Ich habe glaube ich seit Jahren, nein seit einem Jahrzehnt auf diesen Band gewartet: Die Regeln für den Beschwörer, endlich spielbar gemacht. Also: Extra nach Essen auf die "Spiel" gefahren und den Band gekauft.
Das Cover mit fantasytypischer Aufmachung (warum haben Frauen auf Fantasycovern eigentlich immer Körbchengröße 80c+?), naja, das hatte ich nicht anders erwartet, die handwerkliche Qualität des Einbandes wie immer OK, zwei Lesebändchen, die übliche Midgard Neuste Ausgabe - Qualität.
Inhaltlich ist das Buch allerdings in 4 "Kapitel" eingeteilt - "Meister der Sphären", "Inkantatium", "Sphärenbestiarium" und den "Anhang" den man eher als Myrkgard lite bezeichnen sollte.
Zur Überschrift: Ich bin grenzenlos enttäuscht weil 10 Jahre Arbeit - und jetzt auch noch durch die Autoren Kathe / Hupperich (die ich eigentlich beide als solche sehr schätze) und nicht durch Huiskies (von dem ich schon immer den Eindruck hatte, es handele sich um einem Lehrer) scheinbar nicht unbedingt ein Qualitätssprung bedeuteten.
Der erste Teil - es handelt sich um das Pseudostandardwerk der magischen Hochschulen um dem Meer der fünf Winde - ist ein verbrämter Versuch, verschiedene irdisch-philosophische Sichtweisen von der Beschaffenheit der Welt nach Midgard hineinzuphilosophieren. Bei aller Liebe - die Suppe aus Bruno, Platon, Feuerbach und co. ist zu einem kaum lesbaren Eintopf verkocht, der nur ab und an durch kleine Kästchen mit lustigen, informativen oder wenigstens interessanten Einschüben aus Midgards "Nähkästchen" aufgelockert werden. Oh weh! Bar jedes wirklich rollenspieltechnisch interessanten Aspektes wird von Empyreums, von Ordnung und Chaos als 4te Dimensionsachse, von Sphärenkugeln und der Beschaffenheit der Magie in den 4/5/6 Elementen schwadroniert. Ohne jede Not wird da dem Spielleiter ein Schuh angezogen, den er nicht anzuziehen braucht. Am Ende des Kapitels - und das ist allgemein so - wird es dann ein bißchen besser - aber nur ein bißchen.
Naja, ich habe mich durchgekämpft, aber es wurde noch schlimmer: Es folgt das "Inkantatium", einem fast vollständig regellastigem Abschnitt, der sich mit Beschwörungen Sphärenreisen, Träumen und Ihrer Regelumlegung beschäftigt. Nicht nur, dass ich diesen Teil eigentlich im "Arkanum" erwartet hätte - nein, die Texte sind trockener als meine Anatomiebücher. Die hatten aber wenigstens den Vorteil von farbigen Abbildungen zum Text, während sich im gesamten MdSph dröge s/w-Zeichnungen ohne jeden Textbezug verteilen. (Wenigstens zu den eingestreuten Charakterbeschreibungen hätte ich ab und an ein Bild erwartet). Abgeschlossen wird das Ganze dann durch Tabellen zur Charaktergenerierung und Spruchlisten, die auch Rolemaster alle Ehre gereicht hätten. Trocken. Sehr, sehr trocken. Neben dieser Kurzbeschreibung keine echten Hilfen für das *Spiel* eines Beschwörers, dem Stand in den verschiedenen Kulturen; dafür aber noch weitere Unterklassen und den Verweis darauf, dass diese aber nicht spielbar sind. Na super!
Zugegeben, mein Leseeifer war spätestens nach diesen 230 Seiten schon ermattet, aber ich habe dann noch das "Sphärenbestiarum" angeblättert und hatte den Eindruck einer lose zusammengewürfelten Kopie der in M2 bereits enthaltenen Monster, eine Liste, die mich dumpf an die langen Listen des Monsterhandbuchs in "AD&D second Ed." errinnerte, viele Werte, kurze Beschreibungen (und auch die nur manchmal) kaum Hintergründe, keine Hilfen zum Spiel; Ausnahmen sind eigentlich nur die Kapitel zu den Dämonenfürsten (die aber auch nur unbefriedigend beschrieben werden und im Grunde auf Gildenbriefniveau hängen bleiben) und das Ende mit "Empyreumswesen" und "Spirituelle Wesen", die einigermassen flüssig lesbar sind und auch die eine oder andere Idee zum Spiel beitragen.
Abgeschlossen wird das ganze durch einen Anhang - hier kommen aber nicht die erwarteten Tabellen, Werte und Steigerungsbereiche, die sich wie schon erwähnt mitten im Buch befinden, wo man sie nach langem suchen im Spiel sicherlich immer gut finden kann - nein, völlig unerwartet durften wir hier eine Kurzzusammenfassung des durchaus interessanten Myrkgardbandes lesen. Nun, ja, der Zusammenhang zwischen "Sphärenreisen" und "Myrkgard" ist mir durchaus bekannt gewesen, aber nun, verwirrt war ich trotzdem.
Alles in allem sind die meisten Artikel aus meinen medizinischen Fachzeitschriften interessanter - und die sind genauso uninteressant, wie sie klingen. 35 Euro für ein Sammelsurium an Daten und Fakten, die ich in anderen Regelbüchern erwartet hätte, dazu dann noch ein midgardianischer Ausblick auf die Antiquariatsgrabelkiste "Philosophie", nein, wirklich nicht.
Wenn das so weiter geht - dann spiele ich wieder DSA - die sind inzwischen inhaltlich aber auch in Ihrer Didaktik deutlich weiter und brauchen dann auch nicht 5 Jahre zur Komplementierung Ihres (Grund-) Regelwerks.
Verärgerte Grüße
Payam