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  • Die Schwarze Klause


    Jorgarin

    Hallo miteinander,

    ursprünglich begann die "Schwarze Klause" als Logbuch des Einstiegs-Abenteuers meiner letzten Midgard-Runde, das zu einer Kurzgeschichte mutierte. Sie ist meinen langjährigen Mitstreitern Pater Stairway, Riuwen NiCeata, Rinaldo Cavalcanti, Humfried und Alanya NiGrimmond gewidmet, denen ich herzlich für viele vergnügliche Stunden danke. Ich wünsche Viel Spaß beim Lesen!

    Es grüßt Euch

    Jorgarin, aka Yngvi Blutaxt

     


    Die Schwarze Klause

     

    Ein lauer Abend im Herbst. Das alte Wirtshaus, an dessen ursprünglichen Namen sich schon lange niemand mehr erinnert und das schon gestanden haben soll, bevor der Urahn des ersten Seemeisters auch nur daran dachte, eine Formel zu wirken, und sehr lange, bevor der erste barbarische Krieger aus Clanngadarn seinen Fuß auf das Gebiet des heutigen Alba setzte, liegt friedlich wie eh und je in der goldenen Abendsonne. Es wartet geduldig auf neue Gäste, wie eine satte, selbstzufriedene Spinne. Die Landbevölkerung in der Umgebung meidet dieses Gasthaus und nennt es hinter vorgehaltener Hand "die Schwarze Klause", aber da es das einzige Gasthaus innerhalb von zwei Tagesreisen auf der Straße nach Corinnis ist, leidet es nicht an Mangel und beschert seinem derzeitigen Pächter Angus MacNeall und dessen Familie ein durchaus erquickliches Einkommen.

     

    Mit dem Traben eines trainierten Läufers kommt ein heruntergekommener, vierschrötiger Riese auf den Hof; sein zu einem Dutzend blonder Zöpfchen gebundenes Haar wippt im Takt seines Schrittes. Über den Rücken geschwungen trägt er eine quadratische, hölzerne Falltür, an welcher der rostige Hebering lustig klappert. Im Waffengürtel, der schon bessere Zeiten gesehen hat, sind eine grindige Streitaxt und ein Wurfbeil eingehängt. In der linken Hand trägt er ein mächtiges Holzfällerbeil. Ein Mann, dem man sich nicht ohne Not in den Weg stellt. Tut man es doch, gerät man unweigerlich unter den Einfluss seines übelriechenden Atems, der gleich einem fauligen Windhauch seinen Weg zwischen maisgelben Zähnen aus einem durch jahrelange Mangelernährung völlig übersäuerten Magen bahnt, und seines Körpergeruchs, der an eine Mischung aus Schweiß, rohem Fleisch und ranzigem Fisch erinnert. Der unappetitliche Riese mit dem gleichwohl nicht sonderlich sympathischen Gesicht, das von einer hässlichen Narbe gezeichnet ist, betritt die Gaststube. Obwohl er dies leise und mit schier unmenschlicher Gewandtheit tut, rümpfen die Gäste mit angewidertem Gesichtsaudruck die Nase und wenden sich zum Eingang. Ungerührt von dem Aufsehen, das er erregt, schreitet der Neuankömmling zu MacNeall an den Tresen. Was genau dort gesprochen wird, werden wir nie erfahren, aber nach einigen Minuten nickt Angus mit verzweifelt-resignierter Miene, deutet zum Kamin und anschließend in Richtung Hof, wo der Stall liegt. Zufrieden vor sich hinbrummelnd wendet sich der Barbar (denn um einen solchen handelt es sich, wie uns seine ungehobelte Aussprache des Albischen beweist, zweifelsohne) zum Hoftor und schreitet auf den Stall zu.

     

    Ein weiterer Gast erreicht die gute Stube, und auch er erregt die Aufmerksamkeit der Anwesenden, wenn auch eher in positivem Sinne. Noch bevor er den ersten Fuß in den Raum setzt, eilt ihm seine Präsenz voraus. Es handelt sich um einen Priester der Dheis Albi, einen jungen Mann mit edlen Gesichtszügen, das volle, schwarze Haar mit duftendem Öl nach hinten frisiert, die graublauen Augen lustig funkelnd und ein gewinnendes Lächeln auf den anmutig geschwungenen Lippen. Er ist nicht wirklich schön, aber er strahlt eine fröhliche Frömmigkeit aus, die seine Gesprächspartner für ihn einnimmt. Ehrfürchtig neigen die Wirtshausgäste das Haupt, als er an ihnen vorbei schreitet und die Menge dabei segnet. Der Wirt besinnt sich auf seine angestaubte Religiosität und begrüßt ihn freundlich.

     

    Kurz darauf betreten zwei weitere Reisende die Gaststube. Voran schreitet ein äußerst gut aussehender, blonder Jüngling aus den Küstenstaaten, in eine edle Lederrüstung und farbenfrohe Untergewänder gekleidet. An seiner Seite baumeln – in einem ebenfalls edlen Waffengürtel – ein unglaublich dünnes Schwert und ein ebenso filigraner Dolch; mutmaßlich Zierwaffen. Anwesende Krieger verziehen bei ihrem Anblick verächtlich den Mund. Mit weltmännischer Gewandtheit schreitet er in die Stube und lässt die Tür geschickt ins Antlitz der rothaarigen Dame hinter ihm fallen, die eben mit einem dankbaren Lächeln, das Sekundenbruchteile später gefrieren soll, den Raum zu betreten versucht. Kopfschüttelnd wenden sich die Gäste wieder ihren Bechern zu, aber unbeeindruckt von dem Unwillen, den sein offenkundiger Mangel an Manieren sowohl in seinem Opfer, als auch den übrigen Gästen hervorruft, schlendert er zum Tresen, gefolgt von der leise vor sich hin schimpfenden Dame. Diese zieht die bewundernden Blicke der anwesenden Männer auf sich, was man jedoch keinesfalls dahingehend auslegen dürfte, sie ähnele einem Hochlandschaf. Keineswegs, denn obwohl sie keine Schönheit im klassischen Sinne ist, beeindruckt sie doch durch ihr sympathisches Gesicht und die schlanke, durchtrainierte Gestalt.

     

    Auch über das Antlitz des Wirts geht ein Leuchten, das jedoch Entsetzen weicht, als sich die Tür zum Hof öffnet und der stinkende Unhold mit seinen Äxten abermals die Gaststube betritt. „Heda, Gevatter Wirt, bin fertig mit dem Stall! Ist noch was zu tun?“, brüllt er in seinem gruselig akzentuierten Albisch durch die gute Stube. Der Wirt, der andere Interessen als eine Unterhaltung mit dem tierhaften Nordling hat, winkt ab, deutet auf den Kamin und lässt seine gierigen Augen weiter über den Körper der Rothaarigen gleiten. Achselzuckend geht der Hüne zum Kamin und zieht sich eine Bank davor.

     

    Mittlerweile hat der silberzüngige Priester, ein gewisser Pater Stairway – unterwegs im Auftrag der Götter, um den geistlich Armen den Reichtum des Glaubens zu bringen – dem Wirt einen Topf voller Hirschgulasch zu Ehren der Dheis Albi abgeschwatzt und setzt sich nun, mangels eines freien Platzes, ebenfalls an den Kamin, wobei er dem Barbaren ein unsicheres Lächeln schenkt und seine Magennerven ob des infernalischen Gestanks in vorbildlicher Weise unter Kontrolle hält.

    „Ah, Hirschgulasch“, seufzt der müffelnde Titan in seinen mit ranzigen Grützeresten verklebten Bart. „Hab ich seit Jahren nicht gegessen. Ich hab überhaupt seit Jahren nichts gegessen. Nur Haferbrei. Ich hab einen Hunger, ich könnte ein Pferd verspeisen. Und wenn ich Hunger hab, bekomm ich Sodbrennen, und dann kommt dieser stinkende Schluckauf…“

    „Ja, ja, mein Sohn, schon recht“, ruft der Priester mit einem resignierenden Blick auf die dampfende Schale, während er das Kunststück fertigbringt, seinen Gesprächspartner im Auge zu behalten und dennoch seine Nase aus dem üblen Wind zu drehen, der ihm entströmt. „Hier, nimm mein Gulasch.“

    „Ihr seid ein wahrer Mann der Götter, habt Dank!“ Der Hüne macht sich gierig über den Topf her und schaufelt sich das Gulasch mit der linken Hand in den Rachen.

     

    Mittlerweile hat sich auch Riuwen NiCeata, die rothaarige Dame, mit dem Gedanken abgefunden, dass die Bank am Feuer der einzige Platz zu sein scheint, an dem sie vor den Nachstellungen des Wirts sicher sein dürfte. Unter den enttäuschten Blicken ihres Verehrers setzt sie sich mit einem Topf geschnorrten Hirschgulaschs zu den beiden Männern ans Feuer. Nach einer kurzen Weile andächtigen Kauens, die Pater Stairway dazu nutzt, sich als Ersatz für das entgangene Gulasch mit einem Topf des landesüblichen Haferschleims zu versorgen (der angeblich in getrocknetem Zustand Vollrüstungen zu durchschlagen vermag), strahlt der Barbar, der so viel körperliche Nähe offenkundig nicht gewöhnt ist, die beiden an.

    „Ihr habt Durst!“, stellt er fest. „Wirt, eine Runde Bier für mich und meine Freunde!“

    Das schiere Entsetzen im Blick der solchermaßen Geehrten perlt an ihm ab wie Regentropfen an einem frisch gewichsten Lederstiefel. Schließlich beginnt ein angeregtes Gespräch über Religion, in welches sich auch der Schnösel in der edlen Lederrüstung, ein gewisser Rinaldo Cavalcanti aus den Küstenstaaten – unterwegs im Auftrag seines Vaters, um Dokumente an der Universität von Cambrygg zu ergattern – ungefragt einmischt und sich durch diese Fahrlässigkeit unversehens im stetig wachsenden Freundeskreis des Barbaren, der sich mittlerweile als Yngvi Blutaxt vorgestellt hat, wiederfindet. So gibt eine Runde Bier die andere; nach einer Weile schwingt man munter das Tanzbein, und erst, als sich die Gaststube geleert hat, beschließt Pater Stairway schließlich, den Gemeinschaftsschlafraum im Obergeschoss aufzusuchen. Auch Riuwen und Cavalcanti begeben sich zur Ruhe, Letzterer in ein sündhaft teures, aber für ihn offenbar leicht erschwingliches Einzelzimmer.

     

    Nacht. Stille. Und doch… Yngvi schreckt aus dem Schlaf hoch. Ist das Gesang? Aber von wo kommt er her? Der blonde Riese kratzt sich ausgiebig am Gemächt und lauscht dann angespannt. Der Gesang kommt eindeutig aus der Erde! Entsetzen stiehlt sich in den Blick des Barbaren. Was für eine Teufelei ist hier im Gange? Da ist geistlicher Beistand von Nöten! Auf Zehenspitzen eilt er die Treppe hinauf und macht den auch im Dunkeln präsenten Pater ohne größere Probleme im Gemeinschaftsschlafraum aus.

    „Vater, wacht auf! Die Götter singen unter der Erde!“ ruft der Nordling und rüttelt dabei den heiligen Mann an der Schulter.

    Während der Priester noch versucht, aus seinen sicherlich göttergefälligen Träumen in die Realität zurückzufinden, ist die nahebei quartierende Riuwen bereits mit der Geschmeidigkeit einer Katze aufgesprungen und lauscht aufmerksam den etwas wirren Schilderungen des Barbaren. Nun erhebt sich auch Pater Stairway.

    „Was singen sie denn, mein Sohn?“, murmelt er verschlafen.

    „Was… äh, ich hab keine Ahnung; irgendwas Südländisches.“

    „Südländisch?“ Pater Stairways messerscharfer, theologisch geschulter Verstand arbeitet fast hörbar. „Nun, dann lasst uns den Südländer wecken. Vielleicht brauchen wir ihn.“

    Gesagt getan. Auf Zehenspitzen schleichen sich die drei Nachtschwärmer aus dem Gemeinschaftsschlafraum und suchen Rinaldos Zimmer. Dort angekommen, unterbricht Yngvi das sonore Schnarchen, das durch die schwere Eichenholztür nur unmaßgeblich gedämpft wird, durch lautes Klopfen. Kurz darauf öffnet der Glücksritter, leicht verkatert wirkend, die Tür. Schnell macht man ihm die Lage klar. Unterirdische Gesänge? In südländischer Zunge? Rinaldos Interesse ist geweckt.

     

    In der Gaststube angekommen, lauschen die wackeren Abenteurer den seltsamen Geräuschen, die in der Tat aus dem Boden zu dringen scheinen.

    „Scharidisch… oder Meketisch“, bemerkt Rinaldo nach kurzem Überlegen.

    „Meketer… die mit den spitzen Häusern, oder?“ Yngvi Blutaxt beweist seine umfassende Bildung und seinen überlegenen Intellekt. „Haben die etwa so ein spitzes Haus unter dem Gasthaus gebaut?“ Irritierte Blicke seitens der übrigen Anwesenden. Kurzes Schweigen.

    „Äh… sicher nicht, mein Sohn“, bemerkt Pater Stairway schließlich. „Kommt, suchen wir nach einer Falltür!“

    „Schon gefunden, Vater!“ Yngvi hebt mit dem Lächeln des geborenen Genies seinen Schildarm.

    „Nicht diese Falltür, mein Sohn. Eine, die sich noch im Boden befindet.“ Der fromme Pater bedenkt den Nordling mit einem Blick, der üblicherweise für besonders hartnäckige Pickel am Kinn reserviert ist, und wendet sich der Suche zu.

     

    Schließlich entdecken die unfreiwilligen Gefährten eine Falltür hinter dem Tresen. Nachdem er sich vergewissert hat, dass keine vollen Branntweinflaschen Gefahr laufen, beim Öffnen der Falltür zerstört zu werden, reißt der Barbar den Kellereingang auf und äugt ins Dunkle hinab. Der Gesang ist nun deutlich zu hören. Sehr zum Missfallen von Pater Stairway scheint er kultischen Charakter zu haben. Rasch ist eine Kerze entzündet, und die zukünftigen Helden schleichen, soweit ihnen diese Fertigkeit in die Wiege gelegt ist, die Leiter hinab. Unten angekommen finden sie sich in einem geräumigen Keller, der linkerhand eine Türe und rechterhand eine Reihe riesiger Fässer aufweist. Sehr zur Überraschung der Anwesenden liegt die Quelle des Gesangs nicht etwa hinter der Türe, sondern hinter den Fässern.

    „Eine Geheimtür. Irgendwo in den Fässern.“ Mit dem Selbstverständnis eines professionellen Fasstürenentdeckers macht sich Rinaldo Cavalcanti auf die Suche nach dem verborgenen Durchgang, von den Übrigen mit faszinierten Blicken bedacht. Er klopft hier, rüttelt dort und verkündet schließlich im Brustton der Überzeugung, während er auf das Fass in der Mitte deutet: „Dieses hier!“

    „Nun, dann öffnet es, mein Sohn“, erwidert Pater Stairway.

    „Äh, ja. Natürlich.“ Der Glücksritter gibt sein Bestes, unterstützt von der plötzlich überaus eifrigen Riuwen. Doch vergebens.

    „Bah! Fässer öffnet man am Zapfhahn“, ruft der trinkfeste Yngvi siegessicher, drängt die Beiden zur Seite und dreht an selbigem. Und tatsächlich, während sich die höhnischen Blicke seiner Mitstreiter zu ungläubigem Staunen wandeln, öffnet sich die Fassfront und gibt einen Tunnel frei, aus dem nunmehr laut die Gesänge und ein schwaches Leuchten dringen.

     

    Mit dem Mut des Unbedarften schreitet der Nordling in das Fass, dicht gefolgt von Rinaldo Cavalcanti. Vor ihren Augen spielt sich Unglaubliches ab. Eine Gruppe von sieben Vermummten steht singend um einen in den Boden gemeißelten Kreis, der mit seltsamen Diagrammen gefüllt ist. Einer von ihnen, der anhand seiner prachtvollen Robe als Hohepriester des seltsamen Kultes identifiziert werden kann, hält etwas vor seiner Brust. Ein Quieken ist zu vernehmen. Ein kleines Schwein? Ein Kind? Yngvi ist sich unsicher. Ihr Götter, lasst es ein Schwein sein. Der Hohepriester hebt ein entsetzlich gezacktes Messer. Es muss ein Schwein sein! Der Barbar springt nach vorn, hebt brüllend die Streitaxt. Das Messer fährt herab, und das Quieken bricht ab. Der Priester wirbelt herum und gibt den Blick auf einen kleinen, leblosen Körper frei, aus dem Ströme von Blut auf das Diagramm fließen. Der verkrampfte Mund wird nie mehr ein fröhliches Kinderlachen ausstoßen. Von blankem Hass erfüllt, stürzt sich Yngvi auf den Schlächter, während Rinaldo Cavalcanti sich dem nächststehenden Vermummten zuwendet.

     

    Die Luft ist abgestanden und riecht irgendwie pfeffrig. Das Blut des unschuldigen Kindes fließt in den Kreis und läuft die Linien der Diagramme entlang. Neben dem Gesang der Vermummten ist mit einem Mal ein leises, böses Flüstern vernehmbar. Während sich der Hohepriester und der von Cavalcanti Angegriffene gegen die Attacken der beiden Abenteurer zur Wehr setzen, singen ihre verbleibenden Kumpane mit noch größerer und irgendwie gehetzt wirkender Inbrunst.

     

    Pater Stairway und Riuwen erreichen den Ort des Geschehens. Während sich die Frau ohne Zögern ins Kampfgetümmel stürzt, erfasst der fromme Mann mit einem Blick die Tragweite des Geschehens und erbleicht. Eine Dämonenbeschwörung! Voller Entsetzen und ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben stürzt er voran und streckt das heilige Symbol des Gottes Xan über den Kreis. Da fällt sein Blick auf die Diagramme, über die sich langsam und zielstrebig das Blut ausbreitet. Ich muss es aufhalten! Der Priester reißt einen Streifen von seinem Gewand und beginnt, wie ein Irrsinniger an dem Blut herumzuwischen, während einer der Schergen ihn mit wütenden Schlägen und Tritten traktiert. Die Übrigen singen mit immer stärker werdender, an Irrsinn grenzender Hingabe.

     

    Mittlerweile hat der geschickt fechtende Rinaldo einen der Finsterlinge niedergestreckt und wendet sich dem nächsten zu, wohingegen Yngvi und Riuwen ernüchtert feststellen müssen, dass zwischen der moralischen Rechtfertigung ihres Zorns auf die Kinderschlächter und der Treffergenauigkeit ihrer wütenden Schläge eine unselige Diskrepanz zu Gunsten der Bösewichter besteht. Wie auch immer, mit ungebrochenem Eifer hacken und stechen sie auf das zwielichtige Gezücht ein, während Cavalcanti mit an Arroganz grenzender Leichtigkeit den zweiten Vermummten mit seinem lächerlich dünnen Schwert aufspießt.

     

    Plötzlich wird es totenstill. Das Diagramm ist, den Anstrengungen Pater Stairways zum Trotz, vollständig mit Blut gefüllt und leuchtet in unheiligem Licht auf. Die Luft in dem kleinen Raum wird zum Schneiden dick, und eine unglaublich böse Aura breitet sich aus.

    „Flieht“, ruft der Pater verzweifelt aus. „Sie haben einen Dämon beschworen!“

    „Geht voraus“, entgegnet Yngvi, „wir decken euren Rückzug!“

    In stummem Einvernehmen stellt sich Rinaldo neben ihn, und Schulter an Schulter halten sie die Dämonenjünger in Schach, während Stairway und Riuwen durch das Fass entkommen. Die Vermummten geraten in Panik. Einige sinken auf die Knie und stoßen kehlige Formeln in unbekannter Zunge aus, während die Übrigen gegen den Barbaren und den Glückritter anrennen. Nachdem ihre Gefährten in Sicherheit sind, ziehen diese sich ebenfalls durch das Fass zurück und bringen sich in eine günstige Position, um nachfolgenden Bösewichtern einen gebührenden Empfang zu bereiten. Aber es kommt niemand. Eine Minute vergeht. Zwei. Irritiert scharrt Yngvi mit dem Fuß über den Boden. Plötzlich ist aus dem kleinen Raum ein mehrstimmiger, grässlicher Schrei zu vernehmen, gefolgt von einem ekelhaften Geräusch, als würden Körper von Innen nach Außen gekehrt.

    „Es ist keine Schande, vor schwarze Magie zu fliehen“, wimmert der Nordling, der als erster die Sprache wiederfindet. „Schnell, wir müssen die Leute warnen!“

    Ohne Zögern steigen die Abenteurer die Leiter hinauf und stürmen schreiend zu den Schlafräumen. Der Wirt, welcher sich ihnen zunächst aufgebracht in den Weg stellt, wird durch die grauenhaften Geräusche, die immer lauter aus dem Keller dringen, eines Besseren belehrt. Alles rennt, rettet, flüchtet. Auch die Abenteurer raffen ihre spärliche Habe zusammen und verlassen eiligen Schrittes das Gasthaus, welches hinter ihnen in Flammen aufgeht. Hinterher wird sich niemand mehr daran erinnern können, wie das Feuer ausgebrochen ist. Aber in dieser Nacht brennt die Schwarze Klause bis auf die Grundmauern nieder. Und Niemand weiß, welches uralte Böse in seinen Gewölben geweckt worden ist und ob es den Flammen entkommen konnte.

     

    Ein kühler Morgen Herbst. Über den Ruinen des alte Wirtshauses, an dessen ursprünglichen Namen sich schon lange niemand mehr erinnert und das schon gestanden haben soll, bevor der Urahn des ersten Seemeisters auch nur daran dachte, eine Formel zu wirken und sehr lange, bevor der erste barbarische Krieger aus Clanngadarn seinen Fuß auf das Gebiet des heutigen Alba setzte, liegt zäher Bodennebel. Die Landbevölkerung in der Umgebung meidet diesen Ort und nennt ihn hinter vorgehaltener Hand das „Schwarze Loch". Man munkelt, dass sich ein uraltes Gangsystem unter den verkohlten Trümmern befindet, in dem unglaubliche Schätze auf den wagemutigen Abenteurer warten, der es auf sich nimmt, den Mächten des Bösen zu trotzen, die dort lauern. Aber das interessiert die kleine Gruppe frischgebackener Helden, die fröhlich pfeifend auf Schusters Rappen die Straße nach Corinnis entlang trabt, derzeit noch herzlich wenig.


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