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Edanas Tagebuch

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8. Eintrag ~ Aonadag, 1. Trideade Wolfmond (Spoiler: Tumunzahar, die Zwergenbine)


Die Hexe

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Die erste Nacht in der von Orcs besetzten Zwergenbinge Tumunzahar war vergangen. Ich erwachte neben den anderen in einem stinkenden Raum voller Unrat. Wieder einmal war ich froh, dass mein extremes Reinlichkeitsbedürfnis und krankhafter Ekel vor unangenehmen Gerüchen sich aufgelöst hatten. Ich richtete mich auf und schüttelte den Kopf, um damit die Erinnerung an meinem Traum loszuwerden. Ich hatte von Feuermal und seinen Flammen, riesigen Eislawinen, einer kichernden Glannis und einem zornigen Gray geträumt. Feuermal hing nun wieder an meiner Seite, doch ich wünschte es wäre auf andere Art und Weise zu mir gekommen. Noch immer brennen das Bild von der riesen Feuersäule, sein vorwurfsvoller Blick und seine harten Worte in meinem Geist. Dabei wollte ich nur unser Gepäck aus unserem Nachtlager räumen, ich hatte nicht damit gerechnet, dass die in Stoff eingewickelte Runenklinge auf meine Berührung derart heftig reagieren würde. Ich hatte vor gehabt zu warten, bis Gray mir das Schwert von sich aus gibt. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Doch ich sollte nicht klagen, immerhin habe ich sie gefunden, es hätte auch sonst was passiert sein können.

Nachdem alle aufbruchsbereit waren, erschien der Zwerg ratlos ob des einzuschlagenden Weges. Nach einigem hin und her wählte Golrek den einen, nur um sich dann nach ein paar Schritten doch für den anderen zu entscheiden. Da wir auf diesem jedoch alsbald Orcs sichteten, kehrten wir um und folgten Golreks erster Wahl. Unser Weg führte uns in zerstörte zwergische Wohnstätten. Dem einstigen Prunk nach zu urteilen, handelte es sich dabei um königliche Räumlichkeiten.

Die ersten Räume passierten wir unbehelligt, die Orcs schienen hier bereits ihr Unwesen vor langer Zeit getrieben zu haben und nun hatten sie das Interesse daran verloren. Dennoch bedeutete dies nicht, dass dieser Ort unbewohnt war. Als Golrek gerade eine Tür zu einem neuen Raum öffnete, kam ihm ein riesiger Käfer entgegen gesprungen. Nachdem die erste Überraschung verklungen war, zerteilte er das Vieh mit einem gekonnten Hieb seiner Axt.

Der Käfer hatte Golrek jedoch am Bein verletzt, weshalb ich ihm anbot seine Wunde zu verarzten. Während ich mich um ihn kümmerte, kehrten die Erlebnisse aus meinen Traum in meine Gedanken zurück. Sie lenkten mich derart ab, dass ich den Zustand der Verletzung verschlimmerte. Mit Schrecken starrte ich auf das Ergebnis meiner Wundversorgung. Mit einem zurechtweisenden Kommentar nahm Nissyen sich dem Zwerg an. Ich biss mir auf die Unterlippe. Mit Müh und Not unterdrücke ich die Tränen, welche drohten sich in meinen Augen zu sammeln. Wie konnte mir nur so etwas passieren?

Noch während ich um meine Fassung rang, rief Gray um Hilfe. Ich eilte in den nächsten Raum. Etwas Teppichartiges war von der Wand gesprungen und hatte sich um Glannis gewickelt. Wie vom Donner gerührt ich da und brauchte einen Moment um zu reagieren. Währenddessen versuchte dieses Ding, was auch immer es war, Glannis zu erdrücken. Aus Sorge wir könnten sie verletzten, griffen Gray und ich zunächst auf unsere Zauber zurück. Doch wieder störten Traumbilder meine Konzentration und statt des Wesens taff mein Verwirren-Zauber Gray. Dieser Fehler kostete mich all meine Kraft und mir blieb nichts außer dem Versuch Glannis mit meinem Dolch zu befreien. Gray versuchte es währenddessen mit Eislanzen und schließlich gelang es uns das Ding zu vernichten und damit von Glannis zu trennen. Warum hatte es von uns ausgerechnet Glannis treffen müssen?

Nach der erste Schock verklungen war und Glannis entdeckt hatte, dass ihre Fidel durch den Angriff bis zur Unbrauchbarkeit gelitten hatte, sprang sie auf, zog ihre Waffen und brüllte, dass sie alles vernichten würde. All meine beruhigenden Worte hatten nichts gebracht und so gab ich das Vorhaben auf. Vielleicht war es auch besser so. Beim Nichts tun kann man zumindest nichts falsch machen, so lange das Nichtstun als solches nicht schon das Falsche ist.

Von Gray hatte ich für mein Versehen einen zornigen Blick und ein Kopfschütteln geerntet, bevor er das Teppichähnliche Wesen – laut Gray hat es Augen - genommen und es außerhalb von Glannis Sichtweite gebracht hatte.

Nachdem Nissyen die Wundbehandlung abgeschlossen und Golrek eine Zwergenkriegermaske in den Trümmern gefunden hatte, setzten wir unseren Weg fort. Er endete alsbald auf einer Art Balustrade, von welcher aus man Blick auf den ehemaligen Thronsaal des Zwergenkönigs hatte. Nun war jedoch von einem Drachen auf einem riesen Haufen Gold und Schmuck bewohnt. Golrek war der erste der gebückt zur Balustrade lief und den Drachen entdeckte. Nachdem der Zwerg und Gray sich bereits vorgewagt hatten, begab ich mich ebenfalls zum Geländer der Balustrade und ließ die Szenerie auf mich wirken. Welch majestätischer Anblick und doch wusste ich, dass dieser Drache durch und durch böse war. Das hatte ich von Vater gelernt. So wie es gute und schlechte Menschen gab, verhielt sich es auch mit Drachen. Nur dass hier der Großteil von Gier und Macht getrieben wurde. Nun könnte man sich darüber streiten, ob es bei den Menschen nicht auch so ist.

„Die Könung des Gekrönten verlassen am Ort der Krönung gekrönt vom ungekrönten König des Bösen.“ Das waren die ersten Worte der Prophezeiung des königlichen Zwergenmagiers gewesen. Ein Teil des Rätsels schien gelöst. Doch noch fehlte die Krone. Um mehr sehen zu können richtete ich mich vorsichtig auf und beugte mich über das Geländer. Mit einem Auge behielt ich den Drachen im Blick, während ich nach einer Krone oder etwas ähnlichem Ausschau hielt. Auf einem steinernen Thron, welcher sich unterhalt der Balustrade befand lag ein silbrig schimmernder Helm. Ich nahm an, dass es sich dabei um eines der drei Königsinsignien handelte, passte doch der erste Teil des Rätsels darauf. Mit einem Blick zum Drachen versicherte ich mich, dass er immer noch tief und fest schlief und setzte dann zu einem Heranholen-Zauber an. Doch Gray, der nicht wusste was ich vorhatte, unterbrach meinen Zauber und so blieb mir nichts anderes übrig, als zu den anderen zurückzukehren. Warum hat er mir nicht einfach vertraut? Ich weiß, dass der Drache nicht aufgewacht wäre, ansonsten hätte ich so nicht gehandelt!

Wir zogen uns erst einmal zurück. Dann begab sich Gray noch einmal zurück zum Thronsaal. Er lehnte jegliche Hilfe ab. Um ein Haar wäre ich ihm dennoch gefolgt, doch ich besann mich eines besseren, ich wollte ihn nicht noch mehr verärgern.

Plötzlich brüllte es vom Thronsaal auf. Ich eilte in den Gang und sah wie Gray mit dem Sternensilberhelm in der Hand die Treppe herunter sprang und dann auf mich zu gerannt kam. Hinter ihm spie der aufgebrachte Drache Feuer in den Gang. Wir rannten bis zum Ausgang zurück, während der Drache vor Wut in seinem Hort tobte. Ich begann mit Gray über das Geschehene zu diskutieren. So recht wollte ich den Schock darüber nicht verwinden und wählte Worte, die Gray zu Recht als unangemessen abtat. Er wollte mir nicht glauben, dass der Drache bei mir nicht aufgewacht wäre und letztlich kann ich es nicht mit absoluter Sicherheit wissen.

Als wir im Gang, welcher zum Wasser führt, angekommen waren, sorgten Nissyens rätselhafte Worte wieder einmal für Verwirrung, diesmal jedoch auch zu Sorge und Angst. Erst brüllte er vor Schmerz auf und hielt sich den Kopf, dann blickte er uns an und meinte: „Der Hase stirbt.“ Glannis war voller Sorge, denn für sie war Nissyen der Hase selbst, Gray meinte es bezöge sich eher auf seinen Totemgeist. Auf jeden Fall bedeuteten Nissyens Worte nichts Gutes, darüber waren wir uns einige. Er weigerte sich jedoch weitere Worte mit uns zu teilen.

Nach einer kurzen Verschnaufpause, begab sich Golrek in den nächsten Raum um zu schauen, wie die Orcs den Ausbruch des Drachen aufgenommen hatten. Er berichtete uns, dass sieben Orcs drei Menschen in Richtung des Thronsaals gebracht hatten und dann wieder zurückgekommen waren. Kurz darauf hörte der Drache auf zu toben und der Ahnung über das Schicksal der Menschen folgte Schweigen. Ein Blick zu Gray verriet mir, dass er am liebsten auf der Stelle sich aller Orcs in der Binge entledigen wollte. Ich konnte ihn verstehen und doch glaube ich, es würde nur unseren Tod bedeuten. Vorsichtig näherten wir uns den Orcs, Gray zauberte sich unsichtbar und wagte sich so ein wenig weiter vor. Als er zurück kam berichtete er uns von zwei Orcs, die in einem Gang, der noch weiter führte, Wache hielten. Der Gang, in den die Orcs mit den Menschen gegangen waren hatte war auffallend anders, prunkvoller gefliest. Wie wir richtig geschlussfolgert hatten, waren die Menschen wohl als Drachenfutter zum Thronsaal gebracht worden.

Zunächst beschlossen wir zurück zu gehen und uns auszuruhen, was mir sehr entgegen kam, ich war am Ende meiner Kräfte. Nach der Meditation, in der ich Ruhe und Kraft finden konnte, fühlte ich mich besser. Da Golrek nicht so recht weiter wusste, beschlossen wir zunächst die restlichen Räume zu untersuchen bevor wir den Orcs weitere Gedanken widmeten. Eine weise Entscheidung, möglicherweise ist es gar nicht notwendig die Orcs auf uns aufmerksam zu machen…

 

Eine Frage beschäftigt mich seitdem wir die Binge betreten haben, doch ich traue mich, aufgrund der geistigen Verfassung in der sich meine Gefährten befinden, nicht sie zu stellen: Wie kommen wir wieder heraus? Das provisorische Floss ist beim Aufprall endgültig zerstört worden, zumal die Strömung für einen Rückweg wohl ohnehin zu stark gewesen wäre. Das bedeutet wir müssen einen anderen Weg hinaus finden. Ich hoffe nur er führt uns nicht an den Orcs vorbei. Wie gesagt, ich glaube nicht, dass wir eine Begegnung mit ihnen überleben würden. Auch wenn Gray meint für den Tod der drei Gefangenen verantwortlich zu sein und es sei seine Aufgabe die verbleibenden Menschen vor den Orcs zu retten. Und Glannis alle Orcs vernichten möchte. Ich mache mir Sorgen um sie. Erst hat sie, seit dem wir die vielen Orcs vor der Binge entdeckt haben, immer wieder leise vor sich hin gekichert und nun gleicht sie einer Furie. Ich habe das Gefühl, ich komme nicht mehr an sie heran. Wie kann ich ihr nur helfen? Wenn ich sie so sehe, denke ich an das, was ich erlebt habe und frage mich, wie ich das überstehen konnte. Ohne Mutters und Vaters Hilfe wohl kaum.

Golrek, der uns in der Zwergenbinge führen soll, aber wie mir scheint, nicht so richtig über den Auftrag Bescheid weiß, Gray, der von Schuldgefühlen geplagt wird und zugleich zurecht zornig auf und enttäuscht von mir ist und Glannis, die immer mehr ihren Verstand zu verlieren scheint. Und dann noch ich, die alles verkehrt zu machen scheint. Wo soll das noch enden?

Ich fühle mich so nutzlos, nein schlimmer, ein Teil von mir ist überzeugt, dass sie ohne mich besser dran wären. Und doch werde ich bleiben. Mein Herz will es.

Davon einmal abgesehen, ganz rational betrachtet, wäre es wohl auch einfach mein Tod sie nun zu verlassen und todessehnsüchtig bin ich nicht. Nein, ich muss leben. Für alle Menschen, denen ich am Herzen liege. Für ihn.

 

Ich habe Angst vor dem was noch vor mir liegt. Im Vergleich zu dieser Angst scheinen die Orcs unbedeutend und der Drache klein wie eine Maus.

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