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Roll Inclusive - Diversity und Repräsentation im Rollenspiel


Fimolas

Empfohlene Beiträge

Hallo!

Letztes Jahr erschien bei Feder & Schwert die Aufsatzsammlung Roll Inclusive - Diversity und Repräsentation im Rollenspiel. Nähere Informationen hierüber findet man hier: Uhrwerk Verlag

Der Klappentext umreißt die behandelte Thematik wie folgt:

Zitat

Sich mit den Protagonist*innen unserer Lieblingsromane identifizieren zu können, sich auf Buchcovern und Illustrationen und in den Gesellschaften phantastischer (Rollenspiel-)Welten wiederzuerkennen, ist für viele Leser*innen und Rollenspieler*innen ganz selbstverständlich.

Aber welche Erfahrungen machen People of Color, queere Menschen, Menschen mit Behinderung oder Mitglieder anderer marginalisierter Gruppen, wenn sie phantastische Literatur oder Rollenspielbücher und Settingbeschreibungen lesen? Warum ist es wichtig, sich repräsentiert zu sehen? Welche Auswirkungen kann mangelnde Repräsentation für den Einzelnen, aber auch für die Community und die Gesellschaft haben? Was haben wir durch mehr Vielfalt zu gewinnen?

Den Ansatz einer Antwort soll dieser Essay-Band geben. Sechzehn renommierte deutschsprachige und internationale Autor*innen nehmen sich verschiedener Themen an: Wie kann eine respektvolle Darstellung von diskriminierten Personengruppen in Produkten und am Spieltisch aussehen? Wie kann kultursensibler Weltenbau gelingen und wie wichtig ist dabei historische Korrektheit? Wie zugänglich ist das Pen-&-Paper-Rollenspiel und wie ist es um die Barrierefreiheit am Spieltisch und in der Kommunikation bestellt? Ein Toolkit mit praktischen Tipps zur Umsetzung und eine Sammlung von eigens entwickelten Nano-Games runden das Buch ab und sorgen für einen hohen Mehrwert für Spieler*innen und Spielleiter*innen.

Im Rahmen einer umfangreichen Rezension habe ich mich mit diesem Buch auseinandergesetzt. Bevor ich mich nun jedoch hier darüber auslasse, interessiert es mich, ob noch andere MIDGARD-Spieler es gelesen und sich ebenfalls eine Meinung dazu gebildet haben.

Mit freundlichen Grüßen, Fimolas!

Bearbeitet von Fimolas
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Ich habe es auszugsweise gelesen, viele theoretische Ansätze, die verarbeitet wuden, waren mir bereits aus dem Studium vertraut. Eine breitere Auseinandersetzung mit der Thematik innerhalb der Rollenspielszene halte ich für längst überfällig, daher begrüße ich die Publikation ungemein. Wobei mir der Repräsentationsaspekt alleine zu dürftig erscheint. Das kann ein erster Schritt sein, reicht aber für die Problematisierung der Reproduktion von gruppenbezogner Menschenfeindlichkeit in der Populärkultur m. E. nicht aus.

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Ich hatte auf... Hmm.. Feencon oder Dreiceich letztes Jahr den dazugehörigen Vortrag gehört. Dass das Buch mittlerweile erschienen ist, ging an mir irgendwie vorbei. Danke @Fimolas Ist bestellt.

Ich hab gemischte Gefühle. Ich kann durchaus den Hintergrund verstehen und viele der Argumente nachvollziehen. Allerdings teile ich einige nicht. 

Die Frage ist, wie möchte ich als Spieler (bzw. Gruppe) eine historische Gesellschaft darstellen. In wie weit möchte ich z.B. Fremdenfeindlichkeit darstellen. Wenn ich meinen Bulugi spiele, bin ich regelmäßig genervt, wenn seine Hautfarbe z.B. in Albe keine Rolle spielt. Wenn er genauso behandelt wird wie der Abenteurer z.B. aus Erainn. Ich will diesen Unterschied fühlen. Deswegen spiele ich einen Exoten in Alba. 

Ich spiele ebenso einen offen bisexuellen Erainner. Mich stört es, wenn das nicht zu Konflikten führt, wenn er in einer Gegend ist, die Probleme mit homosexuellen Partnerschaften hat. Ich spiele so eine Figur gerade WEIL ich die Reaktionen in der Spielwelt erleben will.

Gehen wir in ein historisches Setting. Abenteuer 1880: Ich spiele 1880, damit ich das Gefühl einer (möglichst) realistischen Darstellung der Spielwelt erleben möchte. Mit all den Ressentiments aus dieser Zeit. 

Das betrifft das große Ganze. Auf der anderen Seite finde ich es auch gut, wenn es die starken Frauenfiguren gibt. Oder Homosexuelle Paare, die nicht in Klischees abdriften. Das muss aber alles dem historischem Setting entsprechen. Was anderes wäre für mich beliebig. 

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vor 5 Stunden schrieb Fimolas:

Nähere Informationen hierüber findet man hier: Uhrwerk Verlag

Leider jetzt schon nicht mehr. "Dieser Artikel ist leider nicht mehr verfügbar!"

Bleibt aktuell nur Amazon? Oder gibt es irgendwo noch Bezugsquellen? Bei Amazon gibt es doch ein eBook, warum bietet Uhrwerk das nicht auch an, wenn die Druckausgabe vergriffen ist?

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Ich werde mir das Buch auch holen, allein um mal zu sehen, wo meine blinden Flecke sind. Abds gemischten Gefühle teile ich. Einerseits möchte ich rassistische, sexistische und ...istische Vorurteile ausmerzen, andererseits möchte ich auch keine regenbogenfarbene-emanzipatorische Musterwelten entwerfen, in denen man vorrangig erst mal lernt, ein besserer Mensch zu sein.

Die Zahl der Fettnäpchen ist auch dank Hollywood einfach hoch:

Natürlich ist es blöd, wenn in einem japanisch- chinesischem Nationaldrama trotzdem ein Tom Cruise oder Keanu Reeves oder Matt Damon die Hauptrolle haben. Genau so blöd ist aber auch, wenn gefühlt in jedem Wikingerschiff ein Asiat und ein Afrikaner mitfahren müssen.

Was ich bedenkenswert finde ist die James-Bond-Masche, nach der fast jeder Bösewicht eine Narbe oder körperliche Beeinträchtigung hat. Usw. Und die Guten sind oft makellos.

Ich möchte auch keine Großstadt-21.Jahrhunderts-Toleranz in jedes abgelegene Dorf transportieren, andererseits hat es früher auch queere Leute gegeben und wenn vielleicht auch über lange Zeit keine öffentliche Akzeptanz, dann doch wenigstens einen Modus des geduldeten und geregelten Zusammenlebens.

Ich habe zumindest den Anfang dieses monsterlangen Videos gesehen und es hat mich berührt, wie sehnsüchtig in den 80gern damals jugendliche RollenspielerInnen nach jeder Chance gegriffen haben, auch in einer Fantasywelt positiv besetzte Vorbilder zu finden, die ungefähr so aussahen wie sie. Fast 35 Jahre weiter sollte das eigentlich selbstverständlich sein. Und wo oder wie ist genau "weiter"?

Und da hätte ich halt meine Anfragen an den Dauerspielort Alba. Und ich wüsste nicht, wie lustig es für einen dunkelhäutigen Spieler wäre, jetzt auch noch einen begafften bulugischen Abenteurer zu spielen. Oder wie lustig es für eine Spielgruppe mit Spielleiter wäre, in so eine Situation reingesteuert zu haben. Andererseits: Auch schräg, wenn ein einbeiniger, homosexueller Transgenderpersonen-Medjen*e/in im Clownskostüm auf einem Zebra durch Alba reitet und keiner guckt vom Rübenhacken hoch. Es ist einfach schwierig.

In deiner Gruppe kannst du das regeln oder anpassen, aber wenn du ein Abenteuer oder Quellenbuch schreibst?

Bei Splittermond haben sie eine quasihistorische Erklärung, warum alle humanoiden Gruppen so sauber gemischt sind. Aber ist das sinnvoll, das für jede Spielwelt ähnlich zu machen? Und wenn ja, ist das nicht ahistorisch und irgendwie auch öde? Und wenn nicht, gerätst du dann in diskriminierende Fahrwasser?

Frauenrechte und Gleichberechtigung waren in früheren Zeiten nicht gerade verbreitet Thema. In unsicheren, kriegerischen Zeiten und unter feudalen Bedingungen befürchte ich eine weit höhere Gefahr für Frauen, einer Vergewaltigung zum Opfer zu fallen. Folter und Gewalt herrschten  im Mittelalter auf einem extrem krassen Niveau, das wir uns zur Zeit in Deutschland nicht denken können. Will irgendwer das realistisch darstellen? Oder an seiner Spielfigur ausgeführt sehen?

Wirklich viele, viele Fragen, über die ich viel genauer und tiefgreifender nachdenken will. Ich hoffe, das Buch hilft mir dabei.

Ich würde mich über ein kleines Vorab-Fazit von Fimolas freuen. Auch als Appetitanreger für die richtige Rezi.

 

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44 minutes ago, Nadrarak said:

Leider jetzt schon nicht mehr. "Dieser Artikel ist leider nicht mehr verfügbar!"

Bleibt aktuell nur Amazon? Oder gibt es irgendwo noch Bezugsquellen? Bei Amazon gibt es doch ein eBook, warum bietet Uhrwerk das nicht auch an, wenn die Druckausgabe vergriffen ist?

Hier die Infoseite gecachet:

https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:t2H87DDP1P0J:https://shop.uhrwerk-verlag.de/romane/1155/roll-inclusive-diversity-und-repraesentation-im-rollenspiel+

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Patric sagt, dass es das noch gibt. Auf der Shopseite steht jetzt auch "Im Zulauf". 

Im Zweifel gerne an die sehr freundlichen Mitabeiter:innen des Uhrwerk Verlages wenden. Da werden Sie geholfen!

Roll Inclusive: Diversity und Repräsentation im Rollenspiel

Ich finde das Buch persönlich sehr wertvoll und finde, dass dort eine Menge Denkanstöße enthalten sind. Daneben auch eine kleine Einführung in Diversity unabhängig vom Rollenspiel sein kann.

Mir persönlich hat es sehr geholfen, mein Verständnis um weitere Perspektiven zu erweitern. Was nicht bedeutet, dass ich allem dort geschriebenen vorbehaltlos folge. Das ist auch gar nicht das Ziel dahinter. Sondern imho der Aufruf, sich selbst und sein Handeln zu hinterfragen und offen für andere Sichtweisen zu sein. 

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Hallo Eleazar!

Am 8.11.2020 um 18:36 schrieb Eleazar:

Ich würde mich über ein kleines Vorab-Fazit von Fimolas freuen. Auch als Appetitanreger für die richtige Rezi.

Ich bin gerade dabei, einen Kontakt zu den Autoren aufzubauen. Es erscheint mir höflich und angemessen, ihnen zuerst eine Rückmeldung zu geben, bevor ich mich hier damit auseinandersetze. Anschließend jedoch werde ich hier meine Eindrücke zusammenfassen. Die mehrseitige Gesamtrezension wird es dann wohl in der nächsten Ausgabe des DDD geben.

Liebe Grüße, Fimolas!

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vor 9 Stunden schrieb Fimolas:

Ich bin gerade dabei, einen Kontakt zu den Autoren aufzubauen. Es erscheint mir höflich und angemessen, ihnen zuerst eine Rückmeldung zu geben, bevor ich mich hier damit auseinandersetze. Anschließend jedoch werde ich hier meine Eindrücke zusammenfassen. Die mehrseitige Gesamtrezension wird es dann wohl in der nächsten Ausgabe des DDD geben.

Ich bin echt gespannt. und die Herausgeber:innen sind an sich sehr zugänglich. Ich hab schon ein paar mal mit Frank gespielt. Das ist total toll. 

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Hallo!

So, dann möchte auch ich mich einmal zu dem hier behandelten Buch äußern. Hierzu ziehe ich einfach die mir am wichtigsten erscheinenden Punkte aus meiner Rezension heraus, wobei einleitend festgehalten werden muss, dass diese dadurch zwangsläufig in vielen Fällen nur verkürzt dargestellt werden.

Wie der Titel bereits nahelegt, befasst sich die Aufsatzsammlung mit der Frage nach der Darstellung oder Sichtbarmachung von Vielfalt im Rollenspiel. Dabei gliedern sich die insgesamt 17 Beiträge verschiedener Autoren in folgende drei Kategorien:

1. theoretische Grundlagen, Hintergründe und Überlegungen zum Thema Repräsentation im Rollenspiel
2. spezifische Perspektiven und (Heraus-)Forderungen für eine angemessene Repräsentation
3. Rollenspielpraxis und Umsetzung

Ich habe mich dazu entschieden, dieses Buch zu lesen, weil es mich reizte, das aktuell in der gesellschaftlichen Debatte seit Jahren präsente Schlagwort der Diversität auf das mir überaus bekannte Themengebiet der Rollenspiele angewandt zu sehen. Es war spannend für mich, wie man daran die eigene Erlebniswelt dieses Hobbys reflektieren könnte.

Die Ausführungen enthielten in Summe viele Dinge und Hinweise, die mir als aufgeklärter und sozialisierter Leser bereits vorab bekannt waren und auch zu meinem Kanon eines positiven gesellschaftlichen Miteinanders gehören. Einzelne Punkte jedoch waren durchaus erhellend, darunter ausdrücklich folgende Fragestellungen:

- Wie wirkt es auf Spieler mit Migrationshintergrund, wenn die verwendeten und vermeintlich fantastischen Namen exotischer Kulturen den tatsächlichen Namen ihrer Großeltern entsprechen?
- Wo liegt die Schwelle in der Wahrnehmung kultureller Aneignung?
- Wie wirkt ein Rollenspiel, wo man sich für Benachteiligungen wie etwa Blindheit, geistige Instabilität oder ein ausgeprägtes Stottern Vorzüge bei der Charaktererschaffung kaufen kann, auf behinderte Spieler mit ebensolchen realen Einschränkungen?
- Welche Rolle spielt vermeintliche Historizität und warum handelt es sich dabei lediglich um perspektivische Authentizität?

Vor diesem Hintergrund hat mich das Buch durchaus zum Nachdenken angeregt. Allerdings ging ich bei vielen Sichtweisen nicht mit den Autoren konform, obwohl ich ganz eindeutig betonen möchte, dass es auch für mich selbstverständlich ein wichtiges Anliegen ist, Rollenspiel als unser gemeinsames Hobby grundsätzlich für jeden Interessierten zugänglich zu machen. Folgende Kernaussagen halte ich für problematisch:

- Nicht repräsentierte Gruppen fühlen sich nicht dazugehörig und werden daher von unsensiblen Rollenspielen abgestoßen: Hier habe ich meine Probleme mit der Definition marginalisierter Gruppen, die pauschal über einzelne Merkmale (z. B. dunkle Hautfarbe oder Homosexualität) definiert und damit zu Opfergruppen erklärt werden, obwohl die Hautfarbe oder sexuelle Orientierung aus meiner Sicht nur einzelne Facetten einer deutlich vielschichtigeren Persönlichkeit darstellen, die man einzeln nicht derart überbetonen sollte; meine eigenen Erfahrungen mit Mitspielern derart deklarierter Opfergruppen war einzig durch das gemeinsame Interesse am Spiel gegeben, die vermeintlichen Opfermerkmale spielten bei uns gar keine Rolle
- Marginalisierte Gruppen sollten stärker repräsentiert werden: Gerade das Beispiel der sexuellen Orientierung zeigt für mich eindeutig, wie schwierig und wenig zielführend es ist, denn die sexuelle Orientierung der allermeisten von mir als Spielleiter repräsentierten Nichtspielerfiguren wird gar nicht definiert, weil es für den Spielrahmen schlicht unerheblich ist; würde man nun hier einseitig in die Darstellung eingreifen, erhielte das ganze Thema der sexuellen Orientierung eine übermäßige Bedeutung, die dem eigentlichen Spielverlauf nicht mehr gerecht wird; außerdem lassen nicht definierte Aspekte Freiraum für die (unterschiedlichen) Vorstellungen der Spieler am Tisch
- Die unreflektierte Übernahme von stereotypen Figuren wird kritisiert: Hier wird leicht übergriffig und unterschwellig zwischen gutem und schlechtem Rollenspiel unterschieden (geht es darum, zeitgemäß aufgeklärten Spielern eine spielerische Umsetzung ihrer gesellschaftlich angestrebten Realitäten zu ermöglichen, oder will man anderen Spielern erklären, wie man – vermeintlich – besser spielt?), wobei die Spieler in der Wahl ihrer Spieltypen meines Erachtens frei sein sollten; auch die vielfach geforderte Authentizität in der Darstellung der Figuren erscheint mir fragwürdig, denn wer will sich anmaßen, darüber zu urteilen, welche Darstellung nun authentisch ist und welche nicht?

Gerade vor dem hier kurz angerissen Kontext habe ich folgende Fragestellungen vermisst:

- Wie steht man dazu, wenn ein Spieler als Mitglied einer marginalisierten Gruppe ganz bewusst eine "platte" Klischeerolle im Spiel verkörpern möchte, um seinen realweltlichen Problemen dadurch für kurze Zeit zu entfliehen? Unterstellt man auch diesem, dass hierdurch "falsche Rollen" eingeübt werden? Warum wird dieser Aspekt des Rollenspiels - also das Wechseln in gänzlich andere Rollen und damit verbundene Denkmuster und -strukturen - kaum beleuchtet?
- Wie hoch sollte die Darstellung marginalisierter Gruppen eigentlich sein, um als ausreichend empfunden zu werden?

Abschließend war ich zwar froh darüber, mich einmal derart intensiv mit der Thematik in einem mir gut bekannten Freizeitbereich auseinandergesetzt zu haben, doch hätte ich mir eine weniger einseitige Darstellung beziehungsweise eine inhaltlich breiter aufgestellte Autorenschaft mit dann weiterem Blickwinkel gewünscht. Letztlich läuft es nämlich auf den Standpunkt hinaus, dass man das realweltlich angestrebte Gesellschaftsbild durch eine Spiegelung in die Spielwelt den Spielern begreifbar macht. Diesen edukativen Charakter lehne ich beim Rollenspiel grundsätzlich ab und setze dem entgegen, dass jeder Spieler im Spiel zwangsläufig seine eigene Weltsicht transportiert. Es ist dieses Spiegelprinzip, das dazu führt, dass Kritik an der Darstellung im Spiel somit auch zwangsläufig bis zu einem gewissen Punkt Kritik an der Haltung des jeweiligen Spielers ist. Vor diesem Hintergrund empfinde ich eine Einflussnahme auf die Spielwelt, wie sie von den Autoren propagiert wird, zwar als nachvollziehbar, aber wenig zielführend.

Mit freundlichen Grüßen, Fimolas!

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  • 1 Monat später...

Hallo!

Ich lese mit Zumutungen - Wissenschaft in Zeiten von Populismus, Moralisierung und Szientokratie gerade ein Buch von Peter Strohschneider, dem langjährigen Wissenschaftsratsvorsitzenden und Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Auch wenn er sich thematisch auf einem deutlich anderen Gebiet bewegt, äußert er sich hinsichtlich der zunehmenden Moralisierung im universitären Kontext auch zur Frage der diversity - und zwar auf eine Weise, die meine Schwierigkeiten mit der aktuellen gesellschaftlichen Debatte wunderbar aufgreift und verdichtet, weshalb ich hier gerne seine Quintessenz zitieren möchte (S. 228):

Zitat

Der Diskurs der diversity klagt Anerkennung für die entscheidenden Unterschiede just in jenem Maße ein, in welchem er sie allen anderen, nicht-entscheidenden Unterschieden gerade versagt.

So gesehen ist diversity - in diesem konformistischen Sinne verstanden als Kanalisierung von Vielfältigkeit zu einem kleinen Kanon privilegierter Unterschiede [gender/sex, race, mit deutlich geringerer Aufmerksamkeit auch class (s. S. 226f.)] - das Gegenteil dessen, was meine Überlegungen als die Zumutungen von Pluralismus zu beschreiben und [...] zu verteidigen suchen: Die Anerkenntnis einer dezentralen Ordnung, in und von der man weiß, dass ihre Komplexität keineswegs aus einem einzigen Perspektivpunkt in den Blick zu bringen ist [...]

Mit freundlichen Grüßen, Fimolas!

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Interessante Textstelle. Ich habe mir das Buch zum Geburtstag gewünscht und stecke gerade im zweiten Kapitel. Ich kann deine Schwierigkeiten wunderbar nachvollziehen. Ich sehe in dem Buch* (bislang)/ in dem Thema/ in der Diskussion wichtige Anregungen und Gedanken und überwiegend auch bedeutsame Problemanzeigen, gleichzeitig aber auch zumindest zwischendrin haarsträubende Schlüsse und Konsequenzen.

Fast immer hat das mit der strategischen Nutzung der aufgezeigten Probleme  zu tun: Beanspruchung eine höheren moralischen, unangreifbaren Standpunkts; Beanspruchung einer alleinigen Definitionsmacht über einen Sachverhalt oder ein Thema; die subjektive Wahl der entscheidenden Kategorien und die freie Entscheidung meiner Zugehörigkeit dazu; kategorische Mundtotmachung und Abqualifizierung von Personen mit inhaltlich gegensätzlichen Positionen; das Ganze gepaart mit einer offensichtlichen Rosinenpickerei.

Genau das - und nicht die Wahrnehmung der und die Ablehnung von Diskriminierung von Minderheiten** ist ja das, was Dieter Nuhr*** zum Beispiel regelmäßig aufregt und was er aufs Korn nimmt: Wenn ich mich grundsätzlich frei von sozialen und biologischen Gegebenheiten vollkommen selbst definieren könnte, dann könnte ich mich auch als junge Frau vom Stamm der Apachen definieren und wäre erhaben über alle Kritik an den alten, weißen Männern und am deutschen, historischen Erbe gleich mit dazu. Dass solche eine allgemeine Wahlfreiheit in der Identitätsbildung über den sinnvollen Bereich bei Transgendermenschen hinaus gewaltig ausufert und beliebig wird und dann sicher auch nicht nur aus hehren Motiven erfolgt, scheint offensichtlich.

Und dann folgt daraus gesellschaftlich eine verheerende Konsequenz: Wenn sich eine linke Bildungselite in ihrem emanzipatorischen Bestreben nur noch auf solche Identitätsthemen konzentriert und auffällig die eigenen Privilegien (Bildung, hohes Einkommen) aus dem Blick lässt, dann darf sie sich nicht wundern, wenn sie wie in den USA die unterprivilegierte ArbeiterInnenschaft (und inzwischen auch nicht nur die weiße) an rechte PopulistInnen verliert.

Um mal wieder auf das Thema Rollenspiel einzubiegen: Ich habe in den letzten Monaten mal verstärkt die Diskussion auf Orkenspalter TV angeschaut. Vieles leuchtet mir ein und ich möchte weder im Rollenspiel noch beim Schreiben dafür sexistische, rassistische und anders finstere Ressentiments und Klischees weitertragen, merke aber auch, wie mich dieses Denken und das "Was denken die anderen"-Denken lähmt. Natürlich stehen Orcs in rassistischer Art und Weise für grundsätzlich verzichtbare Humanoiden, die man nicht erst nach ihrer Gesinnung, ihren Motive oder ihrer schweren Kindheit fragen muss. Aber wäre das bei Strauchdieben nicht genau so? Und müsste man nicht konsequent das Rollenspiel von jeglicher Gewalt reinigen, wenn man wirklich verantwortlich zum Entstehen einer besseren Welt beitragen wollte? Aber sollen wir dann etwa SozialarbeiterInnen spielen und Sauron therapieren?

Zu allem anderen: Aus der Medienwirkungsforschung weiß ich, dass der gern behauptete Zusammenhang zwischen Gewaltsdarstellungen und Gewaltbereitschaft absolut nicht zu halten ist. Sogar die Nazis waren recht pingelig und zurückhaltend bei Gewaltdarstellungen und deren Verfügbarkeit für Kinder und Jugendliche und schafften eine Eskalation realer Gewalt in ungeahnten Ausmaßen. Noch in den 50er bis 60er Jahren galten Richtlinien für den Jugendschutz in Filmen, über die wir heute nur noch lachen. Prügeleien unter Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen waren hingegen an der Tagesordnung. Vielleicht hilft es ja auch im Rollenspiel, negative und destruktive Emotionen in gewissen Grenzen auszuleben, um sich im realen Leben genau davon zu befreien.  Vielleicht ist Rollenspiel als unaufgeräumter Abenteuerspielplatz mehr wert, als wenn wir mit unserem Wissen aus Pädagogik und Psychologie und Therapie dort Unkraut zupfen.

Vielleicht sollten die "Eltern" mal draußen bleiben und uns in unserem Kinderzimmer machen lassen. Auch die "Eltern" in meinem Hinterkopf.

Pluralismus bedeutet Zumutungen. Ich weiß nicht, was der Autor dazu geschrieben hat, aber meine Meinung ist: Es ist unsere Aufgabe, mit diesen Zumutungen umgehen und leben zu lernen und das Beste daraus zu machen. Unsere Aufgabe ist nicht, diese Zumutungen alle aus dem Weg zu räumen. Denn wenn meine Grenzen definieren, welches Maß oder welche Ausprägung von Populismus noch hinzunehmen sind, ist das der Anfang vom Ende des Pluralismus.

 

 

* Das Buch nehme ich nach den paar Seiten mal raus aus der Wertung. Ich will nicht so tun, als wüsste ich jetzt schon, wie sich das konkret weiter entwickelt.

** Minderheiten nicht zwingend im quantitativen Sinne, sondern in Bezug auf die Macht und Definitionsmacht in der gesellschaftlichen Teilhabe. Sonst wären zum Beispiel Frauen ja keine "Minderheit", sondern die Mehrheit.

*** Man muss ihn ja nicht gut finden, aber ihn als Agenten der Reaktion und des Chauvinismus darzustellen, ist ... typisch für eine gefährlich immer mehr missratende Diskussionskultur.

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  • 1 Monat später...

So, ich habe das Buch seit ein paar Wochen durch und bin sehr zwiegespalten. Einerseits fand ich es streckenweise erhellend und einen viel zu selten gemachten Blick aufs Rollenspielhobby. Andererseits kann ich mich kaum erinnern, jemals ein derart belehrendes und besserwisserisches Buch gelesen zu haben.

Vorneweg: Ich sehe den Ansatz der Identitätspolitik, deren Haltung und deren Grundthesen zusehends kritischer. Ich glaube, da wurde eben nicht der Hebel zur Erlangung einer besseren Welt gefunden, sondern da läuft sehr, sehr viel Energie letztlich auf ein totes Gleis. Die materiellen Probleme und Entstehungs- und Lebensbedingungen aller Marginalisierten werden ignoriert, stattdessen wird ein Anligen der Eliten der Marginalisierten in Zentrum linker Politik gerückt. Interessanter Essay dazu im Spiegel von Bernd Stegemann im SPIEGEL 2/2021 S. 110f.

Und Roll Inclusive ist quasi die direkte Übertragung der Identitätspolitik aus der linken universitären Gesellachaftsdebatte auf das Rollenspielhobby.

KeinE AutorIn kommt ohne den Hinweis aus, in ihrem/seinem Aufsatz nicht belehren zu wollen. Aber dann passiert bei der Handlungsanleitung doch praktisch nichts anderes. Und dann immer mit dem tiefsten Brustton der identitätspolitischen Überzeugung. Und der Koloss steht nach meinem Geschmack aber einfach auf tönernen Füßen. Das Buch stellt meines Erachtens die richtigen Fragen, kommt dann aber und auch immer wieder mal recht überheblich mit den falschen Antworten. Was ich als alter weißer Mann aber nicht nicht sagen kann, weil ich ja von dem Thema strukturell keine Ahnung und mich da auch nicht reindenken kann. Ihr seht das Problem.

Ein für mich wichtiger Punkt: Die Verzweckung des Rollenspiels. Ich kenne das Rollenspiel aus zwei Kontexten. Einerseits als freies, durchaus lehrreiches Spiel. Das geht bei Kleinkindern los, die sich in ihre Traumwelten begeben und das rettet sich in adulter Form in unsere eskapistischen Spielabende. Natürlich lernen wir beim Rollenspiel auch was. Wir spielen ja selbst mit unserem Fantasyzerrspiegel quasi immer noch eine Variante des echten Lebens durch. Selbst der brave Verwaltungsfachangestellte lernt so, wie man in einer Halborchafenkneipe oder in der Dorfbikerbar ein Bier bestellt, ohne dafür sterben zu müssen. Usw. Deshalb ist uns Menschen ein Spieltrieb angeboren. Aber Kinder spielen nicht, weil sie etwas lernen wollen, sondern weil es ihnen Spaß macht. Und weil sie etwas lernen sollen, macht das Spielen Spaß. Sorum funktioniert die Chose, aber nicht anders rum: "Ich habe Lust, was zu lesen!" "Dann lies doch ein Biobuch, damit du schlauer wirst".

Der zweite Kontext des Rollenspiels liegt für mich in der Pädagogik und in der Psychologie. Um in Gewaltsituationen selbstbestimmt reagieren zu lernen, spiele ich in einem Anti-Gewalt-Workshop die Szene "Ärger auf den Schützenfest". Um mein Problem mit meiner Kollegin in den Griff zu kriegen, stelle ich in der Supervision die "Szene am Kopierer" nach. Um meine Fähigkeiten als Jugendleiter zu trainieren spiele ich "Pia mobbt Sina und du kommst dazu". Auch solche Rollenspielsituationen in einem Kurs können Spaß machen. Aber darum spielen wir das nicht durch. Und wir treffen uns auch nicht einmal in der Woche, um zu sehen, wie die Sache mit Pia und Sina weitergeht.

Viele Aufsätze in Roll Inclusive haben sich aber das Lernen durch Rollenspiel auf die Fahnen geschrieben. Im Prinzip ist das ganze Buch eine einzige pädagogische Bemühung. Immer geht es darum, ein besserer Mensche zu werden oder zumindest kein schlechter Mensch zu sein. Und so wird jeder Rollenspielabend zu einer Lehrstunde. Aber um zu lernen oder um ein guter Mensch zu sein, muss ich mich im Rollenspiel nicht vorbildlich oder tugendhaft oder irgendwie korrekt verhalten. Wir nehmen aus dem Rollenspiel nicht einfach Verhalten rüber in unsere Welt. Vielleicht hat Rollenspiel im Gegenteil sogar einen katharsischen Effekt, indem man mal das Böse in sich von der Kette lässt. Wenigstens das kleine Böse. Ich verweise mal auf die ganze unsägliche Debatte in der Medienwirkungsforschung zum Thema Gewalt.

Dabei muss ich für das Buch eine Lanze brechen: JedeR Rollenspiel- oder FantasyautorIn sollte das Buch gelesen und zumindest seine Sensorium für die Themen geschärft haben. Denn die AutorInnen legen die Gleise oder bauen die Landschaft, durch die sich die LeserInnen später bewegen. Und da ist es etwas ganz anderes, ob es zum Beispiel eine chauvinistische oder rassistische Kultur auf der Spielwelt gibt oder ob die ganze Spielwelt mit einer chauvinistischen oder rassistischen Brille gezeichnet wurde. Und da sind Fragen wie: "Sind PoC immer nur mit einem Speer oder auch mal mit einem Buch abgebildet" richtig Gold wert.

Aber für die SpielerInnen würde ich doch eher sagen: "Lest euch das Buch durch, stellt es ins Regal und dann spielt, ohne groß nachzudenken, wie ihr wollt. Und versucht außerdem sowieso auch immer, gute Menschen zu sein." 

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Am 8.11.2020 um 15:59 schrieb Abd al Rahman:

Ich hatte auf... Hmm.. Feencon oder Dreiceich letztes Jahr den dazugehörigen Vortrag gehört. Dass das Buch mittlerweile erschienen ist, ging an mir irgendwie vorbei. Danke @Fimolas Ist bestellt.

Ich hab gemischte Gefühle. Ich kann durchaus den Hintergrund verstehen und viele der Argumente nachvollziehen. Allerdings teile ich einige nicht. 

Die Frage ist, wie möchte ich als Spieler (bzw. Gruppe) eine historische Gesellschaft darstellen. In wie weit möchte ich z.B. Fremdenfeindlichkeit darstellen. Wenn ich meinen Bulugi spiele, bin ich regelmäßig genervt, wenn seine Hautfarbe z.B. in Albe keine Rolle spielt. Wenn er genauso behandelt wird wie der Abenteurer z.B. aus Erainn. Ich will diesen Unterschied fühlen. Deswegen spiele ich einen Exoten in Alba. 

Ich spiele ebenso einen offen bisexuellen Erainner. Mich stört es, wenn das nicht zu Konflikten führt, wenn er in einer Gegend ist, die Probleme mit homosexuellen Partnerschaften hat. Ich spiele so eine Figur gerade WEIL ich die Reaktionen in der Spielwelt erleben will.

Gehen wir in ein historisches Setting. Abenteuer 1880: Ich spiele 1880, damit ich das Gefühl einer (möglichst) realistischen Darstellung der Spielwelt erleben möchte. Mit all den Ressentiments aus dieser Zeit. 

Das betrifft das große Ganze. Auf der anderen Seite finde ich es auch gut, wenn es die starken Frauenfiguren gibt. Oder Homosexuelle Paare, die nicht in Klischees abdriften. Das muss aber alles dem historischem Setting entsprechen. Was anderes wäre für mich beliebig. 

Historisch betrachtet, gibt es durchaus Menschen, die zumindest eher im Geheimen homosexuell waren und natürlich einen Haufen unangepasster Frauengestalten.... Man muss nur richtig hinschauen.

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vor 1 Stunde schrieb Alas Ven:

Historisch betrachtet, gibt es durchaus Menschen, die zumindest eher im Geheimen homosexuell waren und natürlich einen Haufen unangepasster Frauengestalten.... Man muss nur richtig hinschauen.

Das war auch noch mal interessant in dem Buch: Wovon ist eigentlich unser Bild geprägt von: "Wie waren eigentlich die gesellschaftlichen Verhältnisse 1880 oder im Frühmittelalter?"

Wenn man sich nicht wirklich ernsthaft und tiefgehend damit beschäftigt, dann gilt ja meist:

Erstmal ja meist gar nicht aus irgendwelchen seriösen historischen Quellen, sondern aus irgendwelchen Filmen und Romanen, die ja allesamt kein realistisches Bild darstellen müssen. Besonders nicht bezüglich der Rolle der Frau. Und selbst historische Werke und selbst Quellen, vor allem wenn sie schon etwas älter sind, können schnell mal patriarchal oder imperialistisch-kolonialistisch und rassistisch geprägt sein.

Und der letzte Punkt ist: Will man denn überhaupt den Alltag des Mittelalters oder der Kaiserzeit spielen oder eine abenteuerliche Variante? Und dann hat man auf einmal jede Menge Freiheiten.  Das muss ja nicht heißen, dass jedes Dorf in den Highlands seine queere community haben muss oder sollte.

Aber man darf sich nicht vertun, was alles ging und gegangen ist, auch in der tiefsten Provinz. Ich habe mal vor rund zehn Jahren mit Leuten aus dem Dorf bei mir (OK, einige sind auch zugezogen aus Hamburg und Berlin, aber das machte nicht den Unterschied) mit richtig alten Leuten (80+) über das Thema Homosexualität gesprochen. Wir haben aus einem aktuellen Anlass in der Gegenwart angefangen und auch über Prominente gesprochen. Aber ruckzuck waren die alten Leute bei dem Thema "Das gab`s schon immer. Da wurde nur nicht drüber geredet. Aber gewusst hat es jeder." Da ging es denn um den Junggesellen, der sich mit einem anderen Junggesellen getroffen hat oder der dann mal für´s Wochenende nach Hamburg gefahren ist und um zwei Tanten, die beieinander wohnten. Auf dem Dorf, wo jeder jeden kannte. Und zwar in echt und nicht sprichwörtlich. Und wenn man mal nachrechnete, dann reichten diese Erinnerungen bis in die Nazizeit zurück. Dann hieß es: "Die hatten es eben nicht leicht" oder "Die durften dann eben zusätzlich nicht auffallen".

Gemessen daran mag es in der Kaiserzeit eventuell sogar noch einfacher gewesen sein. Und in anderen Kulturen damals vielleicht auch eh lockerer.

Also grundsätzlich vorsichtig sein mit unseren Vorstellungen von "Das war damals halt so"!

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  • 1 Monat später...

Hallo!

Zwar geht es hier in diesem Themenstrang um das oben genannte Buch, doch hat mich dessen Lektüre letztlich auch zu dem folgenden Buch geführt, weshalb ich hier kurz darauf verweisen möchte:

Caroline Fourest: Generation Beleidigt - Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei. Über den wachsenden Einfluss linker Identitärer (Edition Tiamat)

Ich bin über eine Buchkritik der FAZ darauf aufmerksam geworden und habe mir das Büchein zugelegt, gerade weil mich die aufgeworfenen Fragen von Roll Inclusive mit ihren zahlreichen ausgemachten Opfergruppen bis heute beschäftigen. Die Autorin (feministische Publizistin, Filmemacherin und ehemalige Karrikaturistin von Charlie Hebdo) geht mit der den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs prägenden Identitätspolitik hart ins Gericht und hält ein flammendes Plädoyer gegen den ausufernden Opferkult und für einen Universalismus, der Diskriminierung dadurch bekämpft, dass Grenzen überwunden und nicht vertieft werden.

Gerade die ersten Kapitel, die sich mit der Kulturellen Aneignung - vor allem auch hinsichtlich Rollenspielen in Form von Film und Theater - beschäftigen, sind für mich, insbesondere für meine Arbeit im Rollenspielbereich und nach der Kritik in Roll Inclusive, sehr erhellend und aufmunternd. Fourest gibt nämlich das folgende, ungemein inspirierende Zitat von Ariane Mnouchkine wieder:

"Diese Begrifflichkeiten [Kulturelle Aneignung als "Verbrechen"] haben für mich nicht die geringste Bedeutung. [...] Kulturen sind nicht das Eigentum von einzelnen Menschen. [...] So wie ein Bauer nicht verhindern kann, dass sich das Saatgut der verschiedenen Felder mischt, kann auch ein Volk, selbst wenn es auf einer entlegenen Insel lebt, nicht für sich beanspruchen, über eine gänzlich reine und unbeeinflusste Kultur zu verfügen. [...] Die Kulturen, und zwar sämtliche Kulturen, gehören uns allen, sie sind unsere Quellen und in gewisser Weise auch heilig. Wir müssen gewissenhaft, mit Respekt und Dankbarkeit aus ihnen schöpfen, doch wir können nicht akzeptieren, dass es uns verboten sein soll, uns ihnen zu nähern, denn dann werden wir in die Wüste zurückgedrängt."

In diesem Sinne möchte ich hier mit den Schlussworten von Fourest enden: "Es ist Zeit, Luft zu holen und von neuem zu lernen, die Gleichheit zu verteidigen, ohne der Freiheit zu schaden."

Mit freundlichen Grüßen, Fimolas!

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