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Was ist "der Plot"?


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Nachdem ich ja den Strang eröffnet habe, hier mein aktuelles Zwischenfazit:

 

Wie auch bei anderen Begriffen eignet sich Plot nur eingeschränkt zur Beschreibung und Charakterisierung, da das Verständnis doch stark unterschiedlich ist.

Es wurde aber deutlich, dass der Fokus auf unterschiedliche Teile gelegt wird. So ist einigen wichtig, wie sich der Spielleiter die Welt im Rahmen der Vorbereitung vorstellt, anderen diese Vorstellung während des Abenteuer (also mit der Reaktion auf die Aktionen der spieler) und wiederum andere betrachten die Welt wie sie von den Spielern erlebt wird.

 

Alle Perspektiven sind relativ kompatibel (wie sich bei jedem Con aufs Neue zeigt), erschweren aber etwas die theoretische Diskussion darüber. Offenbar gibt es auch hier wieder so viele implizite Annahmen, die am Spieltisch wirken und hier im Forum zu Missverständnissen führen.

 

Auch wenn es also nicht die eine Definition gibt, so geben viele der Beiträge doch einen Einblick in die Sichtweise der Diskutanten (was auch für andere Stränge hilft).

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Wenn die Ausgangssituation die ist, dass die Abenteurer sich mit einem NSC auf einer bestimmten Lichtung im albischen Wald verabredet haben, sie bei ihrer Ankunft aber Spuren eines Überfalls und einer offenbar erfolgten Entführung finden, dann können sie jetzt natürlich praktisch unendlich viele Dinge tun.

Sie könnten zum Beispiel spontan beschließen, einen Wettbewerb im Sackhüpfen durchzuführen oder die Lichtung von Gänseblümchen zu befreien.

 

Mit sehr sehr großer Wahrscheinlichkeit werden sie sich aber für eine Verfolgung der Entführer entscheiden. Was spricht also dagegen, diesen wahrscheinlichen Handlungsverlauf im Geiste schon ein wenig vorherzuplanen und dadurch vermutlich mit deutlich durchdachteren (in mehrerer Hinsicht) Details anzureichern, als dies spontan möglich wäre?

Wobei die Qualität sowohl eines vorgedachten Verlaufs als auch eines spontan erfundenen sicher von SL zu SL verschieden ausfällt. Im Normalfall würde ich aber davon ausgehen, dass eine ohne Zeitdruck erfolgte Vorbereitung bessere Ergebnisse erzielt.

 

Ja klar ist das möglich. Es ist wahrscheinlich, dass die Entführer verfolgt werden. Aber wie werden die verfolgt? Verwandelt sich einer der Spielerfiguren in einen Raben und verfolgt bzw. sucht die Entführer im Flug und holt die anderen dann nach? Oder versuchen sie es mit Spuren lesen? Oder haben sie eine ganz andere Idee mit dem Problem umzugehen, auf die ich gerade nicht komme? Warum sollte ich mir also die Mühe machen mich auf genau eine mögliche Variante vorzubereiten?

 

Meine Spieler überraschen mich ständig. Mal kommen sie auf die Idee mit YenLen persönlich Kontakt aufzunehmen, mal machen sie 30 Jahre Pause um eine magische Forschungsarbeit abzuschließen, mal haben sie eine Idee, wie die große Endschlacht zu einem minischarmützel wird. Beispiele kann ich viele nennen, wo meine Spieler auf eine völlig unerwartete Idee gekommen sind.

 

Aber mußt Du deswegen komplett kapitulieren und gar nichts mehr vorbereiten?

 

Allem, was Du schreibst, kann ich komplett zustimmen. Aber deswegen würde ich mir trotzdem im Beispiel die Modifikatoren für Spurenlesen herausschreiben, weil das einfach der wahrscheinlichste Ansatz ist (sofern irgendjemand in der Gruppe die Fertigkeit hat, natürlich - aber einer hat's fast immer). Wenn jemand in der Gruppe Wittern oder Tiersprache oder einen Vertrauten hat, dann würde ich auch das vorbereiten. Und wenn der Spruch in der Gruppe vorhanden ist, dann muß man eigentlich permanent eine Vision im Hinterkopf haben, die läßt man sich auch besser einfallen, wenn man eine halbe Stunde im Auto sitzt, als wenn man zwei Minuten am Spieltisch hat.

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Das hat mit kapitulieren nichts zu tun. Ich halte mir den Kopf für das Wesentliche frei. So kann ich auch leicht eine Vision improvisieren.

 

Abd, ich erschaudere in Ehrfurcht vor Deiner Improvisationsfähigkeit. Ich könnte das schlicht nicht - erst Recht nicht jede Woche Donnerstag abends nach vier langen Arbeitstagen und mit Kleinkind zu Hause. Wenn ich frisch und gut drauf bin, dann kriege ich so etwas auch mal spontan zusammen, und am Tisch gilt sowieso, "wat mut dat mut". Aber mich wissentlich mit nichts als oberflächlichen Notizen ins Abenteuer zu stürzen - nee Freunde, das wäre einfach nicht meins. Ich halte mir den Kopf für das Wesentliche frei, indem ich die wahrscheinlichsten Handlungen der Abenteurer vorbereite...

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Und jetzt noch etwas Provokantes zur Titelfrage. Für mich vulgären Banausen ist die Bedeutung von "Plot" jenseits aller Expertendefinitionen dadurch geprägt, wie das Wort umgangssprachlich - auch im Englischen, da bin ich nun doch verseucht - gebraucht wird.

 

Das heißt, für mich ist Plot eigentlich Handlung, um genau zu sein, die vorbereitete, beabsichtigte, abgeschätzte Handlung (in dem Sinne müßte ich jetzt feststellen: Abd hat nach meiner Definition keinen Plot, und Rosendorns Plot besteht in der Zeitleiste seiner Nichtspieler-Handlungsträger). In diesem Sinne gibt es einen Plot eigentlich auch nur vorher; nachher ist es die Geschichte, die Geschehnisse, die Ereignisse.

 

Jenseits aller Wikipedien ist das das, was für mich z.b. hinter der Redewendung "he's lost the plot" steht: da ist jemand vom Handlungsfaden abgekommen und steht jetzt verwirrt da, nicht mehr wissend, was er machen will oder sollte. Eine ähnlich adäquate Erklärung dieses Ausdrucks läßt sich aus einem "Plot als Handlungsrahmen" m.E. z.B. nicht ableiten...

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  • 5 Monate später...

Ich krame mal diesen Strang wieder hervor und möchte gerne von meinen eigenen Erfahrungen mit "Plots" berichten.

 

Seit Juni diesen Jahres leite ich für meine Gruppe ebenfalls eine Art Sandbox, die glaube ich sehr ähnlich den Vorstellungen von Abd sind. Die wichtigsten Charakteristika sind:

 

- Es werden keine Handlungsabläufe (Ausnahme, s.u.), sondern nur Schauplätze und NSC vorbereitet. Was und wie die Spieler sich während des Spielabends bewegen und wie sie handeln, bleibt völlig ihnen überlassen. Die Spieler müssen(!) selbst entscheiden, was ihre Figuren tun. Wenn sie nichts tun, passiert eben nichts (außer die Meta-Plots, s.u.).

 

- Allerdings bereite ich die oben bereits erwähnten Meta-Plots vor. Damit sind Ereignisabläufe gemeint (um mal zum Strang zurückzukehren), die eintreten, wenn die SpF diese nicht auf die eine oder andere Art beeinflussen. Den weiteren Ablauf dieser Plots bereite ich hingegen nicht vor, sondern überlege mir dann anhand der zu dem Plot gehörenden NSC, wie diese auf Aktionen der SpF regieren.

 

- Diese Meta-Plots verfügen über einen sehr unterschiedlichen Zeithorizont, so dass ich auf kurzfristig einen dieser Plots immer mal aufgreifen kann, wenn gerade "Leerlauf" ist. Läuft einer dieser Plots ins Leere oder wird er im Sinne der SpF gelöst, plane ich einen neuen Meta-Plot. Diese Plots werden mal mehr, mal weniger (oder gar nicht) bespielt, dies liegt alleine in der Hand der Spieler. Auf diese Weise baue ich einerseits Spannung auf, andererseits passiere so auch Dinge abseits der Handlungen der Spieler.

 

Diese Art der Spielvorbereitung hat jedoch mehere Hürden, die schlicht nicht für jeden Spielleiter zu bewältigen sind:

 

- Der Zeitaufwand zur Vorbereitung ist enorm. Grundsätzlich halte ich immer mehrere Dungeons, Städte und Dörfer in der Hinterhand, um diese bei Bedarf einzusetzen.

 

- Die Immersion leidet enorm, wenn die Spielfiguren wirklich in eine gänzlich andere Richtung wandern als von mir erwartet. Zumindest mir als Spielleiter fällt es trotz allem Improvisationstalent äußerst schwer, dann noch eine spannende Spielatmosphäre aufzubauen, die dennoch nicht an Detail und Logik krankt. Machmal gelingt dieser Spagat, oft aber auch nicht in einer mich zufrieden stellenden Weise.

 

- Es ist absolut nicht jeder Spieler für diese Spielform geeignet. Ich persönlich empfinde sie auch nicht für besonders Rollenspiel-förderlich, da zumindest meine Gruppe immer wieder von atmosphärischer Ingame-Diskussion in eine Meta-Diskussion abdriftet, was denn nun zu tun sei.

 

- Je größer die zeitlichen Abstände der Spielabende und je länger diese sind, desto hilfreicher ist ein klar vordefinierter Plot in der hier vorgestellten engeren Definition, da doch so manche Information oder so manches Details über mehrere Wochen einfach in Vergessenheit gerät.

 

- Die Spieler müssen die Welt sehr, sehr gut kennen bzw. sich gut mit dieser Welt identifizieren, um eine Vorstellung von möglichen und unmöglichen Handlungen zu gewinnen bzw. die Konsequenzen ihres Handelns einschätzen zu können. Dies ist eigentlich ein KO-Kriterium für die meisten neu formierten Gruppen, da hier ein gewissen Maß an "herumprobieren" für die Spieler notwendig ist, damit der Spielleiter (bzw. die Welt, die er formt) halbwegs "berechenbar" ist.

 

- Bestimmte Abenteuerformen sind bei dieser Art des Rollenspiels gänzlich uninteressant, z.B. Wildnis- und Reiseabenteuer, die m.E. erheblich mehr Vorbereitung für den Spielleiter bedeuten, um ausreichend Herausforderung, Abwechslung und Spaß zu bieten. Reisen á la "wir reisen jetzt nach Ort XY, passiert da etwas?"... "Sechs Wochen später seid ihr da..." passen für mich jedoch nicht in eine mittelalterliche Fantasywelt! Gleiches gilt für "was passiert in den nächsten acht Monaten?" "Nicht viel..." Dies ist ein kleines Dilemma, das ich bislang nicht zu lösen vermag.

 

Meines Erachtens sind Meta-Plots absolut unverzichtbar. Immerhin geht es mir und auch meinen Mitspielern um eine spannende Geschichte, die erzählt werden will. Eine Geschichte braucht einen Anfang - aber auch einen Höhepunkt - und Spielfiguren, die in dieser Geschichte eine Bedeutung haben können. Der Meta-Plot sollte soweit durchdacht sein, dass der Spielleiter den Anfang kennt - und zumindest eine Idee davon hat, wie die Geschichte enden "könnte". Ansonsten ist die Geschichte beliebig und völlig unspannend. Ich bin der festen Überzeugung, das eine solche Art des Rollenspiels den allerwenigsens Spielern Spaß bereitet, wenngleich es natürlich immer mal eine Gruppe Gleichgesinnter geben mag, die auf diese Art des Spiels steht.

Bearbeitet von Roumorz
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- Es ist absolut nicht jeder Spieler für diese Spielform geeignet. Ich persönlich empfinde sie auch nicht für besonders Rollenspiel-förderlich, da zumindest meine Gruppe immer wieder von atmosphärischer Ingame-Diskussion in eine Meta-Diskussion abdriftet, was denn nun zu tun sei.

Das ist richtig. Als SL sollte man da auch mal in eine Diskussion der Spieler helfend eingreifen, wenn sie ins Leere führt, oder sich im Kreis dreht. Sehr praktisch sind da z.B. mit der Gruppe mit laufende NSC, die mit den SC befreundet sind. So kann der SL immer auch mal deren Meinung zum Besten geben und so auch Ideen einbringen. Natürlich nicht zu oft und diese NSC müssen auch nicht immer Recht haben mit ihrer Meinung, sonst verlassen sich die Spieler drauf. Es ist durchaus anspruchsvoll für den SL, das gut zu managen.

 

Grüße

 

Bruder Buck

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