Wir sind eine 7-8 köpfige Rollenspielgruppe. Nach langer Pause begannen wir vor einem halben Jahr wieder "ernsthaft", also regelmäßiger zu spielen. Als Neuerung führten wir den fliegenden SL ein, d.h. der SL wechselt von Abenteuer zu Abenteuer. Der Vorteil daran: Rollenspielabende in kürzeren Abständen und abwechslungsreichere Abenteuer. Momentan spielen wir etwa alle 3-4 Wochen. Nachteil: Verschiedene SL-Stile. Die einen haben nur rudimentäre Regelkenntnisse, die anderen lassen wenige ausgefallenere Aktionen zu und wieder andere ermutigen die Gruppe sogar bei guten Einfällen diese auch durchzuführen.
Wir gehören zu den Rollenspielgruppen, bei denen einige hier im Forum die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: Unser Elf benimmt sich nicht wie ein Elf, unser Meschenkrieger ist ein Psychopath und als "Schlitzer von Alba bekannt", der Priester ist wenig priesterhaft..... Kurz gesagt: Wir sind mehr eine Fun-Gruppe, kloppen Sprüche und auch gerne ein paar Orcs.
Dies führte aber auch zu einigen Auswüchsen.
Drei von uns (mich eingeschlossen) sind Grad 4, der Rest 1-2. Es sind viele magische Artefakte und viel zu starke magische Waffen vorhanden. In unserem Besitz befindet sich eine Kneipe, ein Laden ("Totenbeschwörers Allerlei") und ein Haus im Adelsviertel. Wir hatten bis jetzt auch alle viel Spaß und unsere Abenteuer werden regelmäßig von Lachkrämpfen unterbrochen, weil der ein oder andere zu extremen Aktionen neigt. Ja, wir alle hatten Spaß....bis auf einen.
Besagter Spieler ist der Meinung, wir seien viel zu stark und aufgrund unserer Taten müsste zumindest die Hälfte von uns auf dem Scheiterhaufen landen. Dieser Spieler hat auch in diesem halben Jahr bereits zwei Charaktere verschlissen. Sein elfischer Druide ritt mitten im Abenteuer in den Sonnenuntergang, da er diesen grundguten Charakter in unserer Gruppe nicht so spielen konnte, wie er wollte. Sein Halblingshändler versuchte unseren unelfischen Elf im Schlaf zu beklauen - als dies misslang, tötete er den Elf. Der SL fand das nicht witzig und sagte der Halbling hätte das ganze nur geträumt. Reaktion: "Mir egal, ich leg den Elf trotzdem um!" Dies tat er und wurde daraufhin von unserem Zwerg erschlagen ("Ich mochte den Elf zwar nicht, aber das geht zu weit"). Besagter Spieler mochte dann erstmal nicht mehr mitspielen. So viel zur Vorgeschichte.
Gestern dann leitete besagter Spieler ein Abenteuer für uns. Es sollte das Ende einer von ihm erfundenen Kampagne sein.
Kurzzusammenfassung: In Twineward hat sich eine Sekte niedergelassen, die bereits größeren politischen Einfluss hat. Ziel der Gruppierung: Die Wiedererweckung des "Zylators", Gott/Dämon der Schmerzen. Wir traten in die Dienste der Gruppe. Ein Abenteuer der Kampagne hatten wir bereits hinter uns, ein anderer SL spielte ein eigenes eigenständiges Abenteuer vor dem Hintergrund dieses Settings, womit der Erfinder nicht einverstanden war, was er als Spieler während des Abenteuers auch lautstark zu verstehen gab.
Gestern also kam das Ende der Kampagne. SL war besagter Spieler. Da das Abenteuer den Titel "Das Ende des Zylators" trug und wir wussten, das der König etwas gegen die Wiedererweckung hatte, befürchteten wir schlimmes. Da besagter Spieler vorher immer wieder betonte, dass unsere Waffen zu stark seien und er unsere drei Immobilien auch nicht lustig fand, hatten wir so eine Vorahnung. Und es kam wie wir es befürchteten...
Der Zylator wurde wiedererweckt, machte allerdings keine Unterscheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen und so kämpften wir (zusammen mit der Garnison des Königs) gegen das, was wir erschaffen hatten. Mit göttlicher Waffe erlegten wir das Vieh, durch die folgende magische Entladung lagen wir 7 Tage im Koma.
Wir erwachten in einer muffigen Zelle. Ein Angestellter des Königs berichtete uns, ein Medium hätte unsere Gedanken gelesen und alle bösen Taten gesehen, die wir begangen hatten. Im einzelnen warf man uns vor:
- Landesverrat (Ansichtssache)
- Unterstützung einer illegalen Gruppierung (schuldig )
- Kindesmord (Hey, nur einer von uns ließ das Kind absichtlich fallen!)
- Diverse andere Morde
- etc.
Jedenfalls wurden wir zum Tode verurteilt. Und zwar allesamt. Der SL (König) berücksichtigte dabei nicht, das meine Freundin zum ersten Mal bei uns mitspielte und mit der ganzen Sache eigentlich nichts zu tun hatte. Generell machte er keinen Unterschied zwischen Hauptschuld und Mitläuferschaft.
Nachdem wir schon zur Exekution bereitstanden, wurden wir dann doch begnadigt und nur des Landes verwiesen.
Wir hatten unsere Lektion gelernt. Wenn wir etwas böses tun, kann das Konsequenzen haben. Doch so leicht sollten wir nicht davonkommen....
Durch die magische Entladung wurde alle magischen Gegenstände vernichtet (war ja klar ).
Auch sonst nahm man uns alles weg, was wir bei uns trugen: Rüstung, Tränke, Waffen, Gold etc. (Ja gut, Strafe muss sein ).
Auch unsere Pferde und alles, was diese bei sich trugen, wurde konfisziert (Jetzt wirds gemein ).
Außerdem beschlagnahmte man unser Haus, die Kneipe und den Laden (Hng, akzeptiert ).
Allerdings befand sich im Keller der Kneipe unser Golddepot, was auch beschlagnahmt wurde ( )
So endete das Abenteuer vor den Toren Twinewards, mit nichts bei uns außer den schäbigen Kleidern, die wir an uns trugen. Ohne Gold, ohne Pferde, ohne Nahrung, ohne Heimat oder Ziel.
Jetzt kommt der Clou: Der König setzt einen Ermittler auf uns an, der in einem halben Jahr dem König über unsere Taten berichtet wird. Sollten ihm der Bericht nicht gefallen, wird die Todesstrafe doch vollzogen.
Und jetzt dürft ihr raten, wer diesen Ermittler in den nächsten Abenteuern SPIELEN wird.......... Genau, besagter gandenloser SL.
Ihr könnt euch vorstellen, dass sich meine Freundin ihr Rollenspieldebüt etwas anders vorgestellt hat und ihre anfängliche Euphorie und Motivation innerhalb eines Abends völlig vernichtet wurde. Die Vorstellung, dass ihr ein Ermittler sagt, was sie im Abenteuer zu tun und zu lassen hat, nimmt ihr die Lust am weiterspielen.
Im allgemeinen war die Stimmung nach Abenteuerende gegen 3 Uhr nachts eher gedrückt und man verschwand eher wortlos. Wie ich meine Rollenspielkollegen kenne, brodeln diese jetzt innerlich und dieser Ermittler wird das nächste Abenteuer auf keinen Fall überleben.
Meine Frage an euch: Klar, als Spieler haben wir es etwas übertrieben, aber hat es der SL in diesem Falle nicht auch mit der Strafe übertrieben? Ihr müsst bedenken, wir haben wechselnde SL. Kann es denn sein, dass ein einziger Spieler in der Rolle des SL seine ganze Unzufriedenheit abreagiert und damit die Planungen des nächsten SL vernichtet?