Zum Inhalt springen

Rollenspiel ist...


Shadow

Empfohlene Beiträge

Habe ich das jetzt richtig kapiert: Abenteuer schreiben ist ähnlich kreativ wie das Romanschreiben, es gibt ein paar vergleichbare Tätigkeiten (Erfinden von Figuren, Örtlichkeiten, Hintergründen), aber ansonsten ist doch so ziemlich alles anders? In dem Falle würde ich den Vergleich doch einfach weglassen. Trotz Hennis ausführlicher Schilderung sehe ich einfach zuwenig Gemeinsamkeiten, weil Romanschreiben sich vor allem um "Handlung festlegen" (bzw. Konflikt und Konfliktlösung ohne Interaktionsmöglichkeiten) dreht, während Abenteuer schreiben (eigentlich: eine Kampagne vorbereiten) meiner Ansicht nach sich ausschließlich um die oben genannten Tätigkeiten drehen sollte.

 

Wieso werden überhaupt Handlungsverläufe entworfen? Wieso müssen Rollenspiel-Abenteuer vor dem Spiel bereits Handlungen haben? Genügt es nicht, dass die Spieler einfach in der Fantasie-Welt handeln? Ohne dass eine bestimmte Handlung geplant ist? Mir ist (ganz ehrlich) der Zweck einer (oder dutzender alternativer) geplanten Handlung(en) einfach nicht klar, wenn die Spieler doch tun und lassen können, was sie wollen - und das auch meistens tun.

 

Ich habe auch etwas Bauchschmerzen bei der Formulierung, dass Handlungen "erlebt" werden. Das Wort stört mich wirklich. Sich etwas noch so plastisch vorzustellen und zu verbalisieren, ist doch kein Erleben. Die Spielfigur (fortan einfach Sf) "erlebt" die Dinge, der Spieler selbst interagiert doch nicht konkret mit der Umwelt des Abenteurers. Ich zumindest verspüre keine Schmerzen, wenn meine Sf von einem Schwert durchbohrt wird. Auch erlebe ich keine Lust, wenn meine Sf erfolgreich eine Dame verführt hat.

 

Ich spreche lieber von der Immersion oder dem Eintauchen, wobei man durchaus emotional verbunden ist mit dem Geschehen, es trotzdem klar ist, dass ich nach wie vor auf meine Stuhl sitze. Mag sein, dass die Differenzierung ein wenig kleinlich ist, ich habe aber bei der Rede vom "Erleben" immer das Bild vor Augen, wie jemand völlig von der Realität wegdriftet und die Fantasiewelt über die Wirklichkeit stellt.

Link zu diesem Kommentar

Jetzt scheint es mir so, dass Rosendorns Ablehnung der Romananalogie vor allem aus einer Abwehrhaltung gegen das böse Railroading kommt. Irgendwie habe ich manchmal den Eindruck einige Spieler wurden in der Vergangenheit regelrecht traumatisiert und wittern nun hinter jeder Ecke einen Abenteuerautor oder SL, der sie zu Statisten in ihrer Geschichte degradieren will.

Bei genauem Nachdenken stimme ich allerdings zu, dass mir solche negativen Tendenzen auch schon aufgefallen sind. Namentlich kann ich hier den Karmodin-Zyklus nennen.

Ich würde allerdings nicht so weit gehen, für die Planung eines Abnteuers das Vorbereiten eines Handlungsfadens völlig verdammen zu wollen.

Sicher hängt es vom einzelnen Abenteuer ab, wie starr oder flexibel der ist. Bei Überlandabenteuern kann man schon davon ausgehen, dass die einzelnen Stationen erreicht werden, bei Stadtabenteuern sind vielleicht nur einzelne Ereignisse vorgegeben, auf die die Abenteurer keinen Einfluss haben.

Natürlich sollte ein guter SL die Souveränität besitzen, seinen vorgesehenen Handlungsfaden auch zu verlassen, wenn die Aktionen der Spielfiguren das ergeben. Umgekehrt sollten die Spieler auch die Kooperationsbereitschaft haben, sich ein wenig auf den SL einzulassen.

Wenn der SL das Abenteuer damit beginnt: 'Ihr kommt in die Stadt xy und seht am Straßenrand einen Gaukler. Interessiert bleibt ihr stehen, um euch dessen Kunststücke anzuschauen.' so ist das absolut legal, auch wenn der SL damit formal den Spielern die Entscheidungshoheit für ihre Spielfiguren abnimmt.

 

Ich stimme Henni zu, dass beim Erstellen und auch beim Leiten eines Abenteuers auch Kreativität und ein Gefühl für eine gute Geschichte gefragt sind. Das gilt auch für das Schreiben eines Romans aber auch für das Drehen eines Films.

Allerdings habe ich (und so hatte ich Rosendorns früheres Posting verstanden) von einem Roman einen viel höheren Anspruch bezüglich Charakterentwicklung, Ideenreichtum und sprachlichem Niveau (und ich lese ganz sicher keine Hochliteratur).

Auf der anderen Seite muss ein gutes Abenteuer auch aufgebaut sein wie eine gute Gebrauchsanweisung: Übersichtlich, logisch, ohne Spannungsbogen für den Leser (=SL), ohne sprachliche Höhenflüge.

Ein Romanautor wird sein Werk ungern mit den Maßstäben einer Gebrauchsanweisung messen lassen. Ein Abenteuerautor, für den das auch gilt, hat sein Thema teilweise verfehlt.

Link zu diesem Kommentar

Stephan, ich gehe jetzt mal nur auf deine ersten beiden Sätze ein, weil du mich da "analysierst", und versuche ganz langsam und deutlich zu schreiben: Meine Ablehnung der Romananalogie kommt weder von einem Trauma noch irgendeiner Abwehrhaltung gegenüber Railroading, sondern schlicht und einfach von der Tatsache, dass ich die Analogie für falsch halte. Falsch. F-a-l-s-c-h. Romane und Rollenspielsitzungen/-abenteuer teilen sich grundsätzlich die Medien (Sprache, Fantasie), sind aber trotzdem grundverschiedene Dinge, wie du ja im hinteren Teil deines Postings selbst darlegst.

 

Wieso willst du mir nicht zugestehen, dass ich deine aktuelle Erkenntnis schon vor Dutzenden von Postings (o.k., eigentlich schon vor ein paar Jahren) hatte? Was versprichst du dir davon, wenn du meine Schlüsse, die sich ja mit deinen decken, einfach als psychopathologische Kurzschlüsse darstellst? Ist es dir so wichtig, dass du DIE große Erkenntnis nun doch im Nachhinein als erster hast? Bitte, kannst sie haben. Ich hatte sie jedenfalls nicht als erster.

 

Nichts desto Trotz ist dein Vergleich Roman - Gebrauchsanleitung bis zu einem gewissen Grad tauglich und interessant. Allerdings muss man noch feststellen, dass die anderen nicht nur vom Abenteuer schreiben = Romanschreiben sprechen, sondern auch vom Rollenspielen (also die Spielsitzung selbst) = sowas wie Roman schreiben. Und da hinkt dann leider dein Vergleich.

Link zu diesem Kommentar

Rosendorn, ich erhebe keinerlei Anspruch auf irgendwelches Primat.

Ich hatte allerdings den Eindruck, dass du in Posting 126 der Romananlaogie mit anderen Argumenten entgegnest als in Posting 58, wo insbesondere die ersten beiden Sätze des letzten Absatzes meine volle Zustimmung fanden.

 

Ansonsten war der erste Teil meines Postings 127 in erster Linie eine Reaktion auf den zweiten Absatz von Posting 126.

Dein letzter Absatz in Posting 128 ist natürlich völlig richtig. Möglicherweise hat mich die Erfahrung mit den verhinderten Romanautoren als Abenteuerautoren (und die Tatsache, das es jetzt auch Midgardromane gibt, was ich auch total bescheuert finde) so allergisch gegen die Verbindung Roman-Rollenspiel gemacht, dass ich diese feine Differenzierung übersehen habe.

Link zu diesem Kommentar

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...