and Fire" schriftstellerisch, inhaltlich und auch vom Hintergrund her wesentlich besser als HdR. Natürlich nur im englischen Original und das aber auch obwohl die Sage noch gar nicht fertig ist... wink.gif

 

Grüße...

Der alte Rosendorn

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Zitat[/b] (Barmont @ 09 Dez. 2003,16:07)]
Zitat[/b] (GH @ 09 Dez. 2003,15:58)]Tolkien hätte sich sicher niemals erlaubt, so etwas auch nur annähernd zu meinen.

Sicher?

 

 

Barmont, der an Freund's ES, ICH und ÜBERICH denkt.

Er war auf jeden Fall ziemlich konservativ, aber so furchtbar viel über sein persönliches Denken in diesen Dingen wissen wir wohl nicht. Jedenfalls hätte ein Watson wohl nicht über Holmes' Leiche geschluchzt und gejammert. Meiner Meinung nach hat Tolkien das entweder absichtlich/unabsichtlich ambivalent gestaltet (was sehr britisch wäre) oder es ist einfach sehr gefühlsbetont wie in einem mittelalterlichen Ritterroman. Man darf da deuten.

 

Ich wollte auch noch sagen, dass ich das Buch das erste Mal als Jugendlicher gelesen habe, das zweite Mal vor ein paar Jahren in der neuen Übersetzung. Beim zweiten Mal war ich auch nicht mehr so davon angetan, was sicher nicht an Krege lag. Zwar war ich beim ersten Mal auch nicht hin und weg, aber ich hatte das Werk doch besser in Erinnerung. Durch Hörspiel und Film gewinnt das Ganze doch ziemlich, finde ich. Weltliteratur ja (durch Nachwirkung und Erfindung), große Literatur aber wohl eher nicht.

 

Grüße

GH

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Zitat[/b] (GH @ 09 Dez. 2003,15:40)]Sam ist also Frodos Watson. Verstehe. Die homoerotische Komponente ist meiner Meinung nach allerdings stellenweise sehr deutlich und ich persönlich finde es befriedigend, dass Frodo zum Schluss allein davonsegelt, während Sam seine Rosie nimmt. Da denke ich doch, dass Prof. Tolkien unbewusst einen Subtext geschrieben hat.

 

Grüße

GH

Immerhin segelt Sam später noch hinterher.

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So, ich habe für ein Muss gestimmt. Ich hab das Buch zum erstenmal mit (ich glaub) 12 gelesen. Seitdem hab ich es insgesamt 9 (oder 10) mal gelesen. Verständlich das ich für ein Muss gestimmt habe.

 

Bevor ich den Herrn der Ringe gelesen habe, hatte ich schon zweimal Kontakt mit Tolkiens Werken. Zum ersten durch die Hörspiele, die ich (glaub ich) mit 8 oder 9 gelesen habe. Auf die Hörspiele folgend habe ich dann mein absolutes Lieblingsbuch gelesen: Das Silmarillion (mittlerweile 12 mal). Aber ich will jetzt nicht allzu ausfallend über das Silmarillion reden, nur soviel: Das Silmarillion liefert einfach mehr Fakten als der Herr der Ringe. Es bringt mich der Faszination von Mittelerde viel näher. Außerdem tauchen da die Elben, meine Lieblingswesen, öfter auf als im HdR.

 

Besonders schön finde ich auch die Ausarbeitung Mittelerdes. Besonders die Landkarten habe ich mir immer wieder angeschaut. Und wenn ich mal Zeit finde will ich auch mal ein bisschen Sindarin lernen. Die Schrift hab ich mir schon mal angeeignet.  

Jedenfalls habe ich mittlerweile neben dem Herr der Ringe und dem Silmarillion noch den Hobbit, die verlorenen Geschichten und den größten Teil des Restes der History of Middle-Earth gelesen (Kann gut sein das ich noch was vergessen habe).

Und sie haben mich alle aufs neue fasziniert, jedes für sich (auch wenn das in Englisch schonmal einige Probleme bereiten kann).

 

Noch ein Wort zu den beiden Übersetzungen des HdR:

Ich finde das was Krege aus dem Herr der Ringe gemacht hat einen großen Sch***. Entschuldigt für dieses Wort aber es ist einfach unverschämt ein Buch (IHMO) so zu versauen. Aus Butterblume Butterblüm zu machen und so weiter...  angryfire.gif  mad.gif

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Zitat[/b] (Bruder Buck @ 09 Dez. 2003,13:36)]Auch ich habe mich in der Abstimmung für "ein Muss" entschieden, denn wer Fantasy mag, kommt am HdR nicht vorbei. Es wurde hier in den Beiträgen schon ausführlich beschrieben, dass die Welt Mittelerde mit ihrem grandiosen - und stimmigen !!! - kulturellen Hintergrund ein wesentliches Merkmal des HdR ist. Diese Welt macht einen anstonsten guten Roman (mit einigen Längen) zu einem einzigartigen Werk.

 

Beispiel: Da die Verfilmungen von Harry Potter und Herr der Ringe ja zeitgleich in den Kinos sind, kann man den Unterschied in der Ausarbeitung einer stimmigen Welt sehr gut vergleichen (ok, ich lese die HP-Bücher auch). HP ist nett, lustig zu lesen, aber man sollte es unterlassen, über den Hintergrund nachzudenken. Es stimmt einfach nichts.... Und genau das ist der große Unterschied: Bei HdR stimmt einfach alles vom Hintergrund her!

 

Euer

 

Bruder Buck

Jetzt kann ich mir doch nicht verkneifen, einmal nachzufragen, wie bei einem völlig fiktiven Hintergrund "alles" stimmen kann? Es ist Fiktion, letztlich stimmt also gar nichts. Lediglich die Verknüpfung der einzelnen Daten zu einem Ganzen kann beurteilt werden. Und ohne ein Fan von HP oder HdR zu sein, nehmen sich die beiden Werke in Anbetracht ihres selbst gesetzten Anspruchs nicht viel.

 

Grüße

Prados

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Zitat[/b] (Gil-nim @ 09 Dez. 2003,20:09)]Noch ein Wort zu den beiden Übersetzungen des HdR:

Ich finde das was Krege aus dem Herr der Ringe gemacht hat einen großen Sch***. Entschuldigt für dieses Wort aber es ist einfach unverschämt ein Buch (IHMO) so zu versauen. Aus Butterblume Butterblüm zu machen und so weiter...  angryfire.gif  mad.gif

Hast du denn den Krege wirklich mal gelesen? Die meisten Nörgler die ich kenne, haben das nämlich gar nicht gemacht. Sie beziehen sich immerfort nur auf die Aussagen, die landauf, landab in den einschglägigen Foren hergebetet werden!

 

Zunächst sei gesagt, dass der Verlag und Wolfgang Krege sicherlich eine fragwürdiges Ziel vor Augen hatten, als sie sich um eine "zeitgemäßere" Sprache bemühen wollten. Man würde ja auch nicht versuchen den Faust oder auch etwas trivialesres wie etwa Karl May mit einer "moderneren" Sprache zu versehen! Viel schlimmer ist aber, dass sie dieses Vorhaben garnicht wirklich umgesetzt haben. Herausgekommen sind nur einige wenige sprachliche Vereinfachungen, dem dem Duktus des übrigen Werkes nicht mehr gerecht werden! Die Namen sind da nur ein unerhebliches Beispiel (mit verlaub: ob Butterblume oder Butterblüm ist doch wirklich egal). Krasser fällt da schon Sam's Anrede "Herr" (Frodo) auf, der bei Krege zum schnoddrigen "Chef" mutiert. Noch schlimmer sind in meinen Augen die Veränderungen im Kapitel Elronds Rat, das im übrigen bei Margeret Carroux Der Rat Elronds heißt. Hier hat Tolkien für die verschiedenen Redner auch verschiedene, den Rassen angepasste Sprach- und Ausdrucksformen verwenden. Das ist schon in der ersten Übersetzung nicht sofort aufgefallen. Bei Krege verschwindet das jedoch vollkommen. Aller reden dort in dem mehr oder weniger gleichen Duktus. Da verliert das Buch viel.

 

Die Stellen an denen sich ähnliches beobachten lässt sind Legion und wurden, wie gesagt, schon hinlänglich diskutiert. Aber weil ich e selber auf's Trapetz gebracht habe und weil auch Gil-nim es ansprach wollte ich dass hier doch noch einmal los werden.

 

 

Barmont, der heute am liebsten die englische Fassung liest.

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Zitat[/b] (Prados Karwan @ 09 Dez. 2003,20:42)]Jetzt kann ich mir doch nicht verkneifen, einmal nachzufragen, wie bei einem völlig fiktiven Hintergrund "alles" stimmen kann? Es ist Fiktion, letztlich stimmt also gar nichts. Lediglich die Verknüpfung der einzelnen Daten zu einem Ganzen kann beurteilt werden. Und ohne ein Fan von HP oder HdR zu sein, nehmen sich die beiden Werke in Anbetracht ihres selbst gesetzten Anspruchs nicht viel.

Na, amn kann mit der Formulierung "stimmig" ja auch die innere Geschlossenheit der Welt meinen. Ich denke, das war bei BB der Fall. Und da hat sich Tolkien sicher in besonderer Weise hervorgetan. In der Tat hat er zunächst eine recht komplexe Mythologie entwickelt und den Herrn der Ringe oder auch den kleinen Hobbit dort eingepasst. Die Anfänge des Silmarillions  gehen bereits auf die Zwanzigerjahre des letzten Jahrhun derts zurück, auch wenn es erst nach dem HdR von Christopher Tolkien endgültig zusammengestellt und veröffentlicht wurde.

 

 

Barmont, der die besondere Faszination vom HdR in seiner umfassenden Hintergrundgeschichte begründet sieht.

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Zitat[/b] (Barmont @ 09 Dez. 2003,22:15)]
Zitat[/b] (Prados Karwan @ 09 Dez. 2003,20:42)]Jetzt kann ich mir doch nicht verkneifen, einmal nachzufragen, wie bei einem völlig fiktiven Hintergrund "alles" stimmen kann? Es ist Fiktion, letztlich stimmt also gar nichts. Lediglich die Verknüpfung der einzelnen Daten zu einem Ganzen kann beurteilt werden. Und ohne ein Fan von HP oder HdR zu sein, nehmen sich die beiden Werke in Anbetracht ihres selbst gesetzten Anspruchs nicht viel.

Na, amn kann mit der Formulierung "stimmig" ja auch die innere Geschlossenheit der Welt meinen. Ich denke, das war bei BB der Fall. Und da hat sich Tolkien sicher in besonderer Weise hervorgetan. In der Tat hat er zunächst eine recht komplexe Mythologie entwickelt und den Herrn der Ringe oder auch den kleinen Hobbit dort eingepasst. Die Anfänge des Silmarillions  gehen bereits auf die Zwanzigerjahre des letzten Jahrhun derts zurück, auch wenn es erst nach dem HdR von Christopher Tolkien endgültig zusammengestellt und veröffentlicht wurde.

 

 

Barmont, der die besondere Faszination vom HdR in seiner umfassenden Hintergrundgeschichte begründet sieht.

Ja, ich spreche ja auch gar nicht gegen die Ambitionen von Tolkien. Ich empfinde nur die Argumentation von BB als etwas merkwürdig: Selbst wenn man deiner Auffassung folgt und das "stimmt" als "stimmig" interpretiert, wird man bei Tolkien allenfalls einen größeren Anspruch und eine größere Tiefe feststellen können, die auf einer quantitativen Ebene liegen.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich möchte nicht HP verteidigen, sondern lediglich das Argument der Stimmigkeit auf beide von BB genannten Werke angewendet sehen und bei beiden, gemäß ihren jeweiligen Ansprüchen, als erfüllt feststellen. Der Hintergrund von HP mag einem nicht gefallen, er ist aber stimmig in dem Sinn, als er weitgehend fehlerfrei und gut gefügt ist.

 

Grüße

Prados

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Zitat[/b] (Barmont @ 09 Dez. 2003,22:07)]
Zitat[/b] (Gil-nim @ 09 Dez. 2003,20:09)]Noch ein Wort zu den beiden Übersetzungen des HdR:

Ich finde das was Krege aus dem Herr der Ringe gemacht hat einen großen Sch***. Entschuldigt für dieses Wort aber es ist einfach unverschämt ein Buch (IHMO) so zu versauen. Aus Butterblume Butterblüm zu machen und so weiter...  angryfire.gif  mad.gif

Hast du denn den Krege wirklich mal gelesen? Die meisten Nörgler die ich kenne, haben das nämlich gar nicht gemacht. Sie beziehen sich immerfort nur auf die Aussagen, die landauf, landab in den einschglägigen Foren hergebetet werden!

 

Zunächst sei gesagt, dass der Verlag und Wolfgang Krege sicherlich eine fragwürdiges Ziel vor Augen hatten, als sie sich um eine "zeitgemäßere" Sprache bemühen wollten. Man würde ja auch nicht versuchen den Faust oder auch etwas trivialesres wie etwa Karl May mit einer "moderneren" Sprache zu versehen! Viel schlimmer ist aber, dass sie dieses Vorhaben garnicht wirklich umgesetzt haben. Herausgekommen sind nur einige wenige sprachliche Vereinfachungen, dem dem Duktus des übrigen Werkes nicht mehr gerecht werden! Die Namen sind da nur ein unerhebliches Beispiel (mit verlaub: ob Butterblume oder Butterblüm ist doch wirklich egal). Krasser fällt da schon Sam's Anrede "Herr" (Frodo) auf, der bei Krege zum schnoddrigen "Chef" mutiert. Noch schlimmer sind in meinen Augen die Veränderungen im Kapitel Elronds Rat, das im übrigen bei Margeret Carroux Der Rat Elronds heißt. Hier hat Tolkien für die verschiedenen Redner auch verschiedene, den Rassen angepasste Sprach- und Ausdrucksformen verwenden. Das ist schon in der ersten Übersetzung nicht sofort aufgefallen. Bei Krege verschwindet das jedoch vollkommen. Aller reden dort in dem mehr oder weniger gleichen Duktus. Da verliert das Buch viel.

 

Die Stellen an denen sich ähnliches beobachten lässt sind Legion und wurden, wie gesagt, schon hinlänglich diskutiert. Aber weil ich e selber auf's Trapetz gebracht habe und weil auch Gil-nim es ansprach wollte ich dass hier doch noch einmal los werden.

 

 

Barmont, der heute am liebsten die englische Fassung liest.

Ja, ich habe mich durch die Übersetzung durchgequält. Bereue es heute noch.

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Ich möchte noch kurz auf zwei Anmerkungen zu meinem Eingangsbeitrag eingehen:

 

@ Prados: Der Ausdruck "Mutter der Fantasy-Literatur" war in der Tat schlecht gewählt von mir. Ich bitte, die Formulierung nicht auf die Goldwaage zu legen. Gemeint war, dass Tolkien so viele Schriftsteller inspiriert und Nachahmer gefunden hat, dass ein großer Teil der modernen Fantasy ohne ihn undenkbar wäre.

 

@ Bernward: Ich habe eine ganze Menge Klassiker nicht mit aufgezählt, nicht nur Erdsee. Ursula Le Guin ist allerdings m. E. ein schönes Beispiel dafür, dass es wirklich gute Fantasy-Literatur gibt, die trotz aller Güte mit dem HdR in keiner Weise mithalten kann - und das gilt nicht nur für die Ausgestaltung der Hintergrundwelt, sondern auch und insbesondere für den Schreibstil!

 

Grüße,

 

Hendrik

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Und dann möchte ich noch etwas zu denjenigen sage, die den HdR nicht so gut finden: Ich finde es lobenswert, dass ihr eure Meinung hier offen gegen eine derart offensichtliche Übermacht von Tolkien-Fans äußert. Macht weiter so, lasst euch nicht unterkriegen, ich hoffe, ihr werdet noch mehr.

 

Ich möchte euch keineswegs von der Qualität Tolkiens überzeugen - über Geschmack kann man schließlich nicht diskutieren - würde gerne aber eine bißchen mehr Details eurer Kritik erfahren. Diesen Strang habe ich nämlich insbesondere eröffnet, als ich im Filmthread zu RotK von Rosendorn las:

Zitat[/b] ]Ich kann den Hype um das Buch gar nicht verstehen. Es ist eine platte Story, schriftstellerisch unzulänglich und vor allem viel zu lang.

Nun, "schriftstellerisch unzulänglich" kann ich hinsichtlich bestimmter Passagen verstehen (auch wenn ich bei Tolkien auch einige Stärken sehe, z. B. in seiner Wortwahl), aber warum ist die Story platt (im Vergleich nicht nur zu anderer Fantasy-Literatur)? Und wie kann es sein, dass du, Rosendorn, als ausgewiesener George Martin-Fan die gerade einmal tausend Seiten als zu lang empfindest?

 

Wie gesagt, ich will niemandem seine Meinung nehmen, aber die Kritikpunkte würde ich gerne nachvollziehen können - und das kann ich im Moment nicht einmal ansatzweise!

 

Grüße,

 

Hendrik

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Zitat[/b] (Hendrik Nübel @ 10 Dez. 2003,21:25)]Ich möchte noch kurz auf zwei Anmerkungen zu meinem Eingangsbeitrag eingehen:

 

@ Prados: Der Ausdruck "Mutter der Fantasy-Literatur" war in der Tat schlecht gewählt von mir. Ich bitte, die Formulierung nicht auf die Goldwaage zu legen. Gemeint war, dass Tolkien so viele Schriftsteller inspiriert und Nachahmer gefunden hat, dass ein großer Teil der modernen Fantasy ohne ihn undenkbar wäre.

 

@ Bernward: Ich habe eine ganze Menge Klassiker nicht mit aufgezählt, nicht nur Erdsee. Ursula Le Guin ist allerdings m. E. ein schönes Beispiel dafür, dass es wirklich gute Fantasy-Literatur gibt, die trotz aller Güte mit dem HdR in keiner Weise mithalten kann - und das gilt nicht nur für die Ausgestaltung der Hintergrundwelt, sondern auch und insbesondere für den Schreibstil!

 

Grüße,

 

Hendrik

Oha, Ursula soll einen schlechten Stil schreiben? Diese Aussage kann ich nun schwerlich nachvollziehen. Meines Erachtens ist sie eine der literarischsten SchriftstellerInnen des Genres.

Aber das tut hier eigentlich nichts zur Sache.

 

Und ich reibe mich schon wieder an einer Formulierung? "Undenkbar"? Nein, auch das nicht. Hätte Tolkien es nicht gemacht, wäre ein anderer gekommen. Das Genre der Space Operas war bekannt und wäre aller Voraussicht nach über kurz oder lang auch auf die Fantasy übertragen worden. Tolkien kommt also das Verdienst zugute, der Erste gewesen zu sein, der so umfassend und so voluminös geschrieben hat. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Wenn ich mir allerdings einige Fortsetzungsorgien der heutigen Fantasy anschaue, wäre es mir lieber gewesen, er hätte sich auf 300 Seiten beschränkt.

 

Grüße

Prados

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Zitat[/b] (Hendrik Nübel @ 10 Dez. 2003,21:33)]Und dann möchte ich noch etwas zu denjenigen sage, die den HdR nicht so gut finden: Ich finde es lobenswert, dass ihr eure Meinung hier offen gegen eine derart offensichtliche Übermacht von Tolkien-Fans äußert. Macht weiter so, lasst euch nicht unterkriegen, ich hoffe, ihr werdet noch mehr.

 

Ich möchte euch keineswegs von der Qualität Tolkiens überzeugen - über Geschmack kann man schließlich nicht diskutieren - würde gerne aber eine bißchen mehr Details eurer Kritik erfahren. Diesen Strang habe ich nämlich insbesondere eröffnet, als ich im Filmthread zu RotK von Rosendorn las:

Zitat[/b] ]Ich kann den Hype um das Buch gar nicht verstehen. Es ist eine platte Story, schriftstellerisch unzulänglich und vor allem viel zu lang.

Nun, "schriftstellerisch unzulänglich" kann ich hinsichtlich bestimmter Passagen verstehen (auch wenn ich bei Tolkien auch einige Stärken sehe, z. B. in seiner Wortwahl), aber warum ist die Story platt (im Vergleich nicht nur zu anderer Fantasy-Literatur)? Und wie kann es sein, dass du, Rosendorn, als ausgewiesener George Martin-Fan die gerade einmal tausend Seiten als zu lang empfindest?

 

Wie gesagt, ich will niemandem seine Meinung nehmen, aber die Kritikpunkte würde ich gerne nachvollziehen können - und das kann ich im Moment nicht einmal ansatzweise!

 

Grüße,

 

Hendrik

Fantasy ist eigentlich per definitionem "platt". Es handelt sich um eine eskapistische Literaturform, in der verschiedene Motive anderer Genres aufgenommen und verarbeitet werden - das allerdings in ziemlich stereotyper Weise. Fantasy übernimmt meist die Suchwanderung des Märchens, in deren Verlauf der "gute" Held gegen "das Böse" kämpft. Diese Stereotypizität lässt charakterliche Tiefe kaum möglich werden, denn diese bedingt Selbstzweifel und Tönung jenseits des klaren Schwarz-Weiß-Rasters. So verkommen Protagonisten meist zu Funktionsträgern, die beliebig austauschbar sind.

 

Das größte Problem wurde oben aber bereits angesprochen und ist der Eskapismus. Eine Literaturform, die konsequent auf Unterhaltung zielt und keine Verknüpfungspunkte zur Welt des Lesers herstellen kann, muss banal bleiben. Es ist eine Soap Opera mit Magie, die den Leser emotional sättigt, ohne ihn auch nur im Ansatz intellektuell anregen zu können. Ausnahmen ergeben sich nur dann, wenn sich der Leser auf eine Metaebene wechselt und sich intensiv mit der Fantasyliteratur und ihren Inhalten beschäftigt. Doch auch das ist nichts als l'art pour l'art.

 

Grüße

Prados

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Zitat[/b] (Hendrik Nübel @ 10 Dez. 2003,21:52)]Nein, Prados, Le Guin schreibt nicht schlecht, aber Tolkien schreibt besser!

[...]

Die Meinung sei dir unbenommen; teilen kann ich sie indes nicht. Was mich interessiert: Was sind deine Kriterien für einen guten Schriftsteller? Oder konkret gefragt: Was macht Tolkien in deinen Augen besser als LeGuin?

 

Grüße

Prados

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Lieber Prados, da muss ich mich doch noch mal zu Wort melden.

 

Tolkien hat seine Bücher sicher nicht als Fantasy-Literatur verstanden. Das ist ein Stempel, der den Büchern von Anderen aufgedrückt wurde. Was er wollte, war eine Mythologie, die die englische Geschichte nicht vorzuweisen hat. Angeregt durch die Beowulf-Sage und ähnliche nordische Dichtungen, hat er sich zum eigenen Vergnügen aufgemacht, solche Mythen selber zu schaffen. Das ist sicher purer Eskapismus, aber dennoch nichts verwerfliches (was du, Prados, ja auch nicht behauptet hast). Nun tragen "echte" Mythen aber immer auch das Wertesystem der Kultur in der sie entstanden in sich und berühren somit die Lebenswelt  derer, die sich ebenfalls in ihr bewegen. Auch wenn Tolkiens Mythen Kunstprodukte sind, so spiegeln sie doch das Wertesystem seiner Kultur wieder; und sein eigenes. Gerade er hat, bedingt durch seinen beruflichen Hintergrund, einen intensiven Zugang zu eben dieser gehabt und versucht es zu formulieren. Das ihm dies offenbar gelungen ist, mag man an der entusiastischen Aufnahme des HdR in seiner Heimat ablesen.

 

Die Charaktere sind im übrigen mit nichten so glatt, wie man es beim flüchtigen lesen zu erkennen vermeint. Da sind durchaus Selbstzweifel, Fehlverhalten, der innere Kampf um den "richtigen" Weg und dergleichen mehr zu erkennen. Allerdings gibt er sich nicht gerade viel Mühe, diese Konflikte auszuarbeiten, sondern behandelt sie recht oberflächlich. Und ganz so schwarz/weis, wie du es zu erkennen glaubst, ist die Welt denn doch nicht. Allerdings geht er auch hier nicht hinreichend in die Tiefe. Saruman, Grimma, Boromir, Denetor, selbst Galadriel oder Elrond (was Jackson übrigens sehr schön erkannt hat) sind bei weitem nicht so eindeutig gut, wie es zunächst den Anschein haben will. Alle -sogar Sauron-wollen  das Richtige, aber dennoch nicht das Gleiche. Und wenn Pipin in Gondor als eigentlich völlig kriegsuntauglicher Wicht in der Waffenkammer eingekleidet wird und sich fragt, was er eigentlich hier soll, dann erkennt man irgendwie den jungen Tolkien, wie er als junger Mann in den ersten Weltkrieg geschickt wird und darunter leidet.

 

Die Sprache von Tolkien finde ich übrigens sehr faszinierend. Er schaft es, mit wenigen Sätzen, Landschaften vor meinen Augen entstehen zu lassen, die so greifbar und real sind, dass ich glaube sie selber zu durchwandern. Bei den - in den Augen Vieler viel zu langen - Dialogen bemührte er sich um eine Sprache, die den einzelnen Rassen  und Charakteren gerecht wird. Dabei verwendete er natürlich eine Ausdrucksform, wie er sie sich als Altphilologe unter historischen Gesichtspunkten vorstellte. Das ist schon sehr konstruiert, aber macht gerade für mich den besonderen Reiz aus. Mit Worten eine stimmige Welt zu erschaffen, ist eine Leistung, die ich durchaus zu würdigen weiß. Natürlich ist ein Kapitel wie The Council of Elrond für jemanden, der nur den Hergang der Geschichte erfahren möchte, eine Qual, für jemanden, der eine Welt entdecken möchte hingegen ein ein Highlight.

 

Sicherlich macht der Herr der Ringe mich nicht zu einem besseren Menschen und er vermag noch weniger die Welt zu verbessern, aber welche Literatur kann das schon von sich behaupten. Das hat vermutlich nicht einmal Brecht von seinen Lehrstücken wirklich geglaubt. An dieser Stelle stimme ich übrigens mit Marcel Reich-Ranicki überein und der liebt die Literatur trotzdem.

 

 

Barmont, der sich doch wohl mal mehr mit Literaturtheorie befassen sollte.

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Zitat[/b] (Adjana @ 09 Dez. 2003,13:15)]Aber ich habe die gesamte Goethe-Lyrik gelesen, reicht das nicht?  dozingoff.gif

 

Gruß von Adjana

Wenn du für dich entscheidest, daß das reicht, dann reicht es sehr wohl. Welche Bücher man gelesen hat ist nicht mein erstes oder wichtigstes Kriterium, um über einen Menschen zu sagen: "Wow, was für eine Allgemeinbildung!".

 

Viele Grüße

Harry

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Zitat[/b] (Barmont @ 11 Dez. 2003,01:16)]Natürlich ist ein Kapitel wie The Council of Elrond für jemanden, der nur den Hergang der Geschichte erfahren möchte, eine Qual, für jemanden, der eine Welt entdecken möchte hingegen ein ein Highlight.

Die meisten lesen doch ein Buch, um unterhalten zu werden.

 

Ich finde es befremdlich, wenn jemand in einem Zug sagt, ihn habe das Buch nicht unterhalten und habe außerdem keinen Anspruch. Die meisten Bücher, die als literarisch Wertvoll (was ich hier mal mit "Anspruch" gleich setze) gelten, unterhalten mich in der Regel nicht. Nirgends scheint mir "Unterhaltung" mit "Anspruch" so unvereinbar zu sein, wie in der Literatur (wenn es nach Expertenmeinungen geht).

 

Aber glücklicherweise halte ich es mit Büchern wie mit Wein: ich trinke ihn, wenn er mir schmeckt und nicht, wenn er nach Expertenmeinung der beste Wein der Welt ist.

 

Viele Grüße

Harry

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Hier wurde nach Kritik gefragt, obwohl es müßig ist darüber zu diskutieren. Für mich persönlich kann ich mehrere Gründe festhalten, die mein distanziertes Verhältnis bestimmen:

 

1. Den "Herr der Ringe" als Quelle für Fantasy-Rollenspiele finde ich unergiebig. Deshalb ärgern mich die häufigen Verweise auf dieses Buch, wenn Rollenspieler zusammensitzen. Gerade bei MIDGARD konnte ich noch nie eine große Nähe zu dem entdecken, was Tolkien installiert hat, und ich bin absolut sicher, dass er diese ganze Rollenspielerei höchst albern gefunden hätte. Irgendwie wird hier dauernd eine "Autorität" für eine ganz andere Sache in Anspruch genommen.

 

2. Der "Herr der Ringe" ist leider Gottes ein Kultbuch geworden und dieser Status hat in den seltensten Fällen etwas damit zu tun, was der Autor geschrieben und beabsichtigt hat. Tolkien ist eigentlich dafür zu bemitleiden, denn damit wird der Blick auf die Sache doch ziemlich verstellt.

 

3. Der "Herr der Ringe" ist nicht schlecht geschrieben oder konzipiert. Allerdings merkt man doch, wie ich finde, dass er nur eine romanhaft ausgebreitete Episode innerhalb seiner Mythologie ist. Um mich zu faszinieren ist das Buch nicht raffiniert genug.

 

4. Gefallen tun mir eigentlich nur die "ruhigen" Stellen und das ist nur die 1. Hälfte. Danach wird es für meinen Geschmack schlicht zu kriegstümmlerisch, pathetisch und leider auch ein bisschen zu vorhersehbar - wenn Gandalf buchstäblich von den Toten wiederkehrt und zum "weißen Riesen" mutiert, frage ich mich schon, was da noch schiefgehen soll. Der ganze Kampf wird damit zum Schluss auf eine schicksalshaft-metaphysische Ebene gehoben, in der eigentlich weder die Völker noch Sauron wirklich über den Ausgang entscheiden können. Zum Schluss ist es nur "König Zufall", der den Ausschlag gibt.

 

Grüße

GH

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Zitat[/b] (GH @ 11 Dez. 2003,09:56)]Zum Schluss ist es nur "König Zufall", der den Ausschlag gibt.

 

Grüße

GH

Und genau das finde ich an der Geschichte das Großartige.

 

Dieses Ende ist so nicht vorhnersehbar und zeigt einem auf, dass aller Planung zum Trotz, nie Sicherheit gegeben ist, dass die Planung erfolgreich umgesetzt wird und dass kleine unbedeutend erscheinende Entscheidungen von unbedeutend scheinenden Personen doch Großes bewirken können.

 

Eike

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Der Herr der Ringe war mein erstes Fantasiebuch und hat mich deshalb sehr geprägt. Habe aber "nur" für empfehlenswert gestimmt da mir folgende Bücher besser gefallen haben (zufällige Reihung): Erdsee - LeGuin, Der Drachbeinthron - Tad Williams, Das Silmarilion - Tolkien und Der Wurm Ouroborus - E.R. Eddison.

 

Im speziellen möchte ich hier doch einmal auf E. R. Eddison hinweisen, der meiner Meinung nach gerne vergessen wird bzw. den nur wenige kennen. Dazu ein Link: http://www.matzer.de/SFF/Ouroboros.html

 

Sein Stil ist beschreibend, dicht gedrängt und ergeht sich in langen, zuweilen pathetischen Sätzen - für heutige Leser nicht sonderlich attraktiv. Seine Ausdrucksweise hat mich von Beginn an in den Bann gezogen und fasziniert.

 

Gruß

Owen

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@ Owen: Warum machst du nicht einen eigenen Strang zu Der Wurm Ouroboros auf? Das Buch hätte es verdient!

 

Zitat[/b] (Prados Karwan @ 10 Dez. 2003,21:57)][...] Fantasy ist eigentlich per definitionem "platt". Es handelt sich um eine eskapistische Literaturform, in der verschiedene Motive anderer Genres aufgenommen und verarbeitet werden - das allerdings in ziemlich stereotyper Weise. Fantasy übernimmt meist die Suchwanderung des Märchens, in deren Verlauf der "gute" Held gegen "das Böse" kämpft. Diese Stereotypizität lässt charakterliche Tiefe kaum möglich werden, denn diese bedingt Selbstzweifel und Tönung jenseits des klaren Schwarz-Weiß-Rasters. So verkommen Protagonisten meist zu Funktionsträgern, die beliebig austauschbar sind.

 

Das größte Problem wurde oben aber bereits angesprochen und ist der Eskapismus. Eine Literaturform, die konsequent auf Unterhaltung zielt und keine Verknüpfungspunkte zur Welt des Lesers herstellen kann, muss banal bleiben. Es ist eine Soap Opera mit Magie, die den Leser emotional sättigt, ohne ihn auch nur im Ansatz intellektuell anregen zu können. Ausnahmen ergeben sich nur dann, wenn sich der Leser auf eine Metaebene wechselt und sich intensiv mit der Fantasyliteratur und ihren Inhalten beschäftigt. Doch auch das ist nichts als l'art pour l'art.

 

Grüße

Prados

Woher hast du denn diese Definition von Fantasy, Prados? Es scheint sich mir dabei doch eher um eine Beobachtung zu handeln, zudem um eine schlechte! Fantasy muss keineswegs stereotyp sein, das hängt einzig und allein von der Kreativität des Autors ab. Moderne Fantasy, wie z. B. Martins Winterfell oder Gemmells Drenai-Saga, hat häufig überhaupt kein Gut-Böse-Schema, dafür aber höchst vielschichtige Charaktere; auch die Suchwanderung des Märchens nur eines von vielen möglichen Themen der Fantasy-Literatur wirst du in den genannten Werken vergeblich suchen. Und selbst Werke mit einen ausgeprägten Schwarz-Weiß-Denken, wie z.B. der Herr der Ringe, können sehr wohl über Persönlichkeiten mit Tiefgang verfügen, wie beispielhaft Frodos Selbstzweifel (und späteres Versagen), Gandalfs häufig geäußerte Ängste oder Aragorns Unsicherheit belegen. Oder schau einmal genauer auf eine Randfigur wie Denethor, welcher auf Grund seiner Seelenlage vielleicht eine der interessantesten Figuren der gesamten Trilogie darstellt! Er ist mit Sicherheit nicht beliebig austauschbar.

 

Zum Thema Eskapismus: Das Wort musste ich nachschlagen, es bedeutet so viel wie eine Flucht vor die Realität in eine imaginäre Scheinwelt. Das klingt für mich unangemessen negativ: Es ist typisch für diejenigen, die das Träumen verlernt haben (du bist nicht gemeint, Prados! ), dass sie fantastische Gebilde gleich mit einer Flucht assoziieren; ich sehe das eher als eine Art Urlaub an. Es mag sein, dass ich manchmal vom Leben so deprimiert bin, dass ich meinen Geist in Traumgebilde entfliehen lasse. Meistens ist es aber so, dass es mir ganz normal oder sogar gut geht und ich mich nur deshalb der Fantasy widme, weil es mir Spaß macht. Typisch ist übrigens weiterhin für viele Literaten (du bist wiederum nicht gemeint, Prados), dass sie Fantasie nicht positiv würdigen, sondern in der Realität verharren wollen. Eine solche Position sollte man einmal in der bildenden Kunst vertreten, z. B. angesichts der Bilder von Dalí! Ich kann nicht verstehen, warum nicht auch in der Literatur die Schaffenskraft des menschlichen Geistes weit jenseits realer Vorbilder positiv gewürdigt wird. Ich halte Leistungen wie die Tolkiens, eine ganze imaginäre Welt zu entwerfen, für wesentlich kreativer und künstlerischer als die simplen Nachahmungen der Realität, wie sie sich in den zahllosen Werken der sog. Weltliteratur finden.

 

Du irrst, Prados, wenn du meinst, Fantasy bliebe banal, weil sie keine Verknüpfungspunkte mehr zur Welt des Lesers herstellen kann. Jede Fantasy-Welt kann ein Spiegel unserer Welt sein, mit manchmal nur leichten Verfremdungen. Unsere Leidenschaften und Ängste, Gedankenspiele und Irrtümer, Freundschaften und Feindschaften lassen sich in Kunstwelten ebenso gut, manchmal sogar besser (künstlerischer) darstellen als in der bekannten Realität, die z. B. viel weniger gut geeignet für bestimmte Metaphern ist. Falsch ist weiterhin deine Folgerung, Fantasy ziele nur auf Unterhaltung ab. Auch und gerade Werke der Fantasy können großartige Aussagen machen, wie z. B. ein Meisterwerk wie Die unendliche Geschichte zeigt. Ein anderes Beispiel bildet der Fionavar-Zyklus von Kay, welcher nicht nur bei Tolkien, sondern auch aus der Artussage mannigfaltige Anleihen genommen hat: Trotz dieser Vorlagen handelt es sich um ein Werk mit einiger Aussagekraft und vor allem tiefgründigen, lebensechten Charakteren, mit denen der Leser mitfühlen und mitleiden kann. Mit Begriffen wie soap opera oder lart pour lart hat das ganze nicht einmal ansatzweise etwas zu tun. Zu einem solchen Urteil kann nur jemand gelangen, der Fantasy-Literatur nicht mag und daher die zugegebenermaßen vorhandenen Schwächen zahlloser Trivialwerke á la Eddings verallgemeinert, um damit das ganze Genre verteufeln zu können.

 

Prados, es tut mir leid, dass ich so deutlich werden muss, aber deinen Beitrag halte ich für den bei Weitem oberflächlichsten, den ich jemals von dir gelesen habe!

 

Traurige Grüße,

 

Hendrik

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Zitat[/b] (Prados Karwan @ 10 Dez. 2003,22:04)]
Zitat[/b] (Hendrik Nübel @ 10 Dez. 2003,21:52)]Nein, Prados, Le Guin schreibt nicht schlecht, aber Tolkien schreibt besser!

[...]

Die Meinung sei dir unbenommen; teilen kann ich sie indes nicht. Was mich interessiert: Was sind deine Kriterien für einen guten Schriftsteller? Oder konkret gefragt: Was macht Tolkien in deinen Augen besser als LeGuin?

 

Grüße

Prados

Darüber kann man lange und ausführlich diskutieren. Das Forum ist dafür kaum das geeignete Medium, daher hier nur in aller Kürze:

 

Kunst definiert sich für mich über Form und Inhalt. Bei Literatur ist die Form der Schreibstil des Schriftstellers, die Inhalte sind seine Handlung und die Charaktere. Der Schreibstil besteht aus der Wortwahl (Wortgewalt) des Autors, Einfachheit und Klarheit seines Satzbaus, Aussagefähigkeit seiner Ausdrücke und Metaphern. An der Handlung schätze ich über Originalität und Unterhaltungswert hinaus die Verarbeitung eines bestimmten Themas, idealer Weise wird eine (oder mehrere) Aussage(n) getroffen. Die Charaktere schließlich sollten selbst bei Fantasy-Literatur lebensecht, vielschichtig und nachvollziehbar handeln.

 

An Tolkiens Stil schätze ich seine Wortgewalt, seine einfachen, teilweise antiquierten Ausdrücke, mit denen er eine mittelalterliche Welt entstehen lässt. Wie Barmont meine ich, dass er z. B. ausgezeichnet Landschaften beschreiben kann. An der Handlung gefällt mir gerade (wohl im Gegensatz zu einigen anderen hier) die Schwarz-Weiß-Malerei mit dem klassischen Kampf Gut gegen Böse, die in ein großes Abenteuer verpackt wird. Tolkien versteht es dabei, die Handlung nicht hektisch voran zu peitschen, sondern dem Roman Gehalt und Tiefe zu geben, indem er die Stationen der Reise mit all ihrer historischen Tiefe beschreibt, wie z. B. in Bruchtal, Moria, Lorien, Helms Klamm oder Minas Tirith. Er verharrt aber auch nicht zu sehr in manchen Details wie viele moderne Autoren à la Robert Jorden sondern schildert sie mit wenigen klaren Worten einige Seiten lang, um dann die Handlung fort zu führen. Über die Qualität der Charaktere kann man sicher streiten; mir gefällt jedenfalls die Tiefe, die sie wiederum durch die unglaublich tief ausgearbeitete Geschichte der Hintergrundwelt Mittelerde erhalten. Ich denke da z. B. an eine Figur wie Gandalf oder die Hintergrundgeschichte von Aragorns Königtum. Schließlich gefällt mir bei Tolkien, dass trotz der enormen Größe und Tiefe seines Werks Handlung und Hintergrund weit gehend frei sind von störenden logischen Widersprüchen. Das ist wirklich keine kleine Leistung!

 

Le Guin schreibt ebenfalls angenehme Fantasy, aber nach meinem Empfinden alles eine Nummer kleiner als Tolkien. Die Welt ist kleiner, die Figuren sind weniger, die Wortwahl weniger eindrucksvoll. Es gibt zwar die eine oder andere interessante Person, wirklichen charakterlichen Tiefgang erreicht aber niemand, insbesondere nicht die Hauptfigur Sperber, auf die mehr oder minder alles fokussiert ist. Der Stil ist flüssig, geht aber ein wenig distanziert über das Geschehen hinweg, ohne allzu große Details zu offenbaren. Das liegt sicher auch am Alter des Werks; denn in den sechziger Jahren wurde ein ganz anderer Stil gepflegt als die übertriebenen, m. E. cineastisch geprägten (und damit häufig nicht mehr epischen) Detailschilderungen moderner Fantasy von z. B. Kämpfen (schlimmstes Beispiel: Hohlbein). Doch auch der mehr erzählende Stil, den Le Guin oder z. B. auch Michael Moorcock pflegen, bedarf mancher Präzisierung, entweder durch längere, oder durch wortgewaltigere Passagen. Das gelingt Le Guin bei Weitem nicht immer. Ich kann das Werk natürlich nicht auswendig zitieren, ich habe nur noch abstrakt in Erinnerung, dass ich mir manche Passagen einfach nicht bildhaft vorstellen konnte und andere mir zu karg, geradezu lieblos erzählt schienen.

 

Schließlich sind gewisse Fehler in Handlung oder Logik bei Le Guin ausgeprägter als bei Tolkien. Als Beispiel soll mir ein Fehler dienen, den man in fantastischen Werken nur allzu leicht begehen kann: Übersteigerung. Tolkien übersteigert z. B., als er die Gefahr der Schwarzen Reiter Kapitel lang beschreibt oder andeutet, um sie dann auf der Wetterspitze höchst kläglich versagen zu lassen. Der Fehler wird aber noch halbwegs erklärt mit Aragorns Fähigkeiten und Kenntnisse über die speziellen Schwächen der Nazgul (auch wenn ich die Passage wirklich nicht mag). Le Guin hingegen übersteigert völlig und ohne jegliche Erklärung, indem sie den jungen Sperber nach seiner Ausbildung als erstes einen Drachen, das wohl mächtigste Geschöpft der Erdsee, bezwingen lässt. Die Erklärung dazu überzeugte mich nicht, Sperber war halt der typische Supermagier, dem alles gelingt. Wenn er gleich zu Beginn mit der größten aller Gefahren fertig wird, was soll dann noch kommen?

 

Ich wiederhole noch einmal, dass ich Le Guins Erdsee mit Genuss gelesen habe und es für weit überdurchschnittliche Fantasy halte. Mit der Tiefe des Herrn der Ringe und auch mit Tolkiens Wortgewalt können die Romane aber m. E. nicht mithalten.

 

Grüße,

 

Hendrik

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