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Authentizität & Anachronismen


dabba

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Für mich ist das eine Frage des Gruppenvertrags und der Störung der gemeinsamen Immersion. Das kann sehr unterschiedlich ausfallen. Mich nerven Pseudo-Historismus und Rechthaberei wie auch das zwanghafte Abgreifen aller Regelvorteile. Und vor allem stört mich weniger das Verhalten als solches, sondern die dahinterstehenden Charakterzüge.

Deshalb würde ich eben aushandeln, was wie wo geht und was wie wo nicht geht. Die Schleuder würde ich ohne Probleme zugestehen (wenn das für Magister gut ist, warum sollte es an der Ausbildungsstätte niemanden geben, der einem das beibringen kann). Bei einem Indianer mit Langschwert und Plattenrüstung hört bei mir aber der Spaß auf, weil das dann kein Indianer mehr ist.

Manchmal sind anachronistische Begriffe wie der Versicherungsvertreter eben Chiffren, um sich einen spezialisierten Händler vor- und ihn darzustellen. Das kann ich mir vorstellen und mir im Spiel auch gezielte Gags auf der Metaebene dazu vorstellen. Wenn die Gruppe eh eine ironische Ebene hat, dann stört mich das nicht. Ein Streitgespräch darüber hingegen schon.

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Am ‎31‎.‎08‎.‎2019 um 11:50 schrieb Serdo:

Pratchett zu lesen bereitet mir viel Spaß. Das macht richtig Laune. Aber im Rollenspiel finde ich die Umsetzung von solchen "lustigen Ideen" kontraproduktiv. Denn für die Charaktere in der aktuellen Situation sind diese Idee alles andere als lustig. Nehmen wir die schon fast zur Ikone gewordenen Truhe. Die ist einfach super im Roman! Aber wenn man sich in der Situation vorstellt, dass sie jemanden FRISST, der unberechtigt in ihr stöbern will, dann ist das nicht mehr lustig, sondern ein Blut gewordener Alptraum im Stile des Texas Kettensägenmassakers. Das wirklich zu sehen, löst keinen Lachanfall aus, sondern ein posttraumatisches Belastungssyndrom.

Im Tischrollenspiel mag man leichter über Anachronismen hinwegsehen können, aber gerade im Liferollenspiel, wo solche Sachen wie der Freiherr ohne Gefolge, dafür in Pannesamt-Piratenhemd und Schnürlederjeans einfach Augenkrebs verursachen, reißt mich so etwas einfach aus der Immersion. Und das regt mich auf. Tatsächlich bin ich in den 30 Jahren Tischrollenspiel bzw. 25 Jahren Liferollenspiel immer sensibler solchen Sachen gegenüber geworden. Anstatt diese Anachronismen ignorieren und tolerieren zu können, verliere ich die Immersion und rege ich mich darüber auf. Es ist ungefähr so: Wenn Kinder sich zu Hause aus Pappkarton Rüstungen bauen und Ritter spielen, dann ist das voll in Ordnung und passt. Wenn ich aber ins Kino gehe und mir Herr der Ringe anschaue, dann will ich in den Schlachtszenen Metallrüstung und Metallschwerter sehen - und keinen Pappkarton.

LOL - Ich würde an deiner Stelle "making ofs" vermeiden - nur zu oft sind die verwendeten Materialien eben nicht authentisch ;) …

Ich habe selbst ein wenig "mittelalterlich" angehauchte Kleidung, die ich bei Gelegenheit trage, aber Baumwolle statt Leinen find ich OK, Meine Brille trag ich auch, ich will ja was sehen

 

Am Mittelaltermarkt seh ich ja auch moderne Kleidung, und Straßenbeleuchtung (elektrische) gibt's auch.

 

Man kann alles übertreiben.

 

In der Spielwelt?

 

Tja Jede Spielwelt ist keine 1-1 Übertragung unserer Vergangenheit.

 

Wenn es in Alba Teetrinker gibt ist das genau so OK , wie der Waelische Barbar, der gern rosa (Spitzen)Unterwäsche trägt...

 

Solange die Gruppe damit leben kann ist es OK, sollten einzelne Spieler einen puristischeren Approach wünschen ist das genauso gut - wenn sie die (meisten) der Gruppe überzeugen, passe ich mich auch an...

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@Blaues_Feuer: Danke für die Textstelle. Offenbar interpretierst du Serdos Aussagen wesentlich wohlwollender als ich, während du in meine Aussage eher zusätzliche Schärfe hinein bringst - ich finde es nämlich nur überheblich, jemanden abzuwerten, und nicht, etwas nur als unpassend zu empfinden.

Aber wenn wir das vertiefen wollen, wäre das wohl eher etwas für den Ton im Forum...

Liebe Grüße
Saidon

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vor 2 Stunden schrieb Saidon:

ich finde es nämlich nur überheblich, jemanden abzuwerten, und nicht, etwas nur als unpassend zu empfinden.

Aber wenn wir das vertiefen wollen, wäre das wohl eher etwas für den Ton im Forum...

Vertiefen brauchen wir das nicht, aber direkt abhaken können wir das hier. Ich habe einige Zeit über Dein Feedback ("überheblich") nachgedacht und muss sagen: Du hast vollkommen recht! (Und das meine ich vollkommen ohne Ironie oder Sarkasmus, sondern so, wie ich das hier schreibe.) Ja, ich bin in dieser Sache überheblich. Tatsächlich bin ich davon überzeugt, dass meine Art zu spielen die für mich richtige und schönste Art ist, die ich haben kann. Und weil meine Spielweise für mich besser ist als die (in diesem Fall meines Magister-Mitspielers) anderer Leute, ordne ich ihr eine höhere Wertigkeit ("besser") zu. Das kann man als überheblich ansehen.

Was ich allerdings nicht getan habe, ist den Magister-Mitspieler abzuwerten. Das wäre eine Wertung seiner Persönlichkeit als Mensch und nicht seiner Spielweise als Mitspieler. Damit hätte ich seine Würde verletzt - und das mache ich nicht. So wie Du mir Deine - berechtigte - Kritik (welche an sich ja auch eine Wertung darstellt) hier schreiben kannst, darf ich auch Spielweisen anderer diskutieren und hinterfragen - und natürlich auch bewerten. Auf der anderen Seite identifizieren sich viele Spieler mit ihrer Spielweise und eine Kritik an ihr wird als Kritik an der Person gesehen. Damit sind sie das, was man als nicht kritikfähig bezeichnet.

Eine Trennung von Spielweise und Person ist also essentiell für eine zielführende Diskussion. Und genau das macht es so schwer, denn man muss jedes Wort abwägen und wohl überlegt setzen, um niemandes Gefühle zu verletzen.

Vom Allgemeinen wieder zurück zu meiner Spielrunde: Obwohl alle anderen Spieler in meiner Runde eine sehr ähnliche Sicht zu der Spielweise unseres Magister-Mitspielers haben, hat noch keiner ihn auf die Problematik an sich angesprochen. Es kamen nur Stöhnen, Augenrollen und solche Aussagen wie "Ey Mann, das kannst Du doch so nicht bringen." Er hingegen versteht die Aufregung nicht und fühlt sich gedisst. Über kurz oder lang würde die ungelöste Situation zu einer Eskalation und möglicherweise Trennung von der Gruppe führen. Da hilft wohl nur offene und einfühlsame Kommunikation im Zwiegespräch. (Nicht in der gesamten Runde, denn das würde dazu führen, dass er sich wie vor einem Tribunal vorgeführt fühlen würde und das wäre wieder kontraproduktiv.)

@dabba: Ich habe hier in dem Strang erkannt, wie wichtig eine gemeinsame und möglichst ähnliche Vorstellung vom Umgang mit Anachronismen und Grad der Realitätsnähe von Rollenspielen ist. Danke dafür.

@Saidon: Herzlichen Dank für Dein Feedback. Es hat mich zum Nachdenken gebracht und so einen möglichen Ausweg aus der Misere aufgezeigt.

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@Serdo

Eine Klärung auf der Metaebene ist sicher der richtige Weg. So wie du das bescheibst, gibt es ja wohl nur eine Person, die nicht auf einer Linie ist, die sich mit den Ansichten aller anderen verträgt. Wenn dieses Problem offen benannt ist, gibt es ja zwei Möglichkeiten. Entweder verlässt die Person die Gruppe oder sie passt ihre Spielweise dem Gruppenvertrag an. Im Zweifelsfall wird man ihr ein ernstes Bemühen schon positiv anrechnen und über Manches dafür hinwegsehen.

Spricht man das Problem nicht offen an, endet es fast zwangsläufig damit, dass die Gruppe zerbröselt oder dass die Person vergrault wird. Wenn dann das störende Verhalten bedeutend genug ist.

Wie gesagt: Der Anlass oder das Faktum der Störung ist im Prinzip austauschbar. Entscheidend sind eure Reaktionen darauf.

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Das ist ja auch so eine Sache.

Die Spielerfigur ist kein Adeliger, der auf seine Ehre und auf sein Image sein Ansehen achten muss. Er ist ein Abenteurer, der regelmäßig für ein paar Goldstücke Beute/Belohnung sein Leben riskiert. Kann so jemand sich wirklich erlauben, auf die Stimmigkeit seiner Kleidung und/oder die Fülle seines Magens zu achten?

 

Ansonsten:

On 9/2/2019 at 1:29 AM, Serdo said:

Also wollte sich der Magister noch ein Drachenei reinpressen (von Essen kann da nicht mehr die Rede sein...). ALLE am Tisch waren der Ansicht, dass das einfach nicht mehr geht. Der Magen war voll. Aber der Spieler forderte vehement einen Wurf auf Willenskraft ein, damit sich der Charakter sich das rohe (!) Drachenei reinknören könne. Frei nach dem Motto: "Das ist das Äquivalent zu einem Heiltrank, also nehme ich den jetzt." Der Rest der Spieler und meine Wenigkeit saß nur noch kopfschüttelnd da. Für den Magisterspieler zählt nur die Spielmechanik, nicht die Stimmigkeit der Spielwelt. Und das rupft mich jedesmal aus meiner Immersion.

  • Ich will noch ein Ei essen.
  • Hau rein! Einen PW:Willenskraft bitte. :sly:
  • 20 drunter. :)
  • Langt nicht. Nach einigen Bissen bist Du einfach voll! Steckst Du Dir den Finger in den Hals? :sly:²
  • Ja. :thumbs:
  • Jetzt kannst Du weiter essen. Das ist anstregend.
  • Ich brauch die Heilung. :notify:
  • Na gut. *krökel* Du verlierst <2W6> AP und bekommst danach <1W6> LP+AP wieder.

Einfach die harten Aufgaben schwierig machen. Wenn dann die <01> beim Prüfwurf oder <20> beim Erfolgswurf fällt, hat sich der Spieler seinen Erfolg "verdient". Ansonsten einfach mal AP klauen. AP-Verluste tun nicht dauerhaft weh, nerven aber. ;)

Umgekehrt kann man bei Trivialaufgaben auch Zuschläge geben.

Bearbeitet von dabba
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vor 7 Stunden schrieb dabba:

Das ist ja auch so eine Sache.

Die Spielerfigur ist kein Adeliger, der auf seine Ehre und auf sein Image sein Ansehen achten muss. Er ist ein Abenteurer, der regelmäßig für ein paar Goldstücke Beute/Belohnung sein Leben riskiert. Kann so jemand sich wirklich erlauben, auf die Stimmigkeit seiner Kleidung und/oder die Fülle seines Magens zu achten?

 

Ansonsten:

  • Ich will noch ein Ei essen.
  • Hau rein! Einen PW:Willenskraft bitte. :sly:
  • 20 drunter. :)
  • Langt nicht. Nach einigen Bissen bist Du einfach voll! Steckst Du Dir den Finger in den Hals? :sly:²
  • Ja. :thumbs:
  • Jetzt kannst Du weiter essen. Das ist anstregend.
  • Ich brauch die Heilung. :notify:
  • Na gut. *krökel* Du verlierst <2W6> AP und bekommst danach <1W6> LP+AP wieder.

Einfach die harten Aufgaben schwierig machen. Wenn dann die <01> beim Prüfwurf oder <20> beim Erfolgswurf fällt, hat sich der Spieler seinen Erfolg "verdient". Ansonsten einfach mal AP klauen. AP-Verluste tun nicht dauerhaft weh, nerven aber. ;)

Umgekehrt kann man bei Trivialaufgaben auch Zuschläge geben.

Oder die realweltlische Ablehnung regeltechnisch begründen. Das Ei wirkt wie "Heilen schwerer Wunden" und hat daher nur alle drei Tage eine heilende Wirkung. Nebenwirkung: Man hat während der drei Tage kein Bedürfnis Nahrung zu sich zu nehmen. Man ist einfach Satt. 

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