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thomasjunk

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  1. PbtA ist die Abkürzung für Powered by the Apocaplypse oder auch als Apocalypse Engine bekannt. Ich versuche mal in einem Rundumschlag zu erklären, wie die Spieleengine im wesentlichen funktioniert und was mich vorallem an der Art zu spielen reizt. Ihren Ursprung hat das Ganze in einem netten Indie-Titel namens Apocalpyse World von Vincent Baker. Infos gibt es unter http://apocalypse-world.com/. Und die erste Version gibt es da sogar zum kostenlosen Download. Wie man sich denken kann ist das Setting ein Endzeit Szenario a la Mad Max. Man spielt eine Gruppe von Überlebenden, die anfangs noch zusammenarbeiten. Von da an entwickelt sich die Geschichte in verschiedene Richtungen. Was das Apokalypse World Szenario in meinen Augen hervorragend abbilden kann sind die sozialen Interaktionen von Menschen im Angesicht begrenzter Ressourcen: Quasi eine Art sozialdarwinistischer Sandkasten. Alle elementaren (zwischenmenschlichen) Themen werden verhandelt. Selbst Sexualität kann thematisiert werden - was dem Spiel einen Ruf eingebracht hat, der nicht unbedingt gerechtfertigt ist: Verlangt wird das von keinem. Es gibt halt nur regeln dafür. Was Apokalypse World als System aus meiner Sicht besonders macht ist, Rollenspiel anders als bisher zu behandeln. Während sich Rollenspiele traditionell das reglementieren, was die Spieler so alles tun und lassen dürfen und wie welche Aktion innerhalb der Spielwelt verregelt werden, beinhaltet das System zu großen Teilen "Spielregeln für den Spielleiter". Die Grundlegende Prämisse ist: Rollenspiel ist ein Dialog. Entsprechend gibt es für jeden Dialogteilnehmer Regeln an die er sich halten muss, so auch der Spielleiter (hier MC genannt). Das fängt mit der sogeannten Agenda an: Make Apocalypse World seem real Make the player characters’ lives not boring Play to find out what happens Geht über die Prinzipien: Barf forth apocalyptica. Address yourself to the characters, not the players. Make your move, but misdirect. Make your move, but never speak its name. Look through cross-hairs. Name everyone, make everyone human. Ask provocative questions and build on the answers. Respond with fuckery and intermittent rewards. Be a fan of the players’ characters. Think off-screen too. Sometimes, disclaim decision-making. Bis hin zur Erklärung der Spielmechanik. Exemplarisch will ich den ein oder anderen Punkt erläutern: Der schwierigste Punkt ist "Play to find out what happens". Das eröffnet eine ungewöhnliche Perspektive. Man spielt nicht den vorgefertigten Abenteuerstrang, den sich der Spielleiter ausgedacht hat, sondern aus dem gegebenen Sandkasten und seinen Insassen ergeben sich die eigentlichen Geschichten. Wie kann man sich das vorstellen? Menschen stehen immer irgendwie zueinander in Beziehung: Gabi liebt Klaus Peter liebt Gabi ebenfalls Fertig hat man ein spannungsdreieck, was die Personen agieren und reagieren läßt. Vielleicht versucht Klaus den Peter umzubringen. Vielleicht brennen Gabi und Klaus durch und Peter verfolgt beide, um seine Flamme für sich zu behalten. Wir wissen es nicht. Vorbereiten würde der Spielleiter den Sandkasten. Die Geschichten ergeben sich im Laufe der Zeit von allein. Hierzu gibt es ein paar Inspirationen für den Spielleiter: "Look through cross-hairs." - Wir leben in der Apokalypse. Nichts bleibt wie es jetzt ist. Alles kann gewaltsam geändert werden. Personen sterben. Machtgefüge ändern sich. "Think off-screen too" - Überlege welche Auswirkungen das Handeln der Spieler in der Hintergrundwelt hat: »Niemand massiert Marcellus Wallace Frau einfach so die Füße« frei nach Pulp Fiction. Aber bei alldem "Be a fan of the players’ characters": Malträtiere die Charaktere nicht, sondern fiebere (wie in einer guten Serie) mit Ihnen. Ebenfalls neu ist, die Art und Weise, wie verregelt ist, wann zu würfeln ist. Andere Rollenspiele haben eine Probenmechanik und verschiedene Proben - bspw. "Fährtensuchen: 15" oder Ähnlich. Oftmals ist zwar klar, wie "Fährtensuchen" abgehandelt wird, aber nicht immer ist auch klar, wann im Spiel es sich um eine entsprechende Probe handelt. Bei Apocalypse World ist es so, dass eine neue Vokabel eingeführt wird: Move. Am ehesten kann man an einen Spielzug denken - aber das führt ein wenig in die Irre, was das Verständnis ein wenig erschwert. Über den Punkt stolpern auch die meisten PbtA-Neulinge und stellen sich das ganze Spiel eventuell sogar Rundenbasiert vor, was nicht der Fall ist. Ein Move ist immer gekennzeichnet durch ein innerweltliches Ereignis (Trigger😞 »When you try to seduce or manipulate someone, tell them what you want and roll+hot.« Ausgelöst wird der Mechanismus immer dann, wenn man jemanden versucht zu manipulieren. Ist nicht klar, was gerade versucht wird, klärt man das mit einer entsprechenden Nachfrage auf. Gewürfelt wird dann mit 2W6 und einem Modifikator wie hot. Auch hier hat man keine klassischen Attribute sondern bildliche Ausdrücke wie "hot", was in anderen Spielen und dem Kontext "Charisma" entspräche. Das Ergebnis ist in eine Zahl zwischen 2 und 16 (mit +4 als Modifikator). Dieses Ergebnis wird in 3 Klassen eingeteilt. 6- Du erzielst möglicherweise nicht das Ergebnis, was Du Dir erhofft hast, bzw. beschwörst Du unerwartete Konsequenzen herauf. 7-9 Das Ergebis ist in etwa das, was Du Dir so vorgestellt hast, aber es geschieht noch etwas darüber hinaus 10+ Das Ergebnis entspricht genau dem, wie Du es Dir gedacht hast. Eventuell passiert auch noch etwas positiv unerwartetes. Oft wird die Würfelmechanik so beschrieben 6 ist eine Fail, 7-9 Partial success und 10+ ein Success. Das wird der Mechanik aber nicht gerecht. Es geht nicht um "success and fail". Wenn man beispielsweise nachts in das feindliche Lager unerkannt eindringen will und man würfelt eine 6- heißt das nicht im Umkherschluss: Du schaffst das nicht. Aber es kann bedeuten, daß Du Fußspuren im Matsch hinterläßt, die irgendwann später jemanden auf Deine Fährte locken können. Es geht nicht um Proben bei Aktionen, sondern um Wendungen in der Geschichte: So wie jemand fragt »Und wann ist das Unterfangen gekippt?« Das wäre quasi der Moment wo spielmechanisch eine 6 gewürfelt worden ist. Das spannende an der Sache ist, wenn wir an "Play to find out what happens" denken: Spielleitung wie Spieler interpretieren die Ergebnisse dessen, was gewürfelt worden ist ständig im Sinne der sich ergebenden Handlung. Ob etwas ein Happy End nimmt oder ein furchtbares Debakel wird, weiß man im Vorfeld nicht. PbtA-Spielen wird oft "Spielleiterwillkür" vorgeworfen. Das ist so nicht ganz zutreffend. Dazu muss man wissen, dass zum einen der Spielleiter selbst nicht würfelt und auch keine Gegner als Figuren führt. In Kämpfen reagiert der Spielleiter lediglich anhand der gewürfelten Ergebnisse der Spieler: Würfelt ein Spieler eine 6-, so ist das gleichbedeutend damit, dass ihn der Gegner vermutlich schwer verletzen wird. Der Spielleiter bewirkt nicht das Ergebnis, er erzählt nur, welche Konsequenzen in dem Fall der Wurf haben wird. Zum anderen ist es so, dass "Be a fan of the players’ characters." dazu ermuntert, eben nicht als Antagonist zu den Spielern aufzutreten. Darüberhinaus hat man ja auch einen Konsens in der Gruppe, dass man zusammen spannende Geschichten spielen möchte. Neben den allgemeinen Moves gibt es noch die Moves der Playbooks. Bei einem Playbook handelt es sich im weitesten Sinne um das, was man anderswo Typ, oder Charakterklasse nennen würde. Das heißt, es gibt Aktionsmöglichkeiten, die allen Figuren offen stehen neben denen, die nur ausgewählten Figuren zur Verfügung stehen. Diese Spielmechanik ist so abstrakt und einfach gehalten, dass sie sich unwahrscheinlich gut auf alle möglichen Genres übertragen läßt: Überall gibt es Dinge, die Menschen unter speziellen Bedingungen tun (Moves). Und in jedem Genre gibt es typische Dinge, die nur spezielle Menschen tun können (in einem Playbook gesammelt). Und letztlich ermöglicht es der 2W6 Mechanismus universell, Geschichten und Ihre Wendungen zu erzählen. Dabei entstehen jede Menge Hacks, die wieder als eigenständige Spiele taugen: Hier nur ein paar Beispiele: https://www.system-matters.de/spiele/dungeon-world/ Dungeon World erlaubt es mit der obigen Mechanik (und ein paar Hacks) klassische Fantasy Abenteuer zu erleben. https://www.uhrwerk-verlag.de/spiele-und-systeme/der-sprawl/ The Sprawl emuliert gut das missionsbasierte Leben von Shadowrunnern https://buriedwithoutceremony.com/monsterhearts Monsterhearts spielt in einem Ökosystem vergleichbar mit "Buffy" oder ähnlichem und dreht sich um das Leben von Teenagern, die wahrlich Monster sind bzw. sein können. Monsterhearts hat das System menschlicher Interaktionen aus Apocalypse World weitergedacht. Manipulation seiner Mitmenschen ist hier nicht selten. https://samjokopublishing.com/products/the-veil-cyberpunk-ttrpg The Veil hat sich zum Ziel gesetzt, generell das Genre Cyberpunk zu emulieren. Während The Sprawl eher den eigentlichen Run im Fokus hat, ist hier das Gesamte Leben Thema. Interessant ist, dass man als Spieler Modifier aus dem Bereich der Emotionen hat, d.h. man überlegt sich "wie fühlt sich meine Figur gerade?" und bestimmt selbst, welcher Modifier passend erscheint. https://www.kickstarter.com/projects/gauntlet/hearts-of-wulin?lang=de Hearts of Wulin emuliert die Welt der WuXia Dramen. Hearts of Wulin ist spielmechanisch Erbe von Monsterhearts und The Veil. Der Fokus liegt auch hier auf Abbildung der sozialen Dynamiken. Innovativ ist auch der Kampf: Hier werden keine Hitpoints mehr runtergehackt, sondern aufgrund des Niveaus der Kämpfenden ist relativ absehbar, wie ein Kampf ausgehen wird. Der entsprechende Wurf offenbart lediglich Details - wie schlimm die Niederlage ausgefallen ist. https://www.magpiegames.com/masks/ In Masks spielt man jugendliche Superhelden - die oftmals im Schatten ihrer erfolgreichen Eltern stehen - auf dem Weg das Erwachsenenleben und in die eigene Superheldenkarriere http://bladesinthedark.com/ Blades in the dark ist ein dunkles Setting, wo man eine Diebesbande spielt. Blades selbst ist eine weit modifizierte Version von Apocalypse World, dass es selbst wieder als Grundlage für weitere Spiele genutzt worden ist (forged in the dark: https://www.drivethrurpg.com/product/268457/Hack-the-Planet-Cyberpunk-Forged-in-the-Dark) Da PbtA recht schlank daher kommt, sind entsprechend auch Abenteuerschablonen recht schlank. https://11ba54d5-a-62cb3a1a-s-sites.googlegroups.com/site/finemessgames/DWsupplements/dungeonstarters/The Goblin Hole.pdf?attachauth=ANoY7cpSm3z-aFj5F4C0lMYMBpB4ugOMUco_BnJOIbp0xp4QYmIwN4QTch1UyJ0GIoYQS-U5cMBr0m5KOVyEfWNmoPUw9hW6QwtcTX4QSPsFixfZrHogrEoXLqCtkFTmTYRwU7rXnhNC5fyV8DVrgawKUaUxi6g5QbFJBae4deNRtEOd1JVUOFc1T5vjIN8g_81vHJlSnxMp2s0YIDFRKU_bBqttuuA2u3UuRbFdd35lIrRTZmKe-vkV0QcbUilRqCG3qjiO4He9dpFty7S_7AwoMbZFOE8Urg%3D%3D&attredirects=0 Das ist quasi ein komplettes Setting, das es erlaubt einen ganzen Spielabend zu füllen. Hier noch die Antwort auf die Frage: Wie spielt sich das? Ich finde es eine hervorragende Alternative zu anderen Rollenspielsystemen, da die meisten PbtA-Systeme recht schlank daher kommen - The Veil ist mitunter etwas umfangreich. Man hat keinen wirklichen Regelballast. Man schaut sich sein Playbook an und kann in etwa abschätzen, was einen erwartet. Als Gruppe ist man darauf aus, gemeinsam eine gute Geschichte zu erleben. Und oftmals überlegt man gemeinsam mit der Spielleitung, wie das Würfelergebnis im Sinne der Geschichte interpretiert werden kann. Je nach System kann man sogar Details der Spielwelt mitgestalten. Was mich vorallem nachhaltig geprägt hat, ist die Art und Weise wie PbtA Spielleitung definiert und quasi neu denkt und ich jetzt meine Rolle als Spielleiter sehe. Ich präsentiere keine ausgetüftelten Plots, sondern präsentiere Konflikte oder Linien entlang derer sich Konflikte ergeben können. Ich warte mit Problemen auf, zu denen ich selbst keine Lösung weiß. tl;dr PbtA erfindet Rollenspiel nicht neu. Als Zuschauer wird man im ersten Moment keinen Unterschied zum herkömmlichen Rollenspiel sehen: Die SL beschreibt Szenarien und sagt, wann zu würfeln ist. Aber wenn man sich damit auseinandersetzt, gewinnt man einen einen interessanten neuen Blick auf das alte Hobby.
  2. Anmerkung: Dass es unbekannt ist, liegt zum einen daran, dass es relativ neu ist - kein Jahr. Zum anderen auch daran, dass es ein Indie Produkt ist, aus dem Gauntlet für den Gauntlet. Die Zielgruppe ist also von vornherein sehr begrenzt. Aber wie gesagt: feel free to visit us 😉
  3. Ich mach einen auf und ich erzähle was dazu. In aller Kürze hier nur soviel: Wenn man beim Kernmechanismus bleibt hat man einen Würfelmechanismus der alles abdeckt: 2W6 + irgendeinen Malus / Bonus. Beim Lesen von 7te See kam es mir so vor, als verfolgten beide Systeme ähnliche Ziele. Und gegen 2W6 ist das Poolsystem von 7te See komplex.
  4. Ich bin PbtA versaut 😄 Ich habe zuerst Dungeon World und Konsorten gespielt und danach die Regeln zu 7te See gelesen. Das prägt - glaube ich.
  5. Wenn die Erwartungen und tatsächliches Spiel divergieren passt die Gruppe nicht. Wenn alle sich der Möglichkeiten und Grenzen des gewählten Stils bewußt und damit einverstanden sind, passt die Gruppe und es fallen keine "Fehler" auf.
  6. Danke für das Video 😎👍 OT: Ich fand 7te See furchtbar kompliziert für das, was es erreichen will. Das geht mit der PbtA Engine viel unkomplizierter bzw. entspannter.
  7. Du magst es anderen Leuten "Fehler" zu unterstellen, nur weil sie Dinge anders sehen als Du, kann das sein? Danke, dass Du das Beispiel als Beispiel erkannt hast. Aber ich erlaube mir an der Stelle darauf hinzuweisen, dass es bei dem Autobahn-Beispiel darum ging, dass Du trotz fragmentarischer Informationen in die Lage versetzt wirst zu verstehen, wie die Autobahnfahrt verlaufen ist und wie eine eventuelle Verspätung zustande kam. Und das alles ohne Schilderung jeder gefahrener Abzweigung. Es ist nicht originär meine Entwicklung - ich habe im Eingangspost geschildert, dass das RPG Trophy eine derartige Herangehensweise hat. Und da wird sie erfolgreich eingesetzt. Genauer: Trophy Gold ist die OSRartige Variante mit der typische Dungeoncrawls gespielt werden. Ich finde es amüsant, dass Du ständig insistierst wieviele Schwächen das Vorgehen habe, dass Du die Funktionalität bezweifelst und im Grunde lediglich von Dir auf andere extrapolierst und Deine Vorlieben als verbindlich für alle ansiehst. Ich lade Dich gerne ein mit Jason Cordova und Jessy Ross - den Köpfen hinter Trophy - im https://forums.gauntlet-rpg.com/ Forum zu diskutieren, dass man doch so nicht spielen kann. 😉
  8. Okay. Deinen Einwand sehe ich als Anlass, meine Ausführung zu verbessern: Wenn die Erwartungen am Spieltisch divergieren kann ein Handwedeln des Dungeoneerings zu gemindertem Spielspass und groben Logikfehlern führen. Einverstanden. Das ist IMHO kein Nachteil des Spielstils sondern einer falschen Gruppenzusammensetzung. Ja. Du hast in dem Punkt vollkommen Recht: Es wird ein Spielstil verlangt, der eventuell häufigen Wechsel zwischen Intradiegetik und Extradiegetik verlangt. Das kann mancher als Hindernis für das persönliche Immersionsgefühl empfinden. Klar. Allerdings ist das Gruppenkonsens. Und hoffentlich nicht: Du als Leitung bist der einzige am Tisch der seinen Spaß so hat.
  9. Ja. Mir ist die unglückliche Formulierung im Nachhinein auch aufgefallen. Eigentlich wollte ich eher wissen, ob jemand so spielt Ja. Nur ist das ein rezentes Beispiel. Stimmt. In dem Kontext hat es eine ganz eigene Wendung. Ich glaube unterbewusst auch von da die Vokabel übernommen zu haben.
  10. Das ist die schlechteste aller Lösungen. Das alles geschieht nicht im luftleeren Raum. Ich denke, wenn man das im Kontext am Tisch erlebt, löst sich der konstruierte Widerspruch auf.
  11. Okay. Den Punkt verstehe ich sehr gut. D'accord. Wo keine räumliche Beziehung besteht wird eine Lösung ein wenig anders aussehen. Eine Ahnung, wie eine Karte aussehen könnte, wird der SL ja schon vor Beginn des Abenteuers haben. Raum A ist nur über Raum B erreichbar etc. Wie gesagt, es wird die physische Abfolge durch eine logische ersetzt. Hier wäre ein entsprechendes Vorgehen seitens der SL gefragt. Der Dialog könnte in etwa folgendermaßen beginnen: PC: »Ich nehme meine Spitzhacke und arbeite mich durch die rechte Wand« SL: »Was hast Du vor?« ... Die Antwort seitens des PCs wird vermutlich (hoffentlich) nicht lauten: »Ich will hier einfach mal nur so graben.« Die eine Hälfte des Konsenses zwischen Leitung und Spielern setzt voraus, dass die Leitung nicht gegen die Spieler arbeitet. Die andere Hälfte des Konsenses setzt voraus, dass die Spieler nichts unternehmen, was den Flow mutwillig zerstört. Entsprechend wird der Dialog wie folgt verlaufen: PC: »Ich vermute, dass hinter dieser Wand der alte Abzugsschacht verläuft, der dafür sorgt, dass die heiße Luft von der pneumatischen Türöffnungsvorrichtung nach oben abziehen kann. Ich denke, darüber kann ich mir einen Zugang zum unteren Geschoss verschaffen.« Entsprechend kann die Leitung damit umgehen. Ich finde es schwierig, wenn Du quasi kontextfrei Beispiele konstruierst, die Zeigen wo die Schwachstellen des Systems liegen. Ich will ja nicht in Abrede stellen, dass es nicht auch Nachteile hat, Dungeons lediglich abstrakt zu erfahren. Der Punkt ist aber der, dass die Prämisse sein muss, dass ein Konsens auf allen Seiten des Spieltisches bestehen muss, wie gespielt wird. Natürlich kann man argumentieren, dass Intrigenspiel mit einer Gruppe von Murderhobos nicht funktioniert. Das heißt aber nicht, dass es generell nicht funktioniert, sondern, dass es Konstellationen gibt, unter denen das eben nicht sinnvoll ist, so zu spielen. Nicht wirklich. Wie weiter oben geschrieben geht es ja nicht darum, dass man schlauchartig eine nach der anderen Szene durchspielt, sondern, dass es eben auch Abzweigungen gibt. Nicht die Verzweigungen als solches werden abstrahiert, sondern die Wege zwischen den Szenen. Stell Dir eine Autofahrt vor: Du fährst Richtung Autobahn. Zuerst kommt rechts die Abzweigung nach Hamburg. Dahinter kommt die Abzweigung, wo es zurück nach Köln geht. Wir haben dann versehentlich die zweite Abzweigung genommen. Dass wir falsch gefahren sind, haben wir aber erst nach 30 Kilometern bemerkt und sind nochmal von der Autobahn runter, um dann Richtung Hamburg zu fahren. Insgesamt kamen wir mit etwa einer halben Stunde Verspätung in Hamburg an. Das gibt Dir ausreichend Informationen über das, was passiert ist. Der Detailgrad des Geschilderten ist zugegeben recht niedrig bzw. abstrakt. vermittelt Dir aber ein vollständiges Bild dessen, was geschehn ist. Analog verhält es sich auch mit der Abstraktion im Dungeon. Du erhälst die Wahl zwischen "rechter und linker Gang". Und jeder Gang hat irgendwo sein definiertes Ende. Je nach gewünschter Dramatik kannst Du natürlich die Gruppe mit dem tenfootpole auf dem Boden rumstochern lassen, in der Befürchtung irgendwo befindet sich doch noch eine Falle; oder du läßt sie in den verlassenen Gang nach 3 km in die Sackgasse laufen, nur um sie wieder von vorne beginnen zu lassen. Alternativ schenkst Du Dir und allen beteiligten die Ergebnisse: »Ihr habt Euch für den rechten Gang entschieden. Während Ihr vom Lebenslicht Eurer Fackeln begleitet den Gang hinunterlauft spürt Ihr einen Kälteschauer. Ein leichter Luftzug streift Eure schweißnasse Haut. Ihr gelangt an eine massive Steintür, die einen halben Finger breiten Schlitz über dem Boden lässt. Das zuckende Aufleuchten Eurer Fackeln zeigt an, dass die Luft durch diesen Spalt in den Gang flieht. Was tut Ihr?« Die zeitlichen und räumlichen Dimensionen des Ganges - im doppelten Wortsinn - sind hier nachrangig. Betont wird das Ergebnis, vor der Tür zu stehen. Das wäre dann die kommende Szene. Klar kann man entgegenen: »Aber wenn ich unterwegs ein Loch graben will, werde ich durch die railroady SL daran gehindert. Uaah! Autonomieverlust! Hilfe! Rollenspielpolizei!« Die Kunst besteht darin, dass die Illusion der "Freiheit bei der Erkundung" von allen am Tisch aufrecht erhalten wird. Es ist ein sehr schmaler Grad in meinen Augen, zwischen Spielern, die Freiheit beanspruchen und Querulantentum; das ist aber ein Outgame-Problem und keins, was man durch eine Karte lösen kann. So wie man sich zum Videoabend verabreden kann und man eine alte Fernsehaufnahme anguckt, wo Werbepausen existieren und einer auf dem Sofa ständig protestiert, wenn während der Werbung vorgespult wird: »Jetzt lasst doch mal die Werbung laufen! Das gehört doch zum Fernsehen dazu. Ihr zerstört mir meine Fernseh-Immersion vollends!« während die anderen mit den Augen rollen. Ich denke, man sollte es anders formulieren: Diese Art zu spielen verlangt eine andere Herangehensweise und ist nicht zu allen Spieleransprüchen kompatibel. Wer sich beklagt, wenn es in der Pizzeria kein Gyros zu essen gibt, sollte eventuell überlegen, ob er im ungeeigneten Restaurant ist.
  12. lies: Das möchte ich nicht. Wie weiter oben geschildert: Das ist ein anderes Selbstverständnis als SL. Ich bin nicht der Gegenspieler zu den Spielern. Ebenfalls bin ich kein obstructive GM, der seine Aufgabe darin sieht, den Spielern Knüppel zwischen die Beine zu werfen und sie am Spielfortschritt zu hindern, damit ich den PCs eine "Herausforderung" biete. Erfahrene PCs werden selbstredend vorsichtig sein. Das muss ich nicht ausspielen. Statt Räume minutiös nach Fallen absuchen zu lassen, würde ich als SL den Hinweis geben, dass ihnen ihr Instinkt sagt, manche Stellen genauer zu untersuchen. Man kann den Detailgrad variieren, um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen.
  13. Beides Höhöhö. Das ist dann die Lösung. Ernsthaft: Ich denke, ich bin bestimmt nicht der einzige, der den "klassichen Dungeon" etwas über hat - wobei ich mir hier im Forum gerade nicht sicher bin - und der sich fragt, ob es nicht etwas mehr Pepp in dem alten Konzept gibt.
  14. Gibt es Baroniespiel bei Midgard? Ich habe @Irwisch danach gefragt und er bat um Konkretisierung. Unter Baroniespiel verstehe ich: Die PCs erhalten einen gewissen Einflussbereich - bspw. eine Baronie - wo sie autonom agieren und mit dem gesamten politischen Umfeld interagieren müssen. Beispielsweise muss Recht gesprochen werden Abgaben geregelt werden Diebe und Plünderer abgehalten werden Kriege geführt und verhindert werden etc. pp. Edit: Mit Tablet kam da gerade irgendwie Müll bei rum. Daher musste ich nochmal am Rechner nachhelfen. Kann man eigene Beiträge nicht einfach löschen?
  15. Apropos "Trauma Dungeon". Da gibt's doch den Offa-Gebirgs-Abstiegs-Dungeon im "Frosthexer"...
  16. Aber Hallo! https://www.torchbearerrpg.com/ Klaro gibt's andere Aspekte. Es gibt ja auch Baroniespiel - prominent e. g. die Kingmaker Kampagne von Pathfinder. Btw. Gibt's das auch bei Midgard? Ich versuche allerdings herauszufinden, ob es eine Art gibt, Dungeons heute zu spielen, ohne die Sachen, die mich am Dungeon stören. "Leere Räume" ist da quasi nur ein pars pro toto. Konkret wären da noch Punkte wie: - Mechanismen von Fallen austüfteln (Grimtooth ick hör Dir trapsen) - "Sinnlose" Hack and Slay Orgien. Sinnlos im Sinne des obstructive GM, der einfach "fette Monster" in den Dungeon stellt, damit die Spieler eine "Herausforderung" haben - Rätsel, die mich als Spieler überfordern, meine Figur aber aufgrund der Werte im Handumdrehen lösen können sollte. und einige mehr.
  17. Zählt https://de.wiki-aventurica.de/wiki/Silvanas_Befreiung_(DSA1) auch? 😄 Aber ernsthaft: Wie vermutlich die Mehrzahl der in den 80ern sozialisierten Rollenspieler bin ich mit Raumbeschreibungen, Schatztruhen, Fackeln, Orks, Trollen und schwarzem Pudding aufgewachsen. Wir hatten immer einen Kartenzeichner dabei. Meine Frage startet ja genau von da: Macht man das noch so? Geht's auch anders? Oder ist das Genre tot? Damit wären wir erfolgreich am Start angekommen 😄
  18. @Panther Wie gesagt der Konsens zwischen SL und PCs soll gewahrt werden. Wenn die Spieler das Labyrinth des Minotaurus erkunde, setzt das stillschweigend voraus, dass die PCs klug genug sind, den Rückweg zu finden. Und die SL akzeptiert das, ohne zu Hinterfragen. Andernfalls hätte man einen Antagonismus: Solange die PCs keine von der SL akzeptierte Lösung für den Rückweg präsentieren, werden sie quasi outgame erpresst: Tja. Ihr habt vergessen den Rückweg zu markieren. Rock falls. Everybody is dead. Man kann so spielen...
  19. Ich denke, das Wertende Element hilft hier nicht weiter. Ich würde Deinen Punkt gern verstehen. Das "Gefühl" was Deine Beschreibung suggeriert steht in welchem Zusammenhang zur konkreten Topologie? Ich sehe da zwei Bilder: 1) Den fog of war aus den modernen Computerspielen. Den Effekt hat man nur indem man eine physische Karte hat und einen festen Ausschnitt. 2) Das Textadventure, dass den fog of war textuell emuliert. Trifft das Deinen Gedanken?
  20. Korrekt. Entsprechend hättest Du folgende Szenen: 1) Aktueller Raum 2) Begegnung um die Ecke Die Frage, die sich mir stellt: Welchen Einfluss hat die Topologie des Dungeons auf das Spielgeschehen? Das konkrete Set eines Raums wirkt sich auf die Art wie bspw. gekämpft wird aus. Ob dieser Raum rechts oder links herum lag nicht. Ausnahme: Die Topologie stellt eine Metainformation bereit, die sich erst durch Aufzeichnung ergäbe: Alle Räume sind so angeordnet, dass sie ein Heiliges Symbol darstellen, dass als solches den PCs Informationen übermitteln soll.
  21. Klar. Dem voraus geht natürlich, dass das narrative Abstrahieren den Konsens zwischen Spielleitung und Gruppe nicht verletzt. Ich gehe grundsätzlich nicht von einem Antagonismus aus. Eher ist die SL "Erfüllungsgehilfe" der PCs.
  22. Zur Erläuterung: Ich kann einen unbekannten Ort ohne Linearität präsentieren und trotzdem Zwischenschritte abstrahieren. Obiges von mir gemachtes Beispiel wäre nach Deiner Auffassung "linear" bis hin zu railroady. Aber es spricht ja nichts dagegen, Abzweigung einzubauen und deren Endpunkte wieder "linear" erreichbar zu halten. Daher meine Überzeugung: Das ist orthogonal.
  23. Aufgrund des aktuellen Diskussionsstandes würde mich interessieren: Ist "handwedeln" der Erkundung eines Verlieses kein "Dungeon" mehr? Zur Erläuterung folgende fiktive Szene: SL: Ihr betretet das Verlies indem Ihr die Treppe durch das Grab des alten Magiers hinabsteigt. Das Spiel des hektisch zuckenden Fackelscheins der den engen Gang mit Unruhe erfüllt wird durch die Dunkelheit vor Euch regelrecht aufgesogen. PC: Wir bahnen uns unseren Weg durch die Dunkelheit... SL:... vorbei an Reihen über Reihen von Schädeln. Als ihr um die Ecke biegt habt Ihr das Gefühl etwas in den leeren Augenhöhlen scheint Euch zu beobachten. Hat sich etwa gerade ein Schädel nach Euch umgedreht? Nachdem Ihr eine Weile durch das Labyrinth an Gängen und Räumen geirrt seid, bemerkt ihr wie die modrige Luft beginnt sich in Eurem Körper eine neue Heimstätte zu suchen. Ihr seid nun in einer Kammer angekommen. Ihr fühlt Euch unbehaglich. Was seht ihr, dass Euch so beunruhigt? ... Hier wurde der Weg zur Kammer abstrahiert.
  24. Nicht umsonst spricht man auch von dem Dungeon als der mythic underworld Das ist orthogonal zum "Ausspielen jedes quadratmeters"
  25. Naja, ich habe von Anfang an nichts anderes beschrieben Ja. Notation ist abstrakt. Der Unterschied ist aber, dass man die physikalische Topologie durch die logische ersetzt. Ob man ein quadratkilometergroßes Areal hat, wo es hunderte von Verweigungen und 5 relevante Räume gibt, oder tatsächlich nur 5 relevante Räume ist dafür egal. Und den Raum dazwischen kann der SL (zusammen mit den Spielern - wenn man playerfacing spielen mag) nach Belieben füllen.
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