Henni Potter Geschrieben 4. März 2003 report Geschrieben 4. März 2003 Hallo, Forum! Mein alter Artikel über diesen Handelsfürsten wurde in GB 48 (verständlicherweise) auf das Wesentliche gekürzt. Zur Kurzweil und Erbauung stelle ich in diesen Strang die volle Fassung, welche die Hintergrundgeschichte und Jugendabenteuer Epinetas´ enthält. Zur Übersichtlichkeit und besseren Lesbarkeit verteile ich die Geschichte über mehrere Beiträge. Wer Kritik, Anregungen oder Erfahrungsberichte bei der Verwendung der Figur in seiner Kampagne bringen möchte, kann das ebenfalls in diesem Strang unterbringen. Grüße, Hendrik
Henni Potter Geschrieben 4. März 2003 Autor report Geschrieben 4. März 2003 Teil 1: Die Jugend Epinetas Klairon ist heute einer der reichsten und angesehensten Handelsherren Palabrions. Abenteurer können ihm als wichtige Persönlichkeit der Stadt begegnen. Er eignet sich als Gegner, Auftraggeber oder als Ausbilder für Typen wie Händler, Seefahrer, Spitzbuben und Glücksritter. Momentan denkt er daran, eine Handels- und Erkundungsexpedition ins Innere Nahuatlans auszurüsten. Der beliebte und beleibte, allerdings etwas anrüchige Kaufmann hat sein Leben allerdings in ganz und gar ärmlichen Verhältnissen begonnen. Epinetas wurde 2363 n. L. in den Gossen Palabrions geboren. Zunächst lernte er die chryseische Stadt von ihrer unangenehmsten Seite kennen: Er wuchs als Waise in den Armenvierteln auf. Schon in jungen Jahren tat Epinetas so ziemlich alles für seinen Lebensunterhalt, er bettelte, stahl, betrog und gelegentlich arbeitete er sogar. Mit 13 Jahren tat er sich mit dem alternden Trickbetrüger Chalkon zusammen, der ihm Lesen und Schreiben beibrachte; fortan verkaufte er gefälschte Schatzkarten, Hafenpapiere und Informationen, die er über den Femeorden der Bettler beziehen konnte. Von Chalkon lernte er nicht nur viele Tricks und Täuschungsmanöver; er lernte auch, Spaß an der Sache zu haben. So entwickelten die beiden über die Jahre eine Menge Nummern, um vorzugsweise Ausländer hinters Licht zu führen. Legendär ist ihr Betrug an einem berühmten kroisischen Kaufmann, der ihnen beinahe eine ganze Schiffsladung valianischen Königsweins eingebracht hätte (da die beiden keine Lagermöglichkeit hatten, blieb es bei einem kleinen Umtrunk). Als Epinetas gerade 17 Jahre alt war, hatten Chalkon und er das Pech, den falschen Mann hereinzulegen: Sie nahmen einem Geldboten des corischen Ganovenkönigs Don Longano einen enormen Betrag in Wertpapieren ab. Daraufhin ermordeten die gedungenen Meuchler des Küstenstaatlers Chalkon und hätten beinahe auch Epinetas erwischt. Doch der versteckte sich in den zwielichtigen Vierteln und fand alsbald Unterstützung: Chalkon war in diesen Kreisen bekannt und beliebt gewesen; nun fanden sich fast alle Diebe, Bettler und Trickbetrüger Palabrions zusammen, um sich an Don Longano gebührend zu rächen. Unter Führung von Henerys Gondorphion - ein berüchtigter Betrüger, der Epinetas in die Lehre nahm - gelang es der verschworenen Gemeinschaft, Longano nach allen Regen der Kunst auszunehmen. Zunächst betrog Gondorphion den Ganovenkönig in dessen eigener Spielhalle beim Glücksspiel. Sodann lockte er ihn nach Palabrion, wo Epichalkon (so Gondorphions einfallsreicher Tarnname) angeblich die Gladiatorenkämpfe organisierte: Um sich sein Geld von seinem scheinbaren Widersacher zurückzuholen, setzte Longano mit Hilfe von Epinetas eine hohe Summe auf abgesprochene Kämpfe, die angeblich den Besitzer der Arena ruinieren sollten. Tatsächlich aber hatte Gondorphion Longano diese Verhältnisse nur vorgegaukelt und strich die Wettsumme ein. Und da Epinetas und alle anderen, die Longano kannte, ihren Tod in der Arena vortäuschten, hatte der corische Gauner auch kein Ziel für etwaige Racheaktionen.
Henni Potter Geschrieben 4. März 2003 Autor report Geschrieben 4. März 2003 Teil 2: Der Aufstieg Nachdem der Clou gelungen war, gingen die Verschwörer allesamt ihrer eigenen Wege. Epinetas hatte von Gondorphion alles gelernt, auch das Untertauchen nach einem erfolgreichen Unternehmen. Daher schiffte er sich in die Städte von Elhaddar ein. Schon lange hatte Epinetas vorgehabt, sein Geld in Sklavenhandel zu investieren. Da ihm die Preise in Chryseia oder den Küstenstaaten zu hoch erschienen, wollte er das Handelsgut "an der Quelle" erwerben. Das Schicksal nahm es damit jedoch ein wenig zu wörtlich: Während Epinetas nur die wilden Stämme von Sendsch hatte kennenlernen wollen (zu denen die Schariden immerhin geregelte Kontakte unterhielten), landete er nach wenigen Wochen im Kochtopf der Kannibalen des Ikenga-Deltas. Drei Eigenschaften verdankte Epinetas sein Leben: Seiner damaligen Schlankheit, seiner sprichwörtlichen Beredsamkeit und seinem neuentdeckten Sprachentalent. Es gelang ihm, mit den wenigen aufgeschnappten Worten des Eingeborenendialekts Häuptling N´goro Tutu zu überzeugen, dass er noch nicht einmal als Appetithappen lohne. Eine ziemliche Leistung, wenn man bedenkt, dass 22 scharidische Seeleute ein anderes Schicksal erlitten! Epinetas lernte innerhalb weniger Wochen die Grundlagen der Eingeborenensprache und ihrer Kultur. Gleichzeitig stieg er vom Geschichtenerzähler und exotischen Hofnarren zum strategischen Berater des Häuptlings bei Überfällen auf. In den schamanistischen Vorstellungen der Kannibalen ehrte man den Feind, indem man seinen Körper verzehrte; gleichzeitig nahm man dessen Kraft in sich auf. Da Epinetas der Kannibalismus zuwider war, überzeugte er den Häuptling von einer anderen Vorgehensweise: Da andere Stämme prinzipiell minderwertig seien, solle man ihnen mit Ausnahme der tapfersten Krieger den rituellen Verzehr verweigern; stattdessen könne man die Mitglieder der angesehensten Sippen des unterworfenen Stammes versklaven - nach den Vorstellungen der Kannibalen wurden die Ahnengeister der Sippe durch die Versklavung beschämt und vertrieben, so dass man von ihnen auch keine Rache zu fürchten hatte. Häuptling N´goro Tutu erwies sich glücklicherweise als skrupellos genug für dieses Vorgehen, das sämtlichen ehrenhaften Stammestraditionen zuwider lief. Dafür erhob sich sein Stamm bald zum mächtigsten und gefürchtetsten des gesamten Ikenga-Deltas. Unzählige Sklaven arbeiteten für ihn an besonderen, von Epinetas (ein-) geleiteten Projekten wie dem Bau einer riesigen Häuptlingshütte oder eines Staudamms, um Fischteiche anzulegen. Bald schon gab es jedoch zu viele Sklaven für die Bedürfnisse des Dorfes. Mit harter Überzeugungsarbeit konnte Epinetas nun den zweiten Teil seines Plans umsetzen: Mit dem noch seetüchtigen scharidischen Handelssegler wollte er diese Sklaven nach Chryseia verkaufen. Natürlich wollte N´goro Tutu seinen Berater nicht ziehen lassen; schließlich willigte er aber ein, selbst diese gefahrvolle Expedition in den unbekannten Norden zu leiten. So begleiteten Epinetas nicht nur seine Leibsklaven, die er bereits zu mehr oder minder (mehr minder) passablen Seeleuten ausgebildet hatte, sondern auch der Häuptling mit Leibwache! Leider gefiel den Kannibalen die Seefahrt überhaupt nicht, so dass das Schiff es nach manchem Abenteuer gerade einmal nach Elhaddar schaffte. Dort verkaufte Epinetas die Sklaven (bis auf seinen treuen und begabten Diener M´lasa) und heuerte scharidische Seeleute für die Rückfahrt an. Häuptling N´goro Tutu zürnte ihm zwar wegen seiner ständigen Seekrankheit, doch das legte sich nach der Rückkehr ins Dorf, wo Epinetas ihm half, N´goros Sohn als neuen Häuptling des Stammes wieder abzusetzen. So erwarb sich Epinetas die dauerhafte Freundschaft der Kannibalen und die Erlaubnis, zu kommen und zu gehen, wann es ihm beliebt. Epinetas kehrte nach Palabrion zurück und stieg innerhalb kurzer Zeit zum billigsten und trotzdem erfolgreichsten Sklavenhändler der Stadt auf.
Henni Potter Geschrieben 4. März 2003 Autor report Geschrieben 4. März 2003 Teil 3: Die Gegenwart Heute, 25 Jahre danach, lenkt Epinetas von seinem prunkvollen Landsitz südlich Palabrions aus eines der größten Handelsimperien Chryseias. Er unternahm noch mehrere Fahrten ins Ikenga-Becken selbst und wandte sich auch anderen Gebieten zu. Allein drei mehrmonatige Reisen unternahm er, bis er die Westpassage nach Buluga entdeckt hatte; der Handel mit den exotischen Waren Südlamarans brachte ihm enorme Gewinne. Einmal gelöst vom reinen Sklavenhandel schickte Epinetas seine Schiffe auch in die Küstenstaaten, nach Alba und Erainn, an der Westküste Vesternesses nach Ywerddon und sogar bis zu den Zollinseln Nahuatlans. Sein wachsendes Unternehmen wurde als "Westhandelshaus" bekannt und stand vor allem für Exotik, krisensichere Waren wie Kleidung und Rohstoffe und (natürlich) für Sklaven. Seine Verwaltung in Palabrion baute Epinetas auf zwei Säulen: Auf intelligente Sklaven wie M´lasa und auf seine alten Freunde aus Trickbetrügerzeiten. Typisch für Epinetas ist, dass er keinerlei soziale Vorurteile hegt und sich selbst mit Bettlern und Küchensklaven höflich und gewitzt unterhält. Unter seinen Sklaven suchte er sich immer die besten für seinen eigenen Haushalt aus und behandelte sie gut; viele arbeiten heute in entscheidenden Stellen in der Verwaltung des Westhandelshauses oder anderer Projekte. Mit Hilfe der Trickbetrüger und Bettler baute Epinetas auch sein zweites Unternehmen auf, das im Untergrund Palabrions eine große Rolle spielt: Es handelt sich um die "Hand", ein loser Verbund verschiedener unterklassiger Bürger. Die wichtigsten Verbindungsleute sind ehemalige Gauner, die ihre Identität verbergen müssen und denen Epinetas nun als seine "Finger"; ein neues Leben ermöglicht hat. Die "Hand" ist in erster Linie ein Informationssystem, das vor allem den Hafen und die Marktplätze überwacht. Nebenbei verdienen sich die Mitglieder mit Glücksspiel und kleineren Betrügereien etwas Geld, was Epinetas nicht weiter interessiert. Als identitätsloser Vorsteher der "Hand" nennt sich Epinetas der "Daumen", der Finger, ohne den die Hand nicht greift. Er überwacht mehrere Unternehmungen im Stadtinneren, die seinen Einfluss auf die Bürgerschaft erhöhen. So leitet er inoffiziell die Arena Palabrions, in der er damals Don Longano betrog (und mit dem er übrigens in Corua inzwischen glänzende Geschäfte macht - glänzend zumindest für Epinetas). Zudem hält er durch gefälschte Papiere oder Korruption fast die gesamte Beamtenschaft der Stadt in der (sprichwörtlichen) Hand und versorgt beinahe monopolistisch die Stadt mit Korn. Er besitzt mit verschiedenen Gasthäusern, Lagerhallen, Werften, Mietshäusern, Landsitzen und einem gestifteten Jakchos-Tempel mehr als ein Zehntel von ganz Palabrion! Epinetas könnte so etwas wie der heimliche Herrscher Palabrions sein. Tatsächlich liegen ihm an Macht oder Einfluss aber wenig. Er liebt Geld und Luxus, alles andere betrachtet er nur als ein amüsantes Spiel. Früher hatte Epinetas viel Spaß bei Betrügereien oder Abenteuerreisen; heute lebt er eher zurückgezogen auf dem Land und hat erheblich an Körperumfang hinzugewonnen. Seine Geschäfte laufen von selbst, und Epinetas widmet sich hauptsächlich den wichtigen persönlichen Kontakten und dem Leben in Saus und Braus. Wenigstens einmal pro Woche veranstaltet er eine Orgie, und seine Sitten verfallen allmählich. Trotzdem ist Epinetas noch immer der dynamische Besitzer des Westhandelshauses und der "Hand": Immer noch leitet er ab und zu einige Betrügereien, Bestechungen, Geschäftsabschlüsse oder sonstige Verhandlungen persönlich und ist durch die "Hand" über alle Ereignisse in Westchryseia informiert. Er ist ein glänzender Redner, und der ganzen Bürgerschaft graut es vor dem Tag, an dem Epinetas sich entschließen sollte, in die Politik zu gehen.
Hiram ben Tyros Geschrieben 6. März 2003 report Geschrieben 6. März 2003 Eine sehr schöne Hintergrundgeschichte, HN! Das war mir eine Nominierung wert!
Henni Potter Geschrieben 7. März 2003 Autor report Geschrieben 7. März 2003 Vielen Dank, Hiram! Das wäre doch nicht nötig gewesen! Ist doch nur Uralt-Material aus 1996!! Hendrik
Serdo Geschrieben 7. März 2003 report Geschrieben 7. März 2003 Bravo! Du hast den Film im ersten Teil wirklich gut umgesetzt und in ein Gesamtkonstrukt eingebettet. Ich freue mich schon darauf, meine Spieler auf diesen Herrn treffen zu lassen.
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