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Artikel 13 der Urheberrechtsreform


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Hallo zusammen,

Artikel 13 ist aus meiner Sicht ein Katastrophe. Um was geht es?

Es geht um Artikel 13 der Urheberrechtsreform um die Verantwortlichkeit für geschütztes Material. Bisher war es so, dass der Betreiber eine Plattform (Youtube, Facebook, ich usw.) erst dann verantwortlich war, nachdem er auf das illegal hochgeladene Material aufmerksam gemacht wurde. Das soll sich mit Artikel 13 ändern. Ein Seitenbetreiber ist für das Material sofort nach Veröffentlichung verantwortlich. 

Detailliert kann das hier auf den Seiten der Kanzlei WBS nachgelesen werden. Dort ist auch der Originaltext (Danke an die Piratenpartei bzw. Julia Reda für den Leak - ich glaub ich wird da noch lange Mitglied sein)

Betrifft das auch uns hier? Meiner Ansicht nach ja. Ich zitiere aus der oben verlinkten Seite:

Zitat

Der Entwurf der Richtlinie erfasst konkret alle „Dienste der Informationsgesellschaft, deren Hauptziel oder eines der Hauptziele darin besteht, eine große Menge urheberrechtlich geschützter Werke (…), die von seinen Nutzern hochgeladen werden, zu speichern und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wenn der Dienst diese zu Profitzwecken organisiert und fördert.“

Prüfen wir mal die aufgeführten Kriterien:

1. Hochgeladene, urheberrechtlich geschützte Werke:

Jeder Artikel der hier eingestellt wird und kein Smalltalk, bzw. Regeldiskussion ist, kann als urheberrechtlich geschütztes Werk verstanden werden. Die ganzen Artikel aus den Kreativbereichen ist urheberrechtlich geschütztes Material. Die Urheber sind die Nutzer des Forums.

2. Profitzwecken

Das Forum hat einen Shop. Ich habe eine Gewerbe, über den diese Geschäfte abgewickelt werden.

Wenn man andere Seiten als Beispiel heranzieht, wird das sogar noch deutlicher.

Es gibt im Netz diverse Foto-Communities, bei denen man selbst geschossene Fotos hochladen und der Allgemeinheit zur Verfügung stellen kann. Die server werden über Spenden finanziert und fahren einen kleinen Gewinn für die Betreiber ein. Auch die fallen unter diese Regelung. Oder Seiten wie Dungeonfog - auch dort werden urheberrechtlich Geschützte Werke zu Profitzwecken zur Verfügung gestellt.

Der derzeitige Artikel 13 betrifft also mitnichten nur die großen Seiten wie Facebook, YouTube etc.

Wie kann man sich als Seitenbetreiber schützen? Ich zitiere aus der oben verlinkten Seite:

Zitat

Zunächst müssen sie „beste Anstrengungen“ unternehmen, um Lizenzen der Rechteinhaber zu erhalten. Diese Regelung gilt für alle profitorientierten Plattformen, auch für die kleinsten und jüngsten. Die Lizenzen sollen dann alle Uploads durch User abdecken, die nicht selbst kommerziell handeln bzw. signifikante Einnahmen durch den Upload erhalten. Wie genau diese Kooperation zwischen Rechteinhabern und Plattformen genau funktionieren soll, darüber schweigt der Text.

Beste Anstrengungen? Was sind beste Anstrengungen? Wer sind Rechteinhaber? Muss ich versuchen ein Lizenzabkommen mit allen weltweit agierenden Autoren (ob Hobby oder Kommerziell) zu treffen? Soll eine Fotoseite ein Abkommen mit jedem treffen, der ein Fotohandy hat? Was genau gemeint ist und wie das funktionieren soll, darüber schweigt sich Artikel 13 aus. Es ist schwammig von einem Dialog zwischen Interessensvertretern unter Moderation der EU die Rede.

Es geht aber noch weiter. Gehen wir mal davon aus, einer der an dem Dialog beteiligten Urheber weigert sich eine entsprechende Lizenz zu erteilen. Was passiert dann? Hier kommen dann die viel zitierten Uploadfilter ins Spiel. 

Wieder ein Zitat der oben verlinkten Seite (Hervorhebung durch mich - man beachte das "oder"):

Zitat

Daher sollen in einem zweiten Schritt zumindest die Plattformen, die älter als 3 Jahre sind oder mehr als 10 Millionen Euro jährlichen Umsatz erwirtschaften, „beste Anstrengungen“ unternehmen, um dafür zu sorgen, dass nicht lizenzierte Werke, die Rechteinhaber bei den Plattformen eingereicht haben, nicht mehr hochgeladen werden können.

Aus meiner Sicht eine echte Katastrophe. Was beste Anstrengungen sind ist relativ vage. Lest dazu am Besten die verlinkte Seite. Ich mag hier nicht noch mehr zitieren.

 

Eine echte Katastrophe ist auch der Umgang in Brüssel mit dem Thema. Da werden Kritiker von der EU-Kommission als Mob bezeichnet. Ein Blog, der mittleiweile wieder verschwunden ist, wurde mit

Zitat

Die Urheberrechtsrichtlinie: Wie der Mob aufgefordert wurde, den Drachen zu retten und den Ritter zu töten.

Die tausende Mails wurden als von Bots verschickt bezeichnet. 

Gerade in Zeiten, wo für die EU so viel auf dem Spiel steht und die Populisten überall gegen die EU hetzen, soll die EU doch froh sein, dass sich junge Menschen für die EU interessieren.

Egal, ich werde mein Wahlverhalten bei den kommenden Wahlen entsprechend anpassen. 

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Was da gerade passiert, ist völlig verrückt.

Ich habe (am Wochenende?) auch eine Beurteilung des Artikels 13 von jemandem mitgehört, der meinte, das es denjenigen, die den Artikel geschrieben haben, gar nicht um die Kreativen geht, die am Ende nicht einen Cent mehr sehen, sondern nur darum, wer die Werbeeinnahmen bekommt. (Wobei ich nicht beurteilen kann, in wie weit so eine Beurteilung zutreffend ist.)

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vor 29 Minuten schrieb Akeem al Harun:

Was da gerade passiert, ist völlig verrückt.

Ich habe (am Wochenende?) auch eine Beurteilung des Artikels 13 von jemandem mitgehört, der meinte, das es denjenigen, die den Artikel geschrieben haben, gar nicht um die Kreativen geht, die am Ende nicht einen Cent mehr sehen, sondern nur darum, wer die Werbeeinnahmen bekommt. (Wobei ich nicht beurteilen kann, in wie weit so eine Beurteilung zutreffend ist.)

Das ist Artikel 11 (?). Da geht es um das Leistungsschutzrecht. Die Klauseln, die Journalisten betreffen gelten nur noch für unabhängige Journalisten. Buyout Verträge durch Verlage sind möglich. Das stand irgendwann mal anders im Gesetz.

Bearbeitet von Abd al Rahman
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Achja, in der Politik-Europa-Ecke wurde ich gefragt was man tun kann:

Hier:

https://savetheinternet.info/

Die diversen EU-Abgeordnete anschreiben (hab ich gemacht) hilft natürlich auch. Es stehen ja Wahlen an. 

Es sind am 23.3 Europaweite Demos angesagt:

https://www.savetheinternet.info/demos

Ich werd entweder nach Karlsruhe oder Frankfurt fahren. Berlin wäre auch ne Option. 

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Ich bin auch der Meinung, dass dieser neue Anlauf völliger Overkill ist.

Auch heute schon steht in den Nutzungsbedingungen der meisten Foren und der sozialen Netzwerke sowieso, dass man nur Content hoch laden darf, an dem man die passenden Rechte besitzt oder die frei von Einschränkungen verwendet werden dürfen.

Das Problem entsteht durch User, die das ignorieren. Die meisten von denen werden das auch in Zukunft ignorieren. Und lange nicht alle weil sie kriminell wären, sondern weil sie über anderer Leute Werke reden/schreiben in der Form von Rezensionen, Kritiken, Let's Plays, Fan Sites und noch vielem mehr, was nach allgemeiner Rechtsauffassung juristisch ungebildeter Bürger unter die künstlerische Freiheit, Zitatfreiheit und ähnliche Common Sense Regelungen fallen sollte.
Die Provider werden nicht nur in die Rolle des Hilfsscheriffs gezwungen sondern auch noch zu Urheber-Rechtsexperten mit Richterfunktion. Diese Rollen können sie gar nicht korrekt wahr nehmen bei den Datenmengen, die ständig durch das Internet laufen.

Wir haben also mindestens Beweislastumkehr (schuldig bis zum Beweis des Gegenteils), Störerhaftung (Variante von Sippenhaft) und präventive (selbst-)Zensur. Gleich drei Dinge, die schlecht für die Demokratie in jedem Land sind.

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  • Bruder Buck änderte den Titel in Artikel 13 der Urheberrechtsreform
Am 25.2.2019 um 09:44 schrieb Akeem al Harun:

Das mit den Demos klappt bei mir leider nicht. Aber die EU Abgeordneten werde ich sicher anschreiben.

Tja, ich hoffe, dass jetzt mehr Leute wachgerüttelt sind. Im letzten Jahr hat in Berlin bereits eine entsprechende Demo stattgefunden, aber daran haben nur etwa 50-100 Leute teilgenommen.

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Es meldet übrigens auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Bedenken an. Die Begründung hatte ich noch garnicht auf dem Radar.

Es geht drum, wer vermutlich Uploadfilter für kleine Seiten wie z.B. das Forum und kleine Fotocommunities zur Verfügung stellen wird. 

Was glaubt ihr? Wird sich Google freuen, ihre Technik kleinen Seiten zur Verfügung zu stellen (in Form einer Schnittstelle) um so noch mehr Daten abzugreifen? 

Das sind seine Bedenken: Die Urheberrechtsreform liefert den Datenkraken noch mehr Daten. Auch solche die sie noch garnicht haben wie z.B. hier aus den geschlossenen Bereichen. 

Toll oder? Da geht der Nutzen der DSGVO dahin. Ich kann als kleiner Betreiber keine Daten schützen. Ich müsste das Forum schließen...

  • Sad 4
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vor 14 Stunden schrieb Abd al Rahman:

Es gibt Bestreben, die Abstimmung auf nächste Woch vorzuziehen. 

Was auch eine sehr spezielle Art der Angst vor den großen Protesten am 23.  ist...

Ich frage mich aber auch ob die EPP wirklich in den Wahlen für die ganze Nummer abgestraft wird, oder ob ihre Wähler sich zum Großteil einfach gar nicht für die Problematik interessieren.

 

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Am 28.2.2019 um 14:36 schrieb Abd al Rahman:

Es meldet übrigens auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Bedenken an. Die Begründung hatte ich noch garnicht auf dem Radar.

Es geht drum, wer vermutlich Uploadfilter für kleine Seiten wie z.B. das Forum und kleine Fotocommunities zur Verfügung stellen wird. 

Was glaubt ihr? Wird sich Google freuen, ihre Technik kleinen Seiten zur Verfügung zu stellen (in Form einer Schnittstelle) um so noch mehr Daten abzugreifen? 

Das sind seine Bedenken: Die Urheberrechtsreform liefert den Datenkraken noch mehr Daten. Auch solche die sie noch garnicht haben wie z.B. hier aus den geschlossenen Bereichen. 

Toll oder? Da geht der Nutzen der DSGVO dahin. Ich kann als kleiner Betreiber keine Daten schützen. Ich müsste das Forum schließen...

Auf SWR3 haben sie das Thema auch gebracht. Aber dermaßen schlecht recherchiert, dass mir echt der Hut hoch ging und ich anschließend eine Mail ins Studio geschrieben habe. :sigh:

Da war nur die Rede von den großen Konzernen und das man doch dann keine privaten Videos auf youtube mehr hoch laden könne. :dozingoff:

 

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  • 3 Wochen später...
vor 10 Minuten schrieb Widukind:

Okay, ich habe jetzt so ungefähr verstanden, warum der Artikel 13 suboptimal ist. Welcher Gegenvorschlag liegt denn auf dem Tisch? Darüber wurde irgendwie viel weniger geredet.
Oder sind sich die "Gegner" da noch nicht ganz einig?

Es gab diverse Vorschläge. Wurde alles ignoriert, bzw. gestrichen was mal drin stand. Jetzt geht es erstmal darum das Ding wie es ist zu verhindern. 

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vor 33 Minuten schrieb Widukind:

Okay, ich habe jetzt so ungefähr verstanden, warum der Artikel 13 suboptimal ist. Welcher Gegenvorschlag liegt denn auf dem Tisch? Darüber wurde irgendwie viel weniger geredet.
Oder sind sich die "Gegner" da noch nicht ganz einig?

Es gab Vorschläge, die wirklich den Urhebern mehr Rechte und höhere Einkünfte verschaffen sollten und nicht den Verlagen und Verwertern.

Es gab Vorschläge, die Richtung fair use gingen, nach denen man großzügiger zitieren dürfte um z.B. öffentlich über ein Werk auch diskutieren zu können ohne gleich Lizenzen abdrücken zu müssen.

Bearbeitet von Airlag
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