Wiener Zeitung
Ausgabe 01.1902
Neujahr in Italien
Unser Kaiser Franz Joseph I. ist von dem Italienischen König Vittore Emanuel III. zum Neujahrsempfang nach Rom geladen worden. Der Kaiser hat die Einladung mit Freuden angenommen und weilt derzeit in Rom. Deweiteren hat er um eine Audienz bei Papst Leo XIII. ersucht um sich des Göttlichen Beistandes für die kommenden Jahre zu versichern. In der nächsten Woche wird Franz Joseph zurück erwartet.
In den Schluchten des Balkan
Das auswärtige Amt meldet den Verlust eines Boten, der nach Ankara unterwegs war. Die Aufgabe des Boten war es, diplomatische Gesuche an den Türkischen Sultan zu überbringen. Derzeit ist nicht bekannt, ob die Nachrichten, welche den Zweck hatten Frieden zwischen Österreich/Ungarn und der Türkei zu stiften, den Sultan überhaupt erreicht haben. Der Sprecher des auswärtigen Amtes, Gustav von Bergheim, äußerte sich in der folgenden Stellungnahme hierzu: "Wir wissen nicht, was unserem Boten zugestoßen ist und wo er sich zur Zeit befindet. Er könnte sich ebenso tot im Straßengraben, überfallen von bulgarischen Straßenräubern, wie in Gefangenschaft bei den Türken befinden. Es gibt zwar offiziell keine Kriegserklärung zwischen den Türken und Österreichern - und genau das sollten die Nachrichten und Geschenke des Boten ja auch verhindern - jedoch sind uns die Absichten des Sultans unbekannt. Wir erleben derzeit eine heikle Situation. Wir hoffen, dass Kaiserliches Einschreiten das schlimmste verhindern kann."
Dies liebe Landsleute klingt nicht nach einem positiven Blick in die Zukunft. Die Türken standen vor gut 200 Jahren das letzte mal vor Wien. Sollte es erneut zu einer türkischen Belagerung kommen?
Militärischer Schutz für Griechenland und Serbien
In einem hervorragenden diplomatischen Schachzug ist es Unserem Kaiser Franz Joseph I. gelungen, einen bislang beispiellosen Vertrag zwischen dem Kaiserreich und Griechenland sowie Serbien zu schließen. Die Griechen und die Serben haben sich bereit erklärt, die Versorgung des Österreichischen Militärs zu unterstützen. Im Gegenzug gewährte Franz Joseph den Ländern militärischen Schutz. In der derzeitigen Situation in Europa ist das Handelns des Kaisers als barmherziger Akt zu verstehen, da die Griechen und Serben ansonsten schutzlos den Armeen aus der Türkei ausgeliefert wären. Im letzten Herbst strebten die Türken bereits eine Besetzung Griechenlands an, was jedoch durch militärische Intervention unserer Flottenverbände, die in Albanien stationiert waren, unterbunden werden konnte. Wir hoffen, dass sich die weitere Zusammenarbeit positiv entwickelt und dass der Kaiser den Türken überzeugen kann, mit Österreich zu verhandeln.
Preise für Oliven sind gefallen
Im Rahmen des Vertrages zwischen Österreich/Ungarn und Griechenland sind die Rohstoffpreise für Oliven gefallen. Es ist anzunehmen, dass in diesem Zuge auch die Preis für Olivenöl sowie weitere Erzeugnisse, die aus Oliven hergestellt werden, sinken werden.