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Cranachâught - Stadt am Lendran


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Hallo!

2018 erschien mit der Stadtbeschreibung Cranachâught - Stadt am Lendran (Südcon Exklusiv Edition  Nr. 12) eine Ausarbeitung von Janine Kau. Nähere Informationen darüber findet man hier: Der kleine Spieleladen

Die Autorin hat sich unglaublich viel Mühe gegeben und eine wirklich große Stadt (4.500 Einwohner, 800 Gebäude) nach alter Schule, also Kurzbeschreibungen Gebäude für Gebäude (alle gut kartiert und eindeutig zuzuordnen), ausgearbeitet. Hier findet ein Spielleiter alles, um in große Detailtiefe einzutauchen. Wem das zu viel erscheint, der kann auch mit der allgemeinen Beschreibung der Stadtviertel (S. 9-14) vorliebnehmen.

Zu dem Band gehört eine separate, großformatige Karte, die ebenfalls sehr detailliert und überaus ansprechend gestaltet ist; sie allein kann auch als Poster eine Wand zieren. Leider fehlt mir eine Karte des im Band beschriebenen Umlandes, die eine bessere Übersichtlichkeit ermöglichen würde.

Die Stadt wurde ganz bewusst nicht konkret verortet, um einen flexiblen Einsatz zu erlauben; allgemein wird der Kulturkreis Erainn/Clanngadarn/Alba empfohlen (S. 4). Mit derartigen Ansätzen habe ich so meine Probleme, weil mir die dann folgende Ausarbeitung nicht spezifisch genug auf die kulturellen Gepflogenheiten der Gesamtbevölkerung eingeht und somit Mehrarbeit für den Spielleiter entsteht. Dieses Manko liegt auch hier vor, passt die Stadtbeschreibung zu keiner Kultur Midgards wirklich gut und egal, für welche Verortung sich der Spielleiter letztlich entscheidet, er muss ordentlich nacharbeiten. Darüber hinaus ist die kulturelle Entkoppelung nicht konsequent umgesetzt worden. Zwar ist der gesamte Tempelbezirk (Heilige Hallen) völlig ohne konkreten Religionsbezug ausgestaltet, damit der Spielleiter selbst einen passenden Bezug einsetzen kann (Hinweis auf S. 87), doch verteilen sich über die Stadt diverse Tempel Nathirs (B58, C159, E32, F122) und der Dheis Albi (B84, C233, E34); sogar ein albisches Kloster kann man finden (F111). Auch ein zwergischer Mahalpriester (B133) und zahlreiche albische Clannamen geben die kulturelle Stoßrichtung schon eindeutig vor.

Die gesamte Beschreibung erscheint mir ein wenig zu freundlich, zu nett, zu märchenhaft. Klar, es gibt auch dunkle Flecken, aber eben kaum größeres Konfliktpotential, das sich für Abenteuer größeren Ausmaßes eignen würde - auch ein Problem, das durch die fehlende Verortung oder konkrete kulturelle Einbettung auftritt: die Stadt ist sich selbst genug, dreht sich nur um sich selbst und stellt sich völlig in sich abgeschlossen dar. Hier muss der Spielleiter selbst aktiv werden, um relevante Reibungs- und Anknüpfungspunkte zu setzen.

Weiterhin zeichnet sich die Stadtbeschreibung durch eine gezielte Gleichgeschlechtlichkeit aus. Frauen treten viel häufiger und gleichberechtigter als in stärker historisch orientierten Ausarbeitungen auf. Allerdings bleiben für mich schiefe Konstellationen: Es gibt rein für Frauen zugängliche Organisationen, etwa die Zunft der weiblichen Künstler am Nymphenteich (S. 10) oder die Schule Fenryad ar Quiven (S. 11/E69); die Männer der Stadt scheinen derartige Abgrenzungen nicht zu kennen, sieht man einmal von dem Junggesellenverbund (F22) ab. Dennoch dominieren Frauen weiterhin in typischen Klischeebereichen: In den zahlreichen Bordellen der Stadt arbeiten fast ausschließlich Dirnen, es gibt eine Schule nur für "Zimmermädchen" (E50) und die bereits genannte Schule Fenryad ar Quiven bildet nur Frauen darin aus, wie man einen Haushalt führt, "wenn man eines Tages einen wohlhabenden Mann heiraten möchte". Da hätten mich konsequenterweise auch männliche Gegenstücke gefreut, um dieses Gesellschaftsmodell stimmig entwickelt zu haben.

Konkrete Anstöße nehme ich an folgenden Punkten:

- Der Krähenplatz (S. 12/C56) ist der Ort täglicher Märkte, hat seinen Namen aber von den verwesenden Leichenteilen der vom Henker Gerichteten, die dort ausliegen und von den Krähen aufgesucht werden. Wer will denn bei dem Anblick und Geruch einkaufen?
- Zur einfachen Küche der Stadt (S. 17) zählen unter anderem eine scharfe Wurst aus Feuersalamandern (wie viele dieser Tierchen gibt es denn in der Stadt und Umgebung?), paniertes Hirn mit Spiegelei und Taubenpastete. Das sind für mich doch allesamt keine Gerichte, die ich zur einfachen Küche zählen würde.

Insgesamt erscheinen mir die folgenden in der Stadt vertretenen Berufe als zu modern oder generell unpassend: Versicherungsvertreter (B45), Immobilienhändler (B106), Saatguthändler (C129), Modist (C145), Porzellanmanufaktur (C151), Straßenfeger im Hafenviertel (D18), Zimmermädchenschule (E50), Sofapolsterer (E130), Kaffeekontor (E137), Händler von Korsetten und Korsagen (F133), Polsterei (F148)

Abschließend gibt es aber auch eine besondere Perle, die eine entscheidende Frage aufwirft: Warum erhält man im Bordell mit dem klingenden Namen Fummelstübchen (B17) Hausverbot, wenn man handgreiflich wird?

Soviel soll einmal als allgemeine Rückmeldung zur Stadtbeschreibung dienen, nun habe ich aber noch konkrete Fragen zur Umsetzung: Hat schon jemand von Euch die Stadt als Schauplatz genutzt? Wo habt Ihr sie dann genau verortet? Welche Abenteuer habt Ihr damit verbunden?

Mit freundlichen Grüßen, Fimolas!

Bearbeitet von Fimolas
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Zumindest das "Hirn mit Ei" kann ich nachvollziehen - Innereien wurde wohl früher mehr verwendet als heute (ist schließlich ein natürliches und nahrhaftes Schlachtprodukt) Die Wiener Küche z.b. ist bekannt für seine Gerichte aus Innereien... Beuschl, (Saure) Nierdl, Leber(knödl), etc...

 

Nicht das ich etwas davon essen würde ;), aber geben tuts das ….

Auch die Salamanderwurst würd ich nicht so eng sehen - Lokalkolorit halt

 

E50 + F133 sind doch Fixpunkte...

 

Fummelstübchen --- grins--- ob das sowas wie das Puderdöschen ist???? - Aber HAndarbeit würde ich trotzdem nicht mit Handgreiflichkeiten gleichsetzten...

 

Zu dem "modernen" Berufen gebe ich dir recht, wobei man wahrscheinlich die Berufe selbst finden würde, halt mit  anderen Bezeichnungen

 

Jetzt bin ich trotzdem neugierig geworden auf das Produkt...

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Zu den Speisen: Ich habe die Beschreibungen jetzt nicht gelesen, aber es ist bis heute üblich, dass nicht die Hauptzutat namensgebend sein muss: Kalbsleberwurst besteht vor allem aus Schweinespeck, die gute Bregenwurst kommt heute ganz ohne Bregen aus, Arme Ritter...

Vielleicht reicht ja ein winziges Stückchen Salamander um eine große Menge zu würzen.

Mir erscheint die Kritik recht negativ zu sein, obwohl ich die einzelnen Punkte in etwa nachvollziehen kann. Nehme ich jetzt noch den Fakt dazu, dass es sich um inoffizielles Material handelt, das zuallererst ein Spielleitergeschenk war und damit ja nicht als reguläre Midgard- oder DDD-Veröffentlichung gedacht war, dann frage ich mich: Sollte man an so ein Produkt dann nicht vielleicht auch andere Maßstäbe ansetzen?

Ich habe, wie gesagt, noch nicht reingeguckt und kann zum Inhalt nichts sagen. Mir hat aber die allein schon die Aufmachung gefallen. Das und der Umfang für ein Spielleitergeschenk halte ich für einen beeindruckenden Aufwand, den ich nur loben kann. Auch wenn es ein paar konzeptionelle Mängel (Verortung und kulturelle Festlegung), ein paar Unwuchten oder auch handwerkliche Fehler gibt. Wohlmöglich fehlt ein Lektorat in der Strenge und Genauigkeit, wie man das von Midgard gewöhnt ist und eine dementsprechend passende Schlussbearbeitung. Das kann man aber auch so handhaben.

In jedem Fall und ohne Blick konktet ins Buch freue ich mich aber, dass solche Projekte auch möglich sind und hoffe, dass die dahinter stehenden kreativen Köpfe Lust und Zeit haben, weiter solches Material auszuarbeiten. Vielleicht nehmen sie dabei dann freundlich gemeinte Anregungen auf.

Ich finde es gut, wenn auch Sachen veröffentlicht werden, die nicht perfekt sein wollen oder sind.

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Ich habe die Stadt zweimal benutzt, aber nur die Karte. Diese finde ich sehr schön ausgearbeitet, ins Buch dazu habe ich noch nie geschaut.

Einmal habe ich das Städtchen an die Brega in Moravod verlagert. Da hätte sie ganz sicher keine 4.500 Einwohner und war nur Randschmuck für einen Jahrmarkt.

Das andere Mal diente sie mir als Stadtplan für Dungawry in Clanngadarn. Dort hat die Gruppe auf dem Weg ins Penprydyn einen kurzen Aufenthalt mit Wechsel des Beförderungsmittels durchgeführt.

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