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Abd al Rahman

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Blogbeiträge von Abd al Rahman

  1. Abd al Rahman
    Das ist bestimmt schon jedem Spielleiter passiert. Die Gruppe läuft aus dem Abenteuer raus oder daran vorbei.
     
    Mir ist das gerade auch wieder bei unserer Midgard 1880 - Runde passiert (ich leite die Kampagne "Sturm über Ägypten").
     
    Was ist also passiert? Den Abenteurern war schlicht und ergreifend die aktuelle Situation zu gefährlich. Sie flohen aus Kairo. Um Spoiler zu vermeiden gehe ich nicht weiter auf diese Situation ein.
     
    Was kann der Spielleiter also machen, um ein herauslaufen aus dem Abenteuer zu verhindern bzw. zu vermeiden?
     
    Ich sag es Euch: Vieles. Aber sollte er das auch? Ich sage: "Nein!"
     
    In so einem Fall, überlegt Euch, wie das eigentliche Abenteuer weiterlaufen könnte. Überlegt Euch, was passiert, wenn die Abenteurer sich nicht einmischen. Spinnt diesen Gedanken weiter. Kommt es dadurch zu einer späteren, eventuell viel heftigeren Konfrontation? Geschehen Dinge mit mehr als nur lokalen Auswirkungen? Seht das Herauslaufen der Abenteurer als Chance eine viel tiefere, eine viel vielschichtigere Welt zu vermitteln, wie es der geplante Abenteuerfortgang hätte tun können.
     
    Es ist natürlich klar, das man das nicht ad hoc entscheiden kann. Es ist klar, dass man Zeit braucht. Eventuell muss man den Spielabend abbrechen und sich Gedanken machen. All das ist ok. Probiert das mal aus. Ich bin mir sicher, die meisten Spieler werden so ein Vorgehen zu schätzen wissen. Lasst das Herauslaufen aus dem Abenteuer nicht ohne Konsequenz sein.
     
    Vor allem vermittelt Ihr Euren Spielern eines: Sie sind Herr über das Schicksal ihrer Charaktere. Ihre Entscheidungen sind wichtig! Das, was die Charaktere unternehmen - oder in diesem Fall nicht unternehmen, verändert die Spielwelt.
     
    Vermeidet aber den Eindruck, dass ihr euren Spielern eine reinwürgen wollt. Lasst interessante Dinge geschehen. Lasst Dinge geschehen, die den Spielern Freude bereiten. Die sich lohnen gespielt zu werden.
     
    Habt Mut
  2. Abd al Rahman
    Hier habe ich mir ein paar Gedanken zu Regeln gemacht und erkannt, dass kurze und knappe Regeln für klarere Verhältnisse an den Spieltischen sorgen, als detaillierte und komplizierte Regeln.
     
    Jetzt stelle ich mir die Frage, trifft das auch auf Beschreibungen zu? Zum Thema Beschreibungen kam heute ein ganz guter Blog-Beitrag raus. Ergänzend dazu, ein paar meiner eigenen Überlegungen.
     
    Worum geht es bei Beschreibungen? Es geht letztendlich um die Erschaffung des gemeinsamen Vorstellungsraums. Wie müssen Beschreibungen ausfallen, damit diese möglichst exakt in den gemeinsamen Vorstellungsraum einfließen?
     
    Nach meiner Erfahrung sind kurze und knappe Beschreibungen besser geeignet möglichst gleiche Vorstellungen bei anderen zu erzeugen. Leider ist es hier nicht so einfach wie mit Regeln. Kurze und knappe Beschreibungen lassen kaum Stimmung aufkommen. Hier wird also ein Kompromiss benötigt. Wie könnte der aussehen?
     
    Ich experimentiere schon seit längerem mit einer Mischung aus eher technischen Beschreibungen einer Szene und stimmungsvollen Eindrücken. Wie schaut das aus? Ich kenne die Regeln. Ich weiß welche Eckdaten für die Regeln wichtig sind. Anzahl Personen, Entfernungen, Lichtverhältnisse usw. All das benötigt ein Spieler möglichst exakt um Entscheidungen treffen zu können: Sind die Gegner in Reichweite meiner Zauber oder Fernwaffe? Wie tief ist der Abgrund? Wie breit ist der Bach? Wie reißend? Diese Informationen muss ich möglichst genau in meine Beschreibungen packen. Argument wie: "Aber die Charaktere können das doch nicht genau abschätzen" zählen nicht. Auf Nachfrage muss ich ihnen ja doch Antwort geben, damit sie ihre Fertigkeiten richtig einsetzen können. Da kann ich diese Informationen auch gleich bei der initialen Beschreibung mit einflechten.
     
    Trotzdem aber kann es dazu kommen, dass es zu Fehlern im gemeinsamen Vorstellungsraum kommt. Eine der wichtigsten Aufgaben eines Spielleiters ist es, diese Fehler zu erkennen und auszumerzen. Fehler hier führen zu Frust, weil Fehlentscheidungen passieren. Fehlentscheidungen gehören zwar zum Rollenspiel dazu, aber nicht, weil der Spieler etwas falsch verstanden hat. Also liebe Spielleiter, sorgt dafür, dass der gemeinsame Vorstellungsraum steht. Dass da möglichst wenige Fehler drin sind.
     
    Eine Faustregel hierzu ist, dass nur dann etwas im gemeinsamen Vorstellungsraum enthalten ist, wenn alle Spieler (wozu auch der Spielleiter gehört) dem zugestimmt haben. Daraus folgt, dass unausgesprochenes im gemeinsamen Vorstellungsraum enthalten ist, ausgesprochenes, sofern dem nicht widersprochen wird, schon. Deshalb achtet drauf, vor allem als Spielleiter, was Eure Spieler erzählen, auch wenn sie untereinander reden, Korrigiert Fehler gleich. Lasst sie sich nicht in den Köpfen der Spieler festsetzen.
  3. Abd al Rahman
    In meiner regelmäßigen Freitagsrunde ist etwas passiert, das mich dann doch etwas aus dem Konzept gebracht hat.
     
    Hier was passiert ist, zusammen mit einer kurzen Übersicht über die Kampagne.
     
    Ich leite eine Kampagne, die mittlerweile seit... Hmm... ca. 4-5 Jahren läuft. Die Kampagne spielt in der Vergangenheit Midgards und es gilt den Arracht und dem Anarchen kräftig in den Hintern zu treten und dafür Sorge zu tragen, dass sich Midgard so entwickelt wie wir es kennen. Einmal ist das bisher gelungen. Das 1. Dunkelheim ist vernichtet. Danach gab es einen Zeitsprung über ein paar tausend Jahre und jetzt werden gerade Verbündete gesammelt um auch noch das 2. Dunkelheim angreifen zu können.
    Ich leite eine Sandbox. Es gibt zwar einen Plot, den die Abenteurer aber nicht bespielen müssen. Es war am Anfang auch offen, auf welche Seite sie sich schlagen werden.
     
    Die Charaktere haben teilweise Grad 15 erreicht, was in Midgard der höchste erreichbare Grad (Level) ist und so ca. 10 Jahre wöchentliches Spiel bedeutet.
     
    Die freie Entscheidung der Spieler ist mir sehr wichtig. Das geht manchmal nicht Ohne Komplikationen vonstatten.
     
    Meine Spieler haben beschlossen, dass es Sinn machen würde, ins Emypyreum zu reisen um dort ein paar offene Punkte auf ihrer Liste abzuhaken. Was braucht man also dazu? Das ist nicht ganz so einfach. Man braucht richtig große Magie. Es gab bisher auch nur sehr wenig erfolgreiche Versuche ins Empyreum vorzudringen.
     
    Was man dazu benötigt wussten die Charaktere aus vergangenen Abenteuern: Einen Sphärenwagen. Wo bekommt man also einen her? Richtig, man baut sich einen. Man hat ja schließlich einen Meisterthaumaturgen in der Gruppe, der also für magische Gegenstände aller Art zuständig ist.
     
    Wie gesagt, das macht im Kontext der Kampagne alles seinen Sinn, hat mich aber trotzdem überrascht.
     
    Wie regelt man den Bau eines solch komplexen Gegenstandes? Wir haben das in der Runde diskutiert und haben gesagt, dass der Bau von so einem Ding eigentlich eine Lebensaufgabe sei. Wir einigten uns auf eine Bauzeit von 20 + 1w20 Jahre. Das Ergebnis waren 37 Jahre Bauzeit.
     
    Und was machen die Charaktere in dieser Zeit? Die Welt erkunden, Handelsbeziehungen knüpfen und verbündete suchen.
     
    Für mich heißt das, und jetzt komme ich zum Thema des Blog-Eintrags zurück, dass ich jetzt eine Weltkarte der Spielwelt zeichnen muss und mir zu den diversen Regionen der Spielwelt Gedanken machen muss, die mir bisher eigentlich egal waren. Die 37 Jahre spielen wir natürlich auch nicht aus. Wir spielen nur ein paar besondere Begegnungen. Das bedeutet, dass ich nicht nur Kulturen und Regionen erfinden muss, sondern mir auch noch Abenteuer in diesen Regionen ausdenken muss.
     
    Ich find das gerade richtig cool. Spannender kann das Leiten für einen Spielleiter eigentlich nicht sein. Es macht ziemlich viel Arbeit, aber ich liebe es durch so Ideen von meinen Spielern herausgefordert zu werden.
     
    Daher mein Tipp: Nehmt Eure Spieler nicht an die kurze Leine. lasst sie laufen. Nehmt ihre Ideen auf. Es lohnt sich!
  4. Abd al Rahman
    Ausgehend von diesem Beitrag (incl. Zitate) stelle ich folgende These auf:
     
    Einzelabenteuer sind ohne Railroading fast nicht umzusetzen. Die Betonung liegt hier auf fast. Dass ich mir irgendwelche wilden Beispiele zusammenkonstruieren kann um zu einem anderen Ergebnis zukommen ist mir auch klar.
     
    Wenn ich ein Einzelabenteuer habe, dann startet das immer mit diversen Vorgaben und Annahmen des Spielleiters. Extremer Fall: Das Schiff geht unter. Andere Fälle wären: Euer Verwandter Onkel Benz wird entführt, verhaftet oder ermordet. Die Abenteurer haben bei solchen Abenteuern normalerweise keinen Bezug zur Vorgeschichte. Dashalb heißen sie Einzelabenteuer. In Kampagnen kann diese Vorgeschichte erspielt werden. In obigen Fall können die Spieler entscheiden ob sie diesen Verwandten mögen oder nicht, ihm also helfen wollen oder nicht. Das läßt sich mit den anderen gängigen Abenteuereinstiegen fortsetzen:
     
    Die Abenteurer sind auf einem Schiff und erleben Schiffbruch. Im Einzelabenteuer verfrachtet der Spielleiter die Abenteurer irgendwie auf ein Schiff, damit das geplante Einzelabenteuer stattfinden kann.
     
    Die Spieler erhalten einen Auftrag. Im Einzelabenteuer wissen die Spieler: Nehme ich den Auftrag nicht an, gibt es kein Abenteuer. In einer Kampagne spielen diese Gedanken nur selten eine Rolle.
     
    Einem Abenteurer geschieht irgendwas schlimmes. Im Einzelabenteuer muss der Spielleiter darauf hinarbeiten, damit das Abenteuer stattfinden kann. In einer Kampagne hingegen ist es egal. Je nach Verhalten der Spieler kann das Ereignis eintreten oder auch nicht.
     
    Ich glaube, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen Railroadingfreunden und Gegnern zum Großteil aus einer unterschiedlichen Wahrnehmung heraus, was Einzelabenteuer und was Kampagnen sind, bzw. bedeuten resultieren.
     
    Das Kampagnen sich meistens aus einer Anzahl von Einzelabenteuern zusammensetzen dürfte klar sein. Ich spreche hier also von allein stehenden Abenteuern. Abenteuern die man z.B. auf Cons spielt. Oder Abenteuer eines Spielstils, bei dem man sich ab und zu zusammensetzt um was spannendes zu erleben. Eine zusammenhängende Geschichte also nicht zum Spielspaß gehört.
     
    In solchen Einzelabenteuern gibt also der Spieler bewusst die Entscheidung ab, wo sein Abenteurer sich gerade befindet. Teilweise geben solche Abenteuer bereits die Anfangsmotivation des Charakters vor: "Dein Onkel wird vermisst". Damit solche Abenteuer funktionieren, muss der Spieler sich also auf diese Vorgaben einlassen. In einer Kampagne hingegen, wäre der Onkel den Spielern bereits bekannt. Man hat mit ihm schon was erlebt, ihn als NSC kennen gelernt. Spieler können frei entscheiden, bzw. ich glaube das trifft es besser, sie können die Entscheidung zu helfen aus dem bisherigen Verlauf der Kampagne begründen.
     
    Ich halte Diese Form von Railroading für absolut gerechtfertigt (wobei es ja auch Diskussionen darüber gibt, ob Railroading mit dem alle einverstanden sind überhaupt Railroading ist). Es dient der Vorbereitung für ein Abenteuer und somit dem Spielspass.
     
    Für Diskussionen um das Thema Railroading wäre es also sinnvoll zunächst mal zu klären, ob man von Einstiegen in Einzelabenteuer oder von ganzen Kampagnen spricht.
  5. Abd al Rahman
    Jetzt, nachdem nach 10 Jahren meine Midgard-Megakampagne durch ist, kann ich meine Erkenntnisse als Spielleiter zusammenfassen.
     

    Sandboxing ist für Spieler und Spielleiter eine Herausforderung. Man muss sich dran gewöhnen, sonst verläuft man sich in der Sandbox. Zu viel Freiheit bedeutet auch, dass man sich verzetteln und den roten Faden verlieren kann. Schließlich spielen wir unsere Figuren meistens maximal 1x die Woche für wenige Stunden.

     
     

    Mit Midgard sind epische Handlungssfäden möglich und sie machen Spass, auch ohne die Regeln viel anpassen zu müssen. Die von uns verwendeten Hausregeln (Lerndauer, Spezialisierungen auf Fertigkeiten) wurden nach der Umstellung auf M5 überflüssig.

     
     

    Bei einer Sandbox ist es nicht notwendig sich detailliert auf Schauplätze vorzubereiten - es sei denn die Spieler versichern dem Spielleiter dass sie das nächste Mal garantiert xy besuchen werden. Als Spielleiter lernt man am Besten alles über die bespielte Kultur(en). Wie leben die Menschen? Wie schaut ihre Religion aus? Wie funktioniert der Alltag? Ich hab mir kleine Kurzgeschichten zur Vorbereitung ausgedacht, in denen ich beliebige Personen ihren Alltag oder besondere Geschehnisse erleben ließ. So konnte ich mir die Spielwelt quasi von innen anschauen.

     
     

    Man darf auch mal sagen, "Sorry, ihr habt mich überrannt. Ich muss mich erstmal überlegen was jetzt passiert." In einer Sandbox passieren auch Dinge, die man nicht so einfach über's Knie brechen kann, wo man sich erstmal Gedanken über alle Konsequenzen machen muss. Die Spieler akzeptieren es, wenn man hier das Spiel mal unterbricht.

     
     

    Zu viel Vorbereitung kann schädlich sein. Man muss nicht jede kleine mögliche Verwicklung oder jeden möglichen Handlungsstrang oder gar die Hauptfiguren im Kopf haben. Zum einen widerspricht das der Idee einer Sandbox, zum anderen wäre das alles viel zu komplex um es im Kopf zu behalten. Tiefe und komplexität kann man auch anders erzeugen. Hier ein zufälliges, völlig aus jeden Kontext gerissenes Ereignis einwerfen, dort einen NSC einführen, bei dem man noch keine Ahnung hat wer er genau ist oder was er genau will. Sowas wird oft zum selbstläufer und kann zu einem der Haupthandlungsstränge führen. Das gibt des Spielern auch die Gewissheit Dinge selbst in der Hand zu haben.

     
     

    Loslassen als Spielleiter. Das ist wichtig. Es ist nicht die alleinige Welt des Spielleiters. Die Spieler sollen sie sich zu eigen machen. Sie mit den Mitteln ihrer Figuren und den Wünschen der Spieler gestalten.

     
     

    Man darf als Spielleiter auch sagen, wenn man zu etwas keine Lust hat. In einer Sandbox dürfen Spieler machen was sie wollen. Der Spielleiter ist allerdings ebenfalls ein Mitspieler. Wenn die Spieler eine Richtung einschlagen wollen, auf die der Spielleiter keine Lust hat, darf er das ansprechen.

     
     

    Änderungen dürfen an der Sandbox auch nachträglich vorgenommen werden. Wenn ein Spieler ein tiefergehendes Problem (wohlgemerkt der Spieler und nicht die Figur) mit einer Entwicklung hat (die Entwicklung also massiv den Spielspass beeinträchtigt), darf diese Entwicklung auch rückgängig gemacht werden - egal ob sie der Spielleiter oder die Spieler angestoßen haben. Man muss halt in der Gruppe drüber reden, wie man die Spielwelt so hinbiegt, dass sie allen wieder Spass macht. Man will ha ein paar Jahre in dieser Welt verbringen.

     
     

    Stark von der Tagesform abhängig. Als Spielleiter bedeutet eine Sandbox, dass man viel improvisieren muss. Wie gut man das hinbekommt ist von der Tagesform abhängig. Je besser man seine Sandbox kennt, je besser kann man Schwächen in der Tagesform ausgleichen. Hört sich lustig an, ist aber so: Man kann sich auf's improvisieren vorbereiten.

  6. Abd al Rahman
    Jetzt wird es glaub ich kontrovers. Ich glaube nicht, dass es viele Spieler gibt, die meine Meinung teilen
     

    In einer Diskussion im Netz ist mir wieder aufgefallen, weswegen ich so ein Fan von Würfeleien bin. Würfel helfen mir eine Rolle gut zu spielen.
     
    Ok, eine Einschränkung muss ich hier machen. Es gibt Rollenspielsysteme (die ich auch sehr gerne spiele), die einen erzählerischen Ansatz haben. Dort spiele ich in der Tat anders, dort erwarte ich von meinen Mitspielern etwas anderes.
     
    Aber zurück zum Thema.
     
    Wie ist das mit gutem RollenspielTM und den würfeln?
     
    Gehen wir mal von einer Standardsituation im Rollenspiel aus. Dort ist eine Wand, da will ich hochklettern. Mein Rollenspiel beschränkt sich darauf meinem Spielleiter zu sagen wie ich in etwa gedenke vorzugehen: "Hey, SL, Ich hau beim Klettern Kletterhaken in die Wand!" oder auch: "SL, ich weiß die Wand ist rutschig. Helfen mir meine Steigeisen?". Mein SL wird mir dann antworten: "Hmm, ok, gute Idee, ich geb Dir einen Bonus auf Deinen Wurf." Danach wird gewürfelt und dann wird entschieden wie die Situation ausgeht. Eventuell, je nach persönlicher Präferenz wird die Aktion noch näher beschrieben.
     
    Bei sozialer Interaktion schaut das aber leider viel zu oft anders aus. Hier wird versucht gutes Rollenspiel zu betreiben und die soziale Interaktion wird offen ausgespielt. Wenn man als Spieler gut ist, achtet man bei der Wortwahl noch auf seinen Fertigkeitswert. Danach wird gewürfelt (oder auch nicht, je nach Gruppe). Der Spielleiter gibt eventuel noch einen Bonus oder Malus auf den Wurf. Das war's dann aber schon.
     
    Mein Ansatz wäre ein anderer:
    Der Spieler beschreibt seine Herangehensweise. Er beschreibt, dass er Blumen für die angebetete kauft, er beschreibt, dass er den Händler erstmal 'ne Weile beobachten möchte bevor er in Verhandlungen mit ihm tritt etc. Aufgrund dieser Vorbereitungen, die ich analog zu meinem Kletternbeispiel sehe, vergibt der Spielleiter einen Bonus oder auch einen Malus. Und dann wird gewürfelt. Anhand des Würfelergebnisses wird dann der weitere Handlungsablauf gespielt.
     
    Der Nachteil liegt auf der Hand: Man weiß vor dem Gespräch, wie es ausgehen wird. Viele mögen das als Nachteil empfinden.
     
    Mein erweiterter Ansatz:
     
    Man macht nicht nur einen einzigen Wurf, sondern mehrere. Einen zu Beginn, einen (oder mehrere je nach Wandlungen im Gespräch) und einen abschließenden am Ende. Der Spieler sammelt Boni und Mali während seiner Aktion, die in den letzten Wurf eingehen.
     
    Je nach Lust und Vermögen von Spieler und Spielleiter können die einzelnen Schritte natürlich am Tisch so ausgespielt werden. Wird es schön gespielt erhält der Spieler einen Bonus auf seinen Wurf im jeweiligen Schritt.
     
    Also:
     
    [TABLE=class: grid]


    [/TD][TD]Aktion


    Wurf

    Ergebnis

    Summe



    1

    Spieler: Ich versuch mal aus dem Händler da drüben ein paar Informationen rauszuholen. Ich schau ihn mir mal etwas länger an. 
    Spielleiter: Prima Würfel mal Menschenkenntnis (bzw. die passende Fertigkeit ja nach System).


    Erfolg

    Spieler bekommt z.B. +2 auf weitere Würfe.

    +2



    2

    Das Gespräch wird ausgespielt. Der Spieler fragt ein paar belanglose Dinge, versucht also den NSC einzulullen. 
    Spielleiter: Würfel doch mal auf Verhören wie gut Dir das gelingt. Und weil Du das so schön gespielt hast, bekommst Du +1 auf Deinen Wurf.


    Misserfolg - trotz +1.

    Spieler fragt was falsches und macht den NSC mißtrauisch: -1 auf weitere Würfe.

    +1



    3

    Der Spieler versucht es jetzt anders: 
    Spieler: Ey, Händler, ich weiß wo Deine Familie wohnt!
     
    Spielleiter: Uh! Das ist gewagt. Würfel mal wie gut es Dir gelingt den Händler einzuschüchtern.


    Kritischer Erfolg!

    Der Spieler hat genau den Nerf des NSC getroffen und erhält +4 auf weitere Würfe:

    +5



    4

    Spieler: Ok, jetzt versuch ich mal das zu fragen was ich wirklich wissen will. 
    Spielleiter: Prima. Würfel mal. Du hast jetzt +5.


    Erfolg!

    Der Spieler erhält die gewünschten Informationen.

    -

    [/TABLE]
     
     
     
     
     
    Ein kritischer Fehler bei einem der Würfe hätten die Bemühungen das Spielers zu nichte gemacht.
     
    Diese Methode ähnelt diversen Mechanismen aus anderen Systemen (erweiterte Proben, Erfolge sammeln ...). Man sollte sie öfter verwenden - gerade auch in Systemen, die so eine Methode nicht vorsehen. Und wie gesagt: Die einzelnen Schritte können am Tisch nach Lust und Laune ausgespielt werden. Würfelwürfe werden nicht obsolet und diejenigen, die am Tisch soziale Interaktion ausspielen wollen kommen auch nicht zu kurz.
     
    Und letztendlich: Beim ersteigen einer hohen Wand wird ja auch pro Kletterabschnitt einmal gewürfelt.
  7. Abd al Rahman
    Hallo zusammen,
     
    mir ist bei unserer letzten Runde etwas aufgefallen:
     
    Wie ihr wisst, liebe ich ich es für hochgradige Runden zu leiten. Je mehr die Charaktere können, je lieber ist mir es. Ich find es einfach cool, wie meine Spieler auf Ideen kommen, die mir nie eingefallen wären.
     
    Gleichzeitig aber ist mir in letzter Zeit aufgefallen, dass die Spieler so langsam den Überblick über die Möglichkeiten ihrer Figuren verlieren (die Runde ist im Schnitt so bei Grad 12-15. Die Charaktere sind zum Teil weit über 10 Jahre gespielt). Damit meine ich nicht nur Fertigkeiten, Zauber, magische Gegenstände und dergleichen (das haben sie mehr oder weniger gut im Griff - je nach Spieler), sondern insbesondere auch die "weichen" Ressourcen wie z.B. ihre Kontakte.
     
    Mir als Spielleiter sind sowohl die Fertigkeiten wie auch die weichen Ressourcen der Charaktere weitestgehend präsent. Aber ich beschäftige mich als Spielleiter auch wesentlich mehr mit der Runde wie meine Spieler. Das mach ich, weil es mir Spass macht. Ich erwarte das nicht von meinen Spielern.
     
    Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?
  8. Abd al Rahman
    Meine Midgard-Runde war mal wieder genial gestern. Sandkisten mit hochstufigen Charakteren (meine Runde bewegt sich zwischen Grad 11 und Grad 16, Durchschnitt liegt irgendwo bei 14) machen einfach Spass.
     
    Ich find es einfach geil, wenn meine Spieler durch Aktionen ihrer Charaktere meine ganze Kampagne (bzw. meine Vorbereitungen) über den Haufen schmeißen und allem einen neue Richtung geben.
     
    Was ist passiert? Sie haben einer Chaosmacht (YenLen) eine Tochter abgeschwatzt, um diese zu erziehen. Ziel war der Chaosmacht Begriffe wie Ursache und Wirkung, Vergänglichkeit und Zeitablauf beizubringen. Das haben sie mit einer so genialen Argumentation gemacht, dass YenLen dem einfach zustimmen musste.
     
    Der Handlungsabschnitt dauerte ca. ein dreiviertel Jahr (wir spielen 1x pro Woche), es wurden ca. 15 Jahre Spielweltzeit durchgespielt. Es war granatenstark, die Charaktere bei Actionreichen Abenteuern wie "Wir bestellen ein Feld" oder "Das Kalb von Kuh Elsa liegt quer in der Gebärmutter" zu beobachten. Was ich als SL so klasse fand war, dass meine Spieler so einen Spass daran hatten ihre Hochgräder mit Alltagssituationen konfrontiert zu sehen.
     
    Lange Rede kurzer Sinn: Durch diese Aktion haben sie einer der 6 Chaosmächte Midgard auf ihre Seite gebracht, bzw. sie unterstützt zumindest nicht mehr die Gegenseite (den Anarchen). Cool war halt, dass an dieser Aktion überhaupt nichts durch mich als Spielleiter getriggert oder angeregt war. Sagte ich schon, dass ich Sandkisten und Spieler die sich darin bewegen können liebe?
  9. Abd al Rahman
    Diesmal gibt es keinen Blogeintrag über Rollenspiel im allgemeinen oder um gutes bzw. schlechtes Rollenspiel. Heute geht es um ein Verhalten, das mir in diversen Foren immer wieder auffällt.
     

     
    Fällt Euch das in Foren auch öfter? Ich meine Diskussionen, in denen es um Regeln geht? Da wird zunächst angefragt, wie denn Regel XY zu verstehen sein. Das wird von (meist) kundiger Seite beantwortet. Soweit so gut. Doch dann pklötzlich kommt von anderer Seite Gegenwind. Man würde die Regel anders verstehen, man würde diesen oder jenen Sachverhalt anders interpretieren.
     
    Jetzt läuft diese Diskussion eine Weile. Und irgendwann kommt der Punkt an dem klar wird, dass nicht mehr darüber diskutiert wird, wie eine Regel denn lt. Regelwerk verstanden werden will, sondern darum, wie ich die Interpretation des Regelweks so hinbiege, damit sie meinen Vorstellungen entspricht.
     
    Irgendwie find ich das Verhalten merkwürdig. Klar, mir muss eine Regel nicht gefallen. Ich kann sie jederzeit im Einvernehmen mit der restlichen Gruppe ändern. Aber was hat das in Diskussionen rund um die offizielle Auslegung (=RAW) der Regel zu suchen? Ich muss doch erstmal objektiv an eine Regel rangehen und sie verstehen. Erst danach kann ich vernünftig darüber diskutieren.
     
    Mir geht es nicht darum, was an den Spieltischen passiert. Da muss niemand näher drüber nachdenken, ob er das was er blöd findet auch wirklich verstanden hat (obwohl es auch da wünschenswert werde). Es geht darum, dass man im Sinne einer ordentlichen Diskussion in Foren etwas seinen geistigen Horizont erweitern sollte um die Sache von außen betrachten zu können.
  10. Abd al Rahman
    Hallo zusammen,
     
    Tuor hat in diesem Beitrag was spannendes gesagt. Und in der Tat, wenn ich mir darüber Gedanken mache ist es wirklich so, dass eine Theorieteil, der zum Regelwerk gehört eher behindert als er hilfreich ist.
     
    Warum ist das so? Wenn ich mir in der realen Welt eine Theorieanschaue, egal ob sie wissenschaftlichen Standards entspricht oder nicht (Theorien zum Rollenspiel z.B. ) kann ich diese Theorie auf irgendeine Art und Weise überprüfen, sie falsifizieren. Das kann schnell passieren (Theiriie: Wenn ich ein Glas zu Boden fallen lasse geht es kaputt), oder eine Weile Dauern (Urknalltheorie). Dem entzieht sich selbst die vielgescholtene Rollenspieltheorie, bzw. deren Ideen, nicht.
     
    Was ist aber mit Magietheorie? Ich habe keine reale (Meta-) Physik, die sich um den Wahrheitsgehalt kümmert. Ich als Spieler kann kein Experiment durchführen um zu schauen, ob ich die Theorie wirklich verstanden habe. Mangels Beweisbarkeit kann jeder die Magietheorie anders auslegen. Ich bemerke das immer wieder hier im Forum.
     
    Ich finde, dass Magietheorie auf die Spielwelt und nicht in den Regelkern gehört. Der valianische Magier kann sich gerne mehr oder weniger fundiert mit seinem albischen Kollegen drüber unterhalten, aber der Spieler sollte nicht dem Theorieteil lesen müssen um seine Zaubersprüche zu verstehen. Alles notwendige gehört in den Text des Zaubers. Bestenfalls die Unterteilung in verschiedenen Klassen (Strahlzauber ...) um Regeltext zu sparen halte ich für sinnvoll.
     
    Was haltet ihr davon?
  11. Abd al Rahman
    Hallo zusammen,
     
    wie ihr feststellen könnt, habe ich meinen alten Blog komplett gelöscht. Heute starte ich ihn neu.
     
    Im Forum bringt mir die Rollenspieltheorie nur Frust und Ärger. Ich möchte den Blog hier verwenden um meine Gedanken zu Rollenspiel, Regelmechanik und der Theorie dahinter aufzuschreiben.
     
    Mal schauen wie weit ich damit komme.
  12. Abd al Rahman
    So, ich hab jetzt am Blog ein paar Änderungen hinzugefügt. Ich hab den Namen in "Gedankenfetzen eines Kamels" umbenannt und zwei Titelseiten hinzugefügt.
     
    Mich würde es freuen, wenn hier öfter mal Leute vorbeischauen, und ein paar Kommentare hinterlassen würden.
  13. Abd al Rahman
    Ok, zugegeben, ein sehr provokanter Titel, der in dieser Absolutheit natürlich nicht stimmt. Aber trotzdem ist er im Kern wahr. Das ist mir klar geworden, als ich bei Google+ eine Diskussion von Graham Walmsley verfolgt und mit diskutiert habe.
     
    Worum geht es also?
     
    Betrachten wir doch einmal Regeln. Es gibt zwei Arten von Regeln. Mathematische Regeln und Regeln, die mit Erklärungstext daherkommen. Ich nenn sie mal semantische Regeln.
     
    Ein Beispiel für eine mathematische Regel ist: Würfel mit einem W20, addiere Deinen Erfolgswert. Wenn Du auf 20 oder darüber kommst, ist der Einsatz der Fertigkeit gelungen.
     
    Das ist klar und einfach. Jeder kann die Regel anwenden ohne groß nachzudenken.
     
    Schauen wir uns jetzt mal ein Beispiel einer semantischen Regel an: Angriffe aus erhöhter Position geben +2 auf den Angriffswurf. Ich lass mal wegen etwaiger Leser die nicht Midgard spielen die korrekten Termine wie z.B. EW:Angriff weg.
     
    Die zweite Regel ist interpretierbar. Was ist eine erhöhte Position? Reicht es wenn ich mich auf meine Zehenspitzen stelle? Sind 50 cm genug? 1m? Wie weit muss ich über dem Opfer stehen, damit der Modifikator zieht? Von einem Pferd aus kann ich beim Schlag meine +2 in Anspruch nehmen. Wirklich? Bei einem Mensch ja. Aber bei einem Oger? Wo ziehen die Regeln hier die Grenze? Wie groß ist mein Pferd eigentlich?
     
    Mehr und mehr Regeltext wird notwendig um wirklich jede Detailfrage in einem Regelwerk zu klären.
     
    Hier sage ich: Halt! Stop! Je mehr Erläuterungen man in Regeln packt, je mehr Diskussionsbedarf entsteht. Egal wie viel ich schreibe, der Diskussionsbedarf wird nicht weniger werden - im Gegenteil. Man schaut sich nur mal hier im Forum die Diskussion rund um Tiermeister an. Was bedeutet der Satz "Kann seine tierischen Gefährten in Kampfsituationen und ähnlichem führen wie die eigene Figur" (sinngemäß zitiert). Darüber gibt es hunderte von Beiträgen.
     
    Seltsamerweise funktioniert eine semantische Regel in einer Hausrunde. Zusammen definiert man Regeln, die zum Teil weit über die Komplexität von den schon sehr komplexen Midgard-Regeln (oder DSA, oder GURPS, oder oder oder) hinausgehen. Trotzdem gibt es kaum Unterschiede in der Anwendbarkeit.
     
    Woran liegt das? Meines Erachtens daran, dass gemeinsam erschaffene, bzw. erarbeitete Regeln Eingang in den gemeinsamen Vorstellungsraum finden. Jeder in dem kleinen Kreis der eigenen Gruppe hat in etwa das gleiche Verständnis für die neue Regel. ich habe beobachtet, dass je größer die Gruppe ist, je schwieriger wird es dieses gemeinsame Verständnis zu finden. Kommt jetzt diese Regel von außen in die Gruppe herein, hat man schnell das Gleiche Problem wie mit geschriebenen Regeln im Hauptregelwerk.
     
    Was für einen Schluss ziehe ich aus meinen Erkenntnissen?
     
    Regeln müssen kurz und knapp sein. Je mehr Facetten durch zusätzlichen Regeltext ich in ein Regelwerk bringe, je mehr unterschiedliche Betrachtungsweisen kann eine Regel haben. Je weniger Facetten eine Regel hat, je geringer fallen die potentiellen unterschiedlichen Sichtweisen aus.
     
    Das führt zwangsläufig zu Regellücken. "Was? XY ist im Regelwerk nicht definiert! Was ein Mist!" Falsch, kein Mist. Je mehr Text, je mehr unklare Stellen gibt es in Regeln, die wieder durch mehr Regeln erklärt werden müssen. Deshalb ist die Konsequenz: Nur das nötigste an Regeln notieren. Den Rest kann der Regelautor den Hausrunden überlassen. Strittige Passagen kann man nicht vermeiden. Man kann als Autor nur deren Anzahl reduzieren indem man sich knapp hält.
  14. Abd al Rahman
    Ich steh auf alle möglichen Arten des "Playerempowerment" oder auf Deutsch: Spielerermächtigung.
     
    Den Spielern die Entscheidung zu überlassen, was in einem Raum existiert gehört auch dazu. Es gibt Regelwerke, die dafür Regelmechanismen erschaffen haben. Dazu braucht es aber keine speziellen Mechaniken. z.B:
     
    Spieler: "Gibt es hier Mäuse?"
    Spielleiter: "Na würfel mach Suchen, Sehen, Wahrnehmung, ob Du ein Mauselosch findest."
     
    Ist der Wurf erfolgreich, gibt es Mäuse, ist er das nicht, gibt es keine. Das ist sowas wie Schrödingers Katze auf Rollenspiele bezogen. Solange ein Spieler (wozu auch der SL gehört) ein Umstand nicht explizit erwähnt, besteht er als Möglichkeit. Ein entsprechender Wurf gibt Klarheit.
     
    Geht auch anders:
     
    Spieler: "Finde ich hier Spuren?"
    Spielleiter: "Na würfel mal Spuerenlesen."
     
    Habe ich mir als SL noch keine Gedanken dazu gemacht, ob es Spuren gibt oder nicht, entscheidet der Erfolgswurf darüber, ob Spuren existieren oder nicht. Hier kann man eventuell noch Modifikatoren vergeben, wie wahrscheinlich die Existenz von Spuren ist.
     
    Kleinere Detail, wie dier Erwähnte Vase erfordern natürlich keine Würfe. Ich erwarte auch nicht, dass meine Spieler nachfragen. Ich werd schon mein Veto einlegen, wenn das mit der Vase aus irgendeinem Grund nicht geht.
     
    Diese Mechanik wird z.B. bei FATE verwendet. Im Prinzip funktioniert er mit jedem anderen Fertigkeiten-bezogenem Rollenspiel auch.
     
    Wenn man mal drüber nachdenkt, machen viele SL das doch schon jetzt so ähnlich. Wer hat sich schon Gedanken über jede mögliche Spur in einem Kriminalfall gemacht? Wer weiß schon über jede mögliche Höhle und jedes mögliche Versteck im Gebirge bescheid?
     
    Wenn man jetzt diese Technik als SL anfängt bewusst einzusetzen, wird das Spiel für den SL, der sich darauf einlässt, spannender, weil nicht so vorhersehbar.
  15. Abd al Rahman
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    Ich merke, dass ich mit Midgard in den letzten 1-2 Jahren immer weniger Spass habe. Ich hab mich gefragt, woran das liegt. Ok, das System ist schon stellenweise sperrig. Ich hab's aber als SL ganz gut im Griff und wenn es nicht zu detailliert wird, kann ich auch alle Regelfragen aus dem Handgelenk korrekt beantworten.
     
    Was stört mich also? Was stört mich als Spieler, was stört mich als Spielleiter?
     
    Mittlerweile weiß ich es. Es sind die zwangsweise netten Spielleiter. Zwangsweise? Nett? Wer zwingt mich nett zu sein? Wer zwingt mich dazu eine Herausforderung nicht knackig zu gestalten? Wer zwingt mich dazu immer im Hinterkopf zu behalten, dass jede Herausforderung zu einer hohen Wahrscheinlichkeit schaffbar sein soll? Was stört mich so daran, wenn einer meiner eigenen Charaktere sterben würde?
     
    Ich hab mir darüber eine Weile Gedanken gemacht. Das Ergebnis dieser Überlegungen ist, dass ich natürlich in keinem der Systeme die ich spiele meine Charaktere gerne sterben sehe. Bei Midgard kommt aber hinzu, dass Charaktere über einen sehr langen Zeitraum gespielt werden. 10 Jahre+ sind keine Seltenheit. Etwas, das man über so lange Zeit gespielt, gehegt und gepflegt und entwickelt hat, verliert man nicht gerne. Das ist verständlich. Ich meine, stellt Euch mal vor, ihr habt an etwas 10 Jahre gearbeitet und plötzlich kommt so ein Dödel daher und macht es Euch kaputt. Oder umgekehrt: Da sitzt man in der Heimrunde als Spielleiter und man entwirft das nächste Abenteuer, bzw. die nächste Szene. Man weiß, dass die Charaktere die man durch das Abenteuer hetzt 10 Jahre auf dem Buckel haben. Ist es da nicht natürlich im Zweifel eine Herausforderung etwas schwächer auszulegen?
     
    Andere, schnelllebigere Systeme erzeugen in mir nicht den Wunsch Charaktere vorsichtiger anzupacken. Ich neige als Spieler dazu, Charaktere aus diesen System waghalsiger, nicht so vorsichtig zu spielen. Selbstmörderisch muss natürlich auch nicht sein. Aber etwas mehr Risiken einzugehen macht Spass. Voraussetzung ist natürlich, dass man Action betontes Rollenspiel mag. Wobei Action nicht immer nur Kämpfe bedeuten muss. Der Dieb der in ein schwer bewachtes Haus eindringt oder der Assassine der todesmutig zu einer Solomission aufbricht wollen auch beide Action haben - auch ohne, bzw. nur minimalem Kampf.
     
    Ja klar ist es so, dass prinzipiell der Spielleiter keinen Schwierigkeitsgrad von vornherein festlegt (Hallo Rosendorn ), sondern die Schwierigkeit sich aus der Plausibilität der Herausforderung heraus ergibt. Aber nehmen wir z.B. mal einen Kampf. Wird der NSC wirklich jede seiner Optionen optimal nutzen? Oder wird er auch mal, gesteuert durch Bedenken des SL, ob bewusst oder unbewusst, auch mal die für die Spieler günstigere Variante wählen? Wenn ich die Anzahl der Wachen an einem Tor bestimmen muss, sind es dann 4, 5 oder 6? Sitzen noch welche in Wachstuben? Plausibel wären alle drei Möglichkeiten. Aber welche wähle ich? Welche Gedanken mache ich mir? Was beeinflusst mich?
     
    Systeme, die Charaktere langsam entwickeln lassen unterstützen, fördern vorsichtiges Verhalten. Sowohl seitens der Spielleitung und auch seitens der Spieler. Wer mehr zu verlieren hat (also investierte Zeit) neigt dazu vorsichtiger zu sein. Selbst wenn es um etwas virtuelles, ohne eigentlichen Gegenwert geht.
     
    Was schließe ich daraus? Eigentlich nur die Erkenntnis, was mich genau an Midgard stört. Es lässt mich auf den Kern zurückkommen und eventuell ebnet die Erkenntnis mir die Möglichkeit mit Hausregeln entgegenzuwirken.
     
    Oder ich warte auf M5, bei dem ja alles besser werden soll
  16. Abd al Rahman
    Das Problem:
    Gestern bei meiner Midgard-Runde hatte ich über Sandboxing eine neue Erfahrung. Sozusagen eine Erleuchtung, eine Erkenntnis tieferer Zusammenhänge - oder ich hab den Cheeseburger nicht vertragen.
     
    Meine Spieler drohen in der Sandbox verloren zu gehen. Das fängt an teile von ihnen zu frustrieren. Es werden Themen angepackt und angefangen. Mittendrin tauch ein anderes Thema, eine andere Herausforderung auf. Man wendet sich dem neuen Problem zu und lässt erstmal das Alte liegen. Das geschieht. weil teilweise die alte Herausforderung als zu komplex erschien, das geschieht, weil teilweise die neue Herausforderung als dringender erscheint.
     
    Ich als SL habe da in einer Sandbox wenig Möglichkeiten etwas zu steuern. Ich bringe keine neuen Fakten in die Sandbox. Die Fakten waren schon immer da und werden von den Spielern aus eigenem Antrieb entdeck. Meine NSC reagieren plausibel (bzw. das was ich als plausibel erachte - das muss nicht immer das Gleiche sein ) auf die Aktionen der Spieler. Was kann man also tun?
     
    Zunächst mal: Wenn die Spieler ihren Spass daran haben, hab ich damit kein Problem. Ich habe Spass an verästelten Geschichten, die sich dynamisch zu einem komplexen Netz entwickeln Wenn es anfängt die Spieler zu frustrieren wird's doof.
     
    Was kann ich also dagegen machen? In meiner Runde laufen ein paar NSC mit. Ich kann natürlich einen NSC einen entsprechenden Kommentar machen lassen, in der Form wie z.B. "Hey, wollen wir nicht mal abc erledigen? Mir wird's langsam zu kompliziert." Habe ich schon so gemacht, erzeugt aber bei mir so ein bisschen Magengrummeln. Schließlich ist das die Kampagne der Spieler und nicht die Kampagne der NSC.
     
    Natürlich funktionier auch der immer gültige Ratschlag: "Redet miteinander". Aber auch hier hab ich so ein bischen ein Magengrummeln. Nicht ich steuer die Kampagne, meine Spieler tun das selbst.
     
    Was kann ich also sonst noch machen? Hier hab ich einen Vorschlag, der aus den diversen Seminaren zu Projekt- und Zeitmanagement kommt:
     
    Die Lösung:
     
    Ordnet jedem Problem zwei Werte zu: Wichtigkeit und Dringlichkeit. ist das Problem wichtig oder unwichtig? Ist die Dringlichkeit hoch oder ist sie niedrig? Es reicht völlig zwischen wichtig und unwichtig und zwischen dringend und nicht dringend zu unterscheiden. Man muss hier keine feine Abstufung vornehmen.
     
    Und ja, auch ein wichtiges Problem muss nicht dringend sein. Und auch ein unwichtiges Problem kann so dringend sein, dass es sofort erledigt werden muss. Denkt mal drüber nach.
     
    Was ist also wichtig?
    Wichtige Probleme ist all das, das einen großen Einfluss auf die Kampagne, die Welt, die Charaktere hat. Der Hauptplot; das drohende Unheil am Horizont; die Errettung der Prinzessin aus den Klauen der Bestie (oder umgekehrt - die arme Bestie); Informationsbeschaffung zur Klärung von Hintergründen ...
     
    Was ist also dringend?
    Dringende Probleme ist all das, das keinen Aufschub duldet. Die Prinzessin wird demnächst von der Bestie gefressen (oder umgekehrt); der Dieb, der einem grad den Geldbeutel geklaut hat; der Gang auf's Klo (die Kammeraden werden es einem danken); das eindringen in das Hauptquartier der gerade anrückenden Streitmacht um Informationen zu erlangen ...
     
    Und was sind Ausnahmen?
    Eigenlich das, das sofort ohne großen Zeitaufwand erledigt werden kann. z.B. der Gang auf's Klo, oder die Fassung des flüchtigen Diebes.
     
    Diese Methode würde ich aber nur dann vorschlagen, wenn die Spieler drohen sich zu verzetteln. Ansonsten gilt: Das was gerade Spass macht soll angegangen werden. Die Sandbox wird plausibel drauf reagieren. Ansonsten ist diese Lösung einfach zu verkopft und tötet die Dynamik im Spiel.
  17. Abd al Rahman
    Da beschäftigt man sich eingehend mit den diversen Techniken zum Spielleiten, überlegt sich, wie man den Einfluss von Spielern auf den Lauf der Geschichte erhöhen und den Einfluss des Spielleiters verringern kann. Man liest was von Sandboxing und denkt sich: "Cool! Das will ich auch machen!".
     
    Ok, dann fängt man an. Man Überlegt sich die coolste Kampagne unter der Sonne, man denkt sich ein geniales Setting aus (@Steven Spielberg, George Lucas, Peter Jackson: I am selling the film rights) und dann so was. Die Spieler stehen rum und machen nix. Wie das Kaninchen vor der Schlange hocken sie wie hypnotisiert da und warten dass was passiert.
     
    Sie schaun mich an, ich schau sie an. Es fühlt sich an wie Zwölf Uhr Mittags, als Kane gegenüber der Millerbande steht. Natürlich bin ich Kane. Meine Spieler die Millerbande. Ich bin der Gute, sie die Bösen. Klar, oder?
     
    Was macht also der geniale Spielleiter wenn seine Spieler nicht spuren und die gewährte Freiheit nicht nutzen wollen? Er überlegt sich, ob es nicht doch an ihm liegt. Verdammt! Dahin ist der Nimbus der Unfehlbarkeit. Dahin ist die Selbstsicherheit, dahin ist die Erkenntnis, aus dem heiligen Gral getrunken zu haben.
     
    Ist es etwa so, dass Sandboxing so ganz alleine doch nicht funktioniert? Ist es so, dass grenzenlose Freiheit zu grenzenlosem Hilflos sein führen kann? Ja, kann es. Zumindest ist das meine Lehre, die ich aus meiner Runde ziehe. Wenn man genauer drüber nachdenkt ist es sogar recht plausibel:
     
    Spieler sehen ihre Umwelt nicht mit den Augen ihrer Charaktere. Spieler können nicht einschätzen welche Herausforderung schaffbar für sie ist und welche nicht. Ihre Charaktere können das (ok, meistens). Funktioniere echte Sandboxen deswegen nicht? Oder gibt es eine Lösung für dieses Dilemma?
     
    Ich hab einiges probiert. Ich hab den Spielern die Einschätzung der Lage aus Charaktersicht geschildert (was doof war. Ist ihr Charakter, nicht meiner), ich habe Abenteuer auf sie zukommen lassen, hab Abenteuer ihnen in den Weg gelegt (was auch doof war, ich wollte ja eine Sandbox leiten) - nichts hat so richtig funktioniert.
     
    Bis ich auf die genialste Idee von allen kam. Mit den Spielern reden! Ja! Erstaunlich. In einem kommunikativen Spiel wie Rollenspiel kann man mit Spielern reden. Sie mögen Metadiskussionen über ihre gerade laufende Kampagne. Sie mögen es gefragt zu werden, was sie denn gerne als nächstes machen würden. Ganz außerhalb ihrer Rolle. Ganz einfach als Spieler, der sagt was er denn gerne erleben, bzw. erledigen möchte. Hier kann ich dann als Spielleiter auf die Spieler eingehen, ihnen auch mal 'ne doofe Idee ausreden (Uhm, Du, versuchen könnt ihr es, aber glaubt ihr wirklich, dass Drachenjagd eine gute Idee für eine Grad 2 Gruppe ist?). Aber auch bei der doofen Idee: Wenn sie es trotzdem machen wollen, weil sie 'ne coole Idee haben wie es klappen könnte: Ja prima! Sollen sie es versuchen. Ich lass mich da als Spielleiter gerne überraschen.
     
    Und siehe da: Ab diesem Zeitpunkt hat die Sandbox wunderbar funktioniert. Die Spieler konnten sogar Flag Framing betreiben und mir mitteilen was sie denn gerne erleben würden.
     
    Ich denke, dass das was wir Theoretiker als Sandboxing beschreiben nicht funktioniert, ohne dass man den Spielern (nicht den Charakteren) ein paar Anhaltspunkte in die Hand gibt, bzw. sich mit ihren Zielen und Wünschen auseinandersetzt. Ich denke auch, dass hier der größte Unterschied zu herkömmlichen Kampagnen und Einzelabenteuern liegt. Die Kommunikation auf der Metaebene ist von größerer Bedeutung wie bei herkömmlichen Stilen.
     
    Ja natürlich ist Kommunikation immer wichtig. Aber in althergebrachten Kampagnen reicht es als Spielleiter ab und an mal zu fragen: "Und, wie gefällt es Euch bisher? Soll ich was ändern? Habt Ihr Wünsche?". Beim Sandboxing aber muss dieser Austausch viel Regelmäßiger, mit mehr Einfluß durch die Spieler erfolgen.
  18. Abd al Rahman
    Durch Diskussionen im Forum inspiriert, hier mein System, wie ich die Struktur in einer neuen Sandbox erschaffe. Eventuell kann damit jemand was anfangen.
     
    Wenn ich eine neue Sandbox erstelle gebe ich der Sandbox erstmal ein Thema. Das Thema beschreibt die Sandbox in möglichst nur einem kurzen Satz. Der Satz soll zunächst mal keine Konflikte, keine Wertung enthalten. Hier entsteht das grundlegende Bild. Das Hauptthema müssen die Spieler zu Beginn der Kampagne nicht kennen. Eine Sandbox muss nicht immer Weltumspannend sein. Ich mag die so, aber das ist eher Ausdruck meines persönlichen Stils. Drachenmann z.B. hat eine Sandbox die ich mit "Paduna sehen und sterben" umschreiben würde. Ich habe eine "Top Down" Methode mir angeeignet, "Bottom Up" geht aber auch genauso gut.
     
    - 100.000 Jahre vor den Göttern
    - Ljosgard und Myrkgard - mal wieder
     
    oder auf eine kleinere Skala gelegt:
     
    - Geschichte zweier Städte
     
    Danach überlege ich mir den Hauptkonflikt der Sandbox. Also das, was die Sandbox antreibt (einer reicht normalerweise)
     
    - Drachensänger und Arracht sind sich Spinnefeind
    - Nasser löst das Myrkgard-Problem ein für allemal
     
    Dazu kommen dann noch ein paar Schlagzeilen, die die gedachte Stimmung in der Sandbox beschreiben, wobei der Übergang zwischen Konflikt und Schlagzeile fließend ist. Auch die Schlagzeilen sind zunächst nichts für die Spieler. Hier schau ich, dass ich nicht über fünf komme.
     
    - Am Vorabend des Krieges
    - Die Brut ist überall
     
    Danach breche ich die Sandbox in kleinere Regionen: Mächtigkeitsballungen -> Länder -> Landstriche -> Städte/Dörfer -> Gemeinschaften/Organisationen -> Familien -> Einzelpersonen. Wobei hier die Struktur nicht zwingend so sein muss. Gemeinschaften (Gilden z.B.) können auch Länderübergreifend sein.
     
    Obiges Verfahren wie Thema, Konflikt und Schlagzeilen wiederhole ich für jedes der Elemente. Wichtig für den Start der Kampagne sind aber erstmal nur die des Gebiets in dem die Abenteurer die Sandbox betreten. Im Prinzip also die Elemente, über die die Abenteurer in ihrer aktuellen Situation etwas erfahren können und die Elemente die ich für mein inneres Bild benötige. Für mein inneres Bild z.B. muss ich wissen, welche Mächtigkeitsballungen es gibt, welche Länder und eventuell welche Landstriche in ihnen existieren. Die Stadt 10.000km weit weg interessiert mich erstmal wenig.
     
    Die Agenda der NSC steckt bereits in den Schlagzeilen drin. Vorteil der Methode ist, dass auch ein Land, eine Stadt, ein Dungeon eine Agenda haben kann. Der Abschluss bildet das Beziehungsgeflecht. Wie hängt wer mit wem zusammen und warum? Sind sie Feinde? Freunde? Diese Linien kann man zum einen aus der Agenda ablesen oder völlig willkürlich ziehen um sich inspirieren zu lassen. Man kann auch das Beziehungsgeflecht zuerst einzeichnen und sich dann erst über die Schlagzeilen Gedanken machen. Ich benutze die zweite Methode immer dann, wenn mir eine Ispiration fehlt.
     
    Mit diesen Informationen hab ich eigentlich alles um zum einen improvisieren zu können und zum anderen plausibel auf die Aktionen der Abenteurer zu reagieren.
     
    Neue NSC baue ich gleich in des Beziehungsgeflecht ein, auch wenn ich sie improvisieren muss. Häufig ergeben sich dann Thema, Konflikt und Schlagzeilen automatisch. Wenn nicht, improvisiere ich und ergänze meine Improvisation mit obigen Daten.
     
    Als ich vor ettlichen Jahren mit meinen Sandbox-Experimenten anfing hab ich obige Methode intuitiv angewendet. So formalisiert wie hier beschrieben verwende ich sie erst, seit ich in Dresden Files ein ähnliches System kennen gelernt habe. Das schöne an der Methode ist: Man braucht nicht zwingend einen Rechner und je nach Improvisationstalent braucht man mal mehr und mal weniger finale Ausarbeitung. Eine Übersicht über seine Sandbox hat man immer.
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