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Religionen in Chryseia


Lord Chaos

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Initationsriten sind meines Wissens nach ein typischer Bestandteil von Mysterienkulten. Der Jachoskult hat mMn sicherlich welche, aber die Nea Ekklesia? In den meisten polytheistischen Religionen ist man Gemeinschaftsmitglied wenn man an den öffentlichen Kulthandlungen teilnimmt.
Initiation bezeichnet nur die Aufnahme eines Außenstehenden in die Gemeinschaft. Das muss kein Mysterienkult sein. Auch die christliche Taufe ist eine Initiation.

 

Herzliche Grüße,

Triton

 

Hi!

 

Das Christentum war in seiner Frühzeit ein Mysterienkult, daher die Taufe. Wieso bräute die Nea Ekklesia Initationsriten?

 

Gruss

 

Chaos

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Initiationsriten sind normal... allerdings erst im fotgeschrittenen Alter, wenn aus dem Jungen/Mädchen ein vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft wird. D.h. aber nicht, dass die unmündige Person vorher nicht der Religionsgemeinschaft angehörte. Das Dazugehören ist vielmehr Voraussetzung für den Ritus.
Manchmal wird die Initiation auch schrittweise vollzogen, wie in der katholischen Kirche, wo die Firmung die mit der Taufe begonnene Initiation vollendet.

 

Triton

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Die christlichen Kirchen sind aber, im gegensatz zu polytheistischen Glaubensformen, missionarischer Natur. Das setzt die Übernahme des neuen Glaubens voraus und somit ein erstes Hinwenden zu diesem (Taufe; im Judentum ist damit vergleichbar die Beschneidung). Dies ist - meines Wissens - bei anderen Glaubensformen nicht zwangsläufig der Fall, da die Neugeborenen, die in der Glaubensgemeinschaft aufwachsen, automatisch dazu gehören.

 

:grim:

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Hi DiRi,

 

selbstverständlich ist mir klar, dass Chryseia Kernland des Imperiums war und die Identifikation, zumindest der chryseischen Oberschicht, mit Valian, durchaus zu dieser Zeit gegeben war.

Aber Geschichte wird durch die Sieger geschrieben. Chryseia steht heute nicht mehr in der gedanklichen Tradition des valianischen Imperiums. Denn selbstverständlich waren die dunklen Meister und somit alles Negative Auswüchse Valians und alles Positive Produkt (der ohnehin überlegenen) chryseischen Kultur.

Die kollektive Erinnerung geht inzwischen wahrscheinlich mehr von einer valianischen Beatzung aus, derer man sich entledigt hat. Maßgeblich für diese Befreiung war die Gunst der einzig wahren Götter (, und das sind nicht die Götter Valians). Somit kann Herrschaft in Chryseia auch nur durch diese Götter legitimiert werden und natürlich ist die Einheit mit den Göttern und die Anerkennung durch sie Grundlage der chryseischen Gesellschaft. Jegliches gesellschaftliche Handeln steht dadurch in einem Kontext zur Religion, Religion wird im Alltag gelebt.

Die grundsätzliche Frage ist aber, in welchem Verhältnis steht Jakchos zu den Göttern der Nea Eklesia. Verschiedene Möglichkeiten sind denkbar, deren Eckpunkte ich versuchen möchte zu skizzieren:

 

1. Jakchos ist ein Relikt. Er steht weder in Opposition noch in Verbindung mit dem Kult der Nea Eklesia. Er ist einfach Teil des öffentlichen Lebens, ohne dass er staatliche Strukturen beeiflusst.

 

2. Jakchos ist ein Relikt. Er ist aber ein Teil des öffentlichen Kultes. Herrscher müssen ihm regelmäßig huldigen, um ihre Herrschaft zu legitimieren. Er symbolisiert Normen und moralische Gebote, die die Gesellschaft in ihrem Innersten zusammenhalten. Er ist somit Teil des Staatskultes der Nea Eklesia und und steht in seiner gesellschaftlichen Bedeutung Nea Dea und Wredelin nicht nach.

 

3. Jakchos ist ein Relikt. Sein Kult steht aber konträr zu der Theologie der Nea Eklesia und wird als amoralisch und somit gesellschaftlich subversiv empfunden. Er ist dadurch in Opposition zu der staatstragenden Nea Eklesia und seine Gläubigen werden bestenfalls geduldet, wenn nicht aktiv verfolgt.

 

Die Wahrheit spannt sich wahrscheinlich dazwischen auf und ist regional sicherlich unterschiedlich. Persönlich bevorzuge ich allerdings These 1 mit einem leichten Einschlag in Richtung These 3 und nur einer geringen Spur von These 2.

So wird es beispielsweise in einer typischen chryseischen Kleinstadt, durchaus einen offiziellen Jakchos Kult geben. Jakchos sind eigene Feiertage gewidmet, an den auch der Herrscher und die Patrizier der Stadt teilnehmen. Der Kult wird aber eher als leicht anrüchig und verrufen betrachtet und offiziell bekennende Jakchosier findet man nur in Kreisen die einen solchen Ruf nicht scheuen (z.B. Schauspieler) oder sogar brauchen (z.B. Badehäuser).

Undenkbar wäre es aber, dass ein Patrizier oder gar ein Herrscher sich einem solch vulgären Kult gänzlich widmet. Jakchos ist für die einfachen Menschen da, die sich nicht an hohen moralischen Ansprüchen in der Öffentlichkeit messen lassen müssen.

Daraus resultiert aber wiederum, dass die Nea Eklesia den Kult zwar mit einer gewissen naserümpfenden Arroganz betrachtet, ihn aber gewähren lässt, da sie die moralische und somit soziale Definitionsmacht hat.

Jakchos ist eine Art Ventil, für die ansonsten streng reglementierte Gesellschaft. Er hat eine soziale Funktion, ist aber keinesfalls Teil des Staatskultes!

 

Ciao

Birk :crosseye:

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Nun ja, die Chryseier könnten sich dahingehend fühlen, dass sie durch Religion, maßgeblich Nea Dea und Wredelin, vom Seemeisterjoch befreit wurden. So besteht die Möglichkeit, eine Gefühlslage zu erzeugen bzw. einfach zu haben, welche die Chryseier nicht lediglich als Verlierer des Krieges der Magier darstellt - das waren sie faktisch zweifellos. Aber gerade durch diese religiöse Kompenete lässt es gut, sich selbst zu erhöhen und sich am Ende sogar als Sieger oder zumindest als Volksgemeinschaft anzusehen, die die Seemeisterherrschaft und den Glauben an die alten Götter abgestreift hat, dass stimmt schon. In diesen Jahren erfolgte die Abspaltung vom selbstverständlichen Empfinden, ein Valianer zu sein. Es begann die Hinwendung zum stolzen Gefühl, ein Nea Dea und Wredelin ergebener Chryseier zu sein, der nicht bloß vom eingeschlagenen valianischen Pfad der Finsternis abgewichen ist, sondern gänzlich einen neuen Weg eingeschlagen hat. Der Gedanke an das Abwälzen einer valianischen Besatzung kommt m.E. dabei allerdings nicht auf. Das valianische Verhalten wird vielmehr als Irrweg mit fatalen Folgen für alle angesehen. Die Chryseier wandeln aber seit den Zeiten nach dem Krieg der Magier auf den heilsbringenden Pfad, der ihnen als rechter Weg erst durch Nea Dea und Wredelin, nebst deren Dienern aufgezeigt werden musste; sie mussten ihnen erst den Weg aus dem Dunkel hin zum Licht weisen (man denke hier auch an die Wortbedeutung von Chryseier...).

 

Der urwüchsige Jakchos-Kult dagegen konnte sich im Spiegel der Zeiten weitgehend seine Identität erhalten und musste sich nicht erst wie der Kult um Nea Dea und Wredelin durch Abgrenzung gegenüber der Seemeisterherrschaft und den alten (valianischen) Göttern eine eigene (neue) Identität (er-)schaffen. Wie ein amorphes Wesen ging der Jakchos Kult in das neue Chryseia mit auf. Birk skizziert dies ebenfalls sehr schön abwägend.

 

Ciao,

Dirk

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So wird es beispielsweise in einer typischen chryseischen Kleinstadt, durchaus einen offiziellen Jakchos Kult geben. Jakchos sind eigene Feiertage gewidmet, an den auch der Herrscher und die Patrizier der Stadt teilnehmen. Der Kult wird aber eher als leicht anrüchig und verrufen betrachtet und offiziell bekennende Jakchosier findet man nur in Kreisen die einen solchen Ruf nicht scheuen (z.B. Schauspieler) oder sogar brauchen (z.B. Badehäuser).

Undenkbar wäre es aber, dass ein Patrizier oder gar ein Herrscher sich einem solch vulgären Kult gänzlich widmet. Jakchos ist für die einfachen Menschen da, die sich nicht an hohen moralischen Ansprüchen in der Öffentlichkeit messen lassen müssen.

Daraus resultiert aber wiederum, dass die Nea Eklesia den Kult zwar mit einer gewissen naserümpfenden Arroganz betrachtet, ihn aber gewähren lässt, da sie die moralische und somit soziale Definitionsmacht hat.

Jakchos ist eine Art Ventil, für die ansonsten streng reglementierte Gesellschaft. Er hat eine soziale Funktion, ist aber keinesfalls Teil des Staatskultes!

Hallo Birk,

 

Du hast das alles sehr schön dargestellt, doch würde ich die Trennung zwischen Jackchos und Nea Ekklesia nicht an der sozialen Schicht festmachen, sondern geographisch. Ich denke, dass es in den "alten" groBen Städten, wie Palabrion, Kroisos und Diptyche kaum oder keinen Jackchos-Kult geben wird, da es ein alter Gott ist, der sicherlich auch schon von den Valianern verdrängt worden ist und daher in den Siedlungszentren etwas stärker gelitten haben sollte. Hier könnte er in etwa Deinem Punkt 3 entsprechen. In solchen jungen und ländlichen Städten wie Nikostria hingegen dürfte er viel stärker vertreten sein (Punkt 1). In kleineren Dörfern könnte es sogar soweit gehen, dass Jackchos mit der Nea Ekklesia gleichbedeutend ist. Hier müsste der Erbe des Gutes oder der neu ernannte Dorfvorsteher auch Jackchos huldigen. Eventuell muss er sogar bei den jährlichen Feierlichkeiten des Jackchoskultes eine führende Rolle übernehmen (Punkt 2).

 

:grim:

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Warum sollten die valianischen Kulte Jakchos so verdrängt haben? Sie fordern doch keine Exklusivität, so dass ich nicht folgen kann. In großen Städten dürfte eher ein Bedürfnis bei den Mächtigen entstehen, dass die orgiastischen Feiern nicht das Gemeinwesen gefährden und daher eine Zuwendung zu den anderen Kulten erfolgen.

 

Solwac

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Die Chryseier wandeln aber seit den Zeiten nach dem Krieg der Magier auf den heilsbringenden Pfad, der ihnen als rechter Weg erst durch Nea Dea und Wredelin, nebst deren Dienern aufgezeigt werden musste; sie mussten ihnen erst den Weg aus dem Dunkel hin zum Licht weisen (man denke hier auch an die Wortbedeutung von Chryseier...).
Diese Lichtsymbolik durchzieht auch meine Version der Nea Ekklesia. Vor allem die Priester Wredelins benutzen die Begriffe "Licht" und "Weisheit" oft für einunddasselbe.

 

Übrigens bezeichnen die Chryseier das Ende der Seemeisterherrschaft und die nicht genau datierten Jahrzehnte unmittelbar nach dem KdM als "Zeit der Finsternis". Aus diesem finsteren Tal, in das sie die Seemeister hinein geführt hatten, fanden sie dank Nea Dea und Wredelin wieder heraus.

 

Herzliche Grüße,

Triton

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Ich denke, dass es in den "alten" groBen Städten, wie Palabrion, Kroisos und Diptyche kaum oder keinen Jackchos-Kult geben wird, da es ein alter Gott ist, der sicherlich auch schon von den Valianern verdrängt worden ist und daher in den Siedlungszentren etwas stärker gelitten haben sollte.
Das kann man so nicht sagen. Die Valianer hätten Jakchos sonst kaum in ihr eigenes Pantheon aufgenommen.

 

Dass Jakchos grundsätzlich auf dem Land stärker vertreten ist als in den Städten, hatten wir ja schon geklärt. Dort wird wohl auch das Trennende zwischen Jakchos und Nea Ekklesia nicht so stark wahrgenommen. Insbesondere die Nea Dea steht den Jakchosiern dort recht nahe.

 

Herzliche Grüße,

Triton

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Warum sollten die valianischen Kulte Jakchos so verdrängt haben? Sie fordern doch keine Exklusivität, so dass ich nicht folgen kann. In großen Städten dürfte eher ein Bedürfnis bei den Mächtigen entstehen, dass die orgiastischen Feiern nicht das Gemeinwesen gefährden und daher eine Zuwendung zu den anderen Kulten erfolgen.
Sehe ich ähnlich. Man kann hier m.E. ohne weiteres den Dionysos-Kult als Vergleich heranziehen. Der wurde von den Römern als Bacchus übernommen, wenn auch der Kult später verboten wurde, weil er nicht zur römischen Sittenstrenge passte. Vielleicht waren die Valianer in Bezug auf Jakchos lockerer, vielleicht gelang es ihnen auch den Kult für ihre Gesellschaft zu "entschärfen".

 

Herzliche Grüße,

Triton

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Die Nea Ekklesia stellt das Gute dar, doch wer ist ihr böser Widersacher (der Teufel)?
Ich habe mir für einen zukünftigen GB-Artikel zwar schon eine Menge Gedanken zu dem Thema gemacht, möchte das hier und jetzt aber nicht ausbreiten. Zumal da noch viel in der Schwebe ist. Jedenfalls gibt es in meiner Version keinen christlichen Teufel, allenfalls eine ähnliche Figur, die aber eine andere Rolle einnimmt. Und es gibt viel gnostisches Gedankengut. Vielleicht sagt dir der Begriff "Demiurg" etwas.

 

Herzliche Grüße,

Triton

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Der Gedanke an das Abwälzen einer valianischen Besatzung kommt m.E. dabei allerdings nicht auf.

 

Ciao,

Dirk

 

Hi DiRi,

 

ich stelle mir den Bewältigungsmechanismus in etwa so vor, wie es die Deutschen nach dem 3. Reich gemacht haben.

Die Bösen waren "Die Nazis" (Die Valianer), verursacht hat das alles "Der Hitler" (Die Seeemeister) und mitgemacht hat man sowieso nicht, sondern wurde gezwungen. Befreit wurde man durch die Amerikaner von "Den Nazis". Bei Deutschland reden wir hier von nur einem Zeitraum von einigen Jahrzehnten, für Chryseia reden wir über einen Zeitraum von Jahrhunderten! Und das ganze ohne Massenmedien oder vergleichbare historische Dokumente.

Glaubst du allen ernstes, dass auch nur ein Chryseier heute noch daran zweifelt, man habe sich von "Den Valianern, die unter der Führung der Seemeister Chryseia besetzt hielten," befreit?

 

Ciao

Birk

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Glaubst du allen ernstes, dass auch nur ein Chryseier heute noch daran zweifelt, man habe sich von "Den Valianern, die unter der Führung der Seemeister Chryseia besetzt hielten," befreit?
Warum hätte die Nea Ekklesia ein solches Feindbild aufbauen sollen? Die Bevölkerung Chryseias war nach 800 Jahren valianischer Herrschaft valianisch geworden. Sie unterschied sich hauptsächlich durch den hier gesprochenen lokalen Dialekt der Maralinga, das Chryseische, von den Insel-Valianern. Kulturelle Unterschiede gab es, wenigstens in den Städten, kaum noch. Wahrscheinlich sprachen sie auch von sich als "Valianer".

 

Die Bezeichnung "Chryseier" kam m.E. erst zum Ende des Imperiums hin oder erst danach wieder auf. Aber nicht als Abgrenzung gegenüber den Insel-Valianern, sondern gegenüber den Valianern, die nicht dem Licht der Nea Dea gefolgt waren. Die "Chryseier" sahen sich folglich als die besseren Valianer. Erst allmählich wurde "Chryseier" dann im Sinne eines Bewohners der ehemaligen "Goldenen Provinzen" gebraucht.

 

Herzliche Grüße,

Triton

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Ich glaube das z.B. durchaus. Denn nominell ist der Seekönig ja noch Herr über Chryseia. Das wird, soweit ich es sehe, von den chryseiischen Gemeinwesen auch gar nicht grundsätzlich bestritten. Nur dass er eben keine Macht in Chryseia auszuüben in der Lage ist. Das ist dann in etwa so, wie in der Spätantike, wo in diversen Wirren der Herrscher zwar nominell anerkannt wurde, aber sein Arm nur dorthin reichte, wo er selbst präsent war.

 

Die ordnende Funktion des Seekönigs ist mit dem Untergang des Seemeisterreiches verloren gegangen, in dieser Lücke haben sich die chryseiischen Staaten entwickelt. Es gab sie auch schon vorher, sie dürften auch während der Seemeisterherrschaft den Verwaltungsbezirken entsprochen haben. (So wie die römisch-byzantinische Herrschaft auf einer weitgehend unabhängigen Munizipalordnung aufbaute.)

Für die Verfassungswirklichkeit ist dieser Zustand völlig unerheblich. Die Gemeinwesen agieren völlig autark.

Ich finde aber nicht, dass sich die Chryseier grundsätzlich als von Valian geschieden ansehen, schon alleine nicht, da sie dort imense Handelsinteressen haben. Eine formale Sezession würde einen unerbittlichen Handelskrieg nach sich ziehen, den weder Valian noch die Chryseiischen Gemeinwesen wirklich durchstehen könnten. Das ist aber auch gar nicht notwendig.

 

Daher glaube ich auch nicht, dass es eine Sicht "die bösen Valianer" gibt, sondern allenfalls: "Die bösen Seemeister". Ich denke schon dass hier durchaus differenziert wird. Ein Vergleich mit der Entnazifizierung nach 1945 erscheint mir hier eigentlich zu sehr anachronistisch. Sicher wird es Pogrome gegeben haben, sicher Aufstände etc, aber die richteten sich nicht speziell gegen die valianische Herrschaft, sondern waren Ausdruck des allgemeinen Zusammenbruchs. Chryseia wurde nicht "befreit", sondern eher "verlassen".

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@Birk

 

Hi!

 

Es sollte sich mal zunächst gefrgat werden, wodurch sich ein Chryseier überhaupt definieren könnte. Sind z.B. Unfreie überhaupt Chryseier - dieser Bevölkerungsgruppe dürfte ja nicht so klein sein. Wie verhält es sich dann mit dem Volk in den Städten, kann es überhaupt genügend Geld aufbringen, um schon als Bürger zu zählen, welchen Status hat es, welche Rechte hat es? Das zu durchdenken, ist nämlich alles gar nicht so einfach. Wichtig ist dabei auch, sich von einer modernen Denke zu verabschieden. Nationalstaat, Schicksalsgemeinschaft und dergleichen sind für uns heute zwar tolle Begriffe, mit denen man in Diskussion zumeist punkten kann, doch eigentlich handelt es sich bei derartigen Begriffen um sehr moderne Konstrukte. Gibt es überhaupt soetwas wie ein Reich Chryseia in unserem moderen Gesellschaftsverständnis? Oder handelt es sich nicht vielmehr um eine Region, deren Bewohner sich z.B. (lediglich) durch Religion, gewisse ähnliche Staatsformen und eine "gemeinsam" erlebte (geglaubte!) Geschichte verbunden fühlen? Aber was denkt der Einwohner von Diptyche über den Bewohner Kroisos' (und was denken sie erst recht über ein kleines Gemeinwesen wie Nikostria?)? Herrscht hier nicht eine gewisse Städtefeindlichkeit vor, die weit über das hinaus geht, was heute unter dem Schlagwort "Lokalpatriotismus" verstanden wird? Außer Religion und Geschichte als Klammer gibt es m.E. keine wirklich identitätsstiftenden Symbole, Flaggen, Farben, National- oder Staatsmythen und dergleichen; allerdings sind Religion und eine gemeinsam erlebt (geglaubte) Geschichte schon ein ziemlich guter "Kit", auf denen sich zugegeben ein gutes Fundament legen lässt. Das "Staatszugehörigkeitsverständninis" ist indes nichtsdestotrotz auf dem Stand irgendwo zwischen Antike und Byzanz, je nachdem, wo man hier den Schwerpunkt für sein Chryseia legen möchte. Dabei gibt es durchaus Ähnlichkeiten mit unserem heutigen Staatswesen, aber eben auch gewaltige Unterschiede.

 

Im Übrigen ist mir natürlich der von dir angeführte Mechnanismus - geboren aus einem möglichen Vergleich mit Nachkriegsdeutschland - gleich bei deinem ersten Posting, das schwebte ja in den Zeilen mit, durch den Kopf geschossen. Ich halte das aber genau aus dem Grunde für unsinnig, weil ein Chryseier doch ein sehr anderes Staatsverständnis haben dürfte, als z.B. ein Deutscher in der Nachkriegszeit (wenn der Chryseier überhaupt soetwas wie ein Staatsverständnis, bezogen auf das Gebilde Chryseia - und nicht auf seine Stadt, sein Fürstentum in Chryseia -, entwickelt hat). Diese Ansicht, insbesondere die damit in Verbindung stehenden Begriffe sind mir viel zu modern. Aber ich kann den Charme, der in dieser von dir gezogenen Analogie steckt, durchaus nachvollziehen, so ist das ja nicht; zudem vereinfacht es die Sicht der Dinge, auch das muss ja nicht schlecht sein. Nur zieht diese Analogie - für mich (es darf ja gerne anders gesehen werden) - in diesem Falle einfach nicht.

 

Natürlich hat eine Religion, die eine andere Religion abgelöst hat, verklärte Glaubenssmythen in die Köpfe und Herzen der Chryseier gesetzt - sowohl gegenüber den alten Göttern als auch gegenüber den Seemeistern. Mit welchem Ziel eigentlich? Wohl doch, um den eigenen Führungsanspruch zu legitimieren; wunderfähige Priester sind auch auf Midgard nicht alles. Natürlich fühlt sich der Chryseier (der Bürger aus Kroisos und der Untertan des Basileos aus Diptyche gleichermaßen) vom Seemeisterjoch befreit - und geht mit dieser Ansicht vermutlich Hand in Hand mit den meisten Valianern (nur mal so am Rande). Doch Chryseia bzw. die Kernprovinzen, aus denen Chyseia schließlich hervorging, lagen am Ende des Kriegs wirklich am Boden. Die Geschichtsschreibung spricht hier nicht von ungefähr von einer Zeit der Finsternis, wie Triton schön angemahnt hat. Man hat sich von finsteren Dämonenknechten befreit gefühlt - aber ganz bestimt; man hat sich von den alten Göttern verraten und verlassen gefühlt - aber hallo. Und irgendwann einmal hat es ein neuer Kult schließlich geschafft, dass sich die Einwohner der ehemal valianischen Kernprovinzen nicht mehr als Valianer sahen, sondern als etwas Eigenständiges, nämlich als Einwohner/Bürger eines der vielen Staastgebilde in Chryseia. Bei der geistig-religiös geführten Befreiung noch von einer Besatzung zu sprechen, dafür bleibt für mich kaum bis gar kein Raum. Es galt vor allem, nicht die Valianer an sich zu verteufeln, sondern zuvorderts die Seemeister und ihre Taten, gefolgt von den alten Götter, die nicht helfen konnten. Nur so konnte man sich selbst wieder erhöhen. Valianern sind in Chryseia auch heute noch (wo überhaupt auf Midgard?) bestimmt nicht sonderlich toll gelitten, aber als Ex-Besatzer dürften sie auch in Chryseia nicht angesehen werden.

 

Ciao,

Dirk

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Hi Kazzirah!

 

Es mag durchaus sein, dass die heutigen chryseischen Stadtstaaten weitestgehend valianischen Verwltungsbezirken entsprechen. Genauso mag es sein, dass sich die heutige chryseische Oberschicht in weiten Teilen in ungebrochener Linie ins valianische Imperium zurückverfolgen kann. Auch weite Teile administrativer Abläufe in den Stadtstaaten mögen noch typisch valianisch sein. Mit anderen Worten Chryseia kann überall Valian atmen, wird sich aber dennoch niemals als solches begreifen! Der gesellschaftliche Emanzipierungsprozess von den valianischen Wurzeln weg, findet sein Korrelat in der neuen Religion.

 

Redeten wir über die Küstenstaaten würde ich dir sofort recht geben, da sie sowohl in Sprache wie auch Religion noch eng an das alte und auch neue Valian gebunden sind.

 

Wie du aber selber ausgeführt hast, ist die Religion in einer antiken bzw, mittelalterlichen Gesellschaft das zentrale Element der gemeinsamen Identität. Soziale Bezüge ausserhalb dieses Konstruktes zu denken, ist nicht vorstellbar. Religion dient der moralischen Normierung der Gemeinschaft, wie auch der Legitimation gesellschaftlicher Hirarchien.

Genau in diesem Bereich, den wir als konstituierendes Element der Eigenwahrnehmng einer Gesellschaft in einer mittelalterlichen Fantasywelt beschrieben haben, hat sich ein tiefgreifender Wandel vollzogen, der weit über eine einfache Ablösung hinausgeht.

 

Chryseia hat sich aber in meiner Wahrnehmung definitiv von Valian gelöst. Möglicherweise nicht in einem formalen Sinne, deutlich aber in einem religös moralischen Sinne. Ich persönlich glaube nicht, dass die Chryseier von heute, sich noch in irgendeiner Weise als Valianer betrachten, sondern sich als "befreit" vom valianischen Joch sehen. Grundlage meiner Annahme ist der radikale religiöse Umschwung in Chryseia, der keinen Rest des alten valianischen Glaubens mehr in sich trägt. Ein solch radikale gesellschaftliche Abgrenzung wird ohnehin nicht ohne Spannungen und Konflikte ablaufen ein Handelskreg ist da mehr oder weniger Sebstverständlich. Irgendwann sind solche Phasen dann natürlich auch mal wieder vorbei und man respektiert sich in seinen neu gefundenen Positionen. Dann kann man auch wieder Handelsinteressen wahrnehmen, die zwischenzeitlich Brach lagen.

 

Ciao

Birk :crosseye:

 

P.S.: Wo ich aber nun ein bißchen darüber nachdenke wird mir klar, dass wir hier über eine Situation wie zwischen Byzanz und Rom diskutieren. Beide Staaten begriffen sich natürlich in der Tradition des römischen Imperiums... Rom hatte natürlich nie die "Dunklen Meister" und es gab keinen Krieg der Magier... hm, ich gebe zu, dass ich noch nicht ganz durch bin mit meinen Überlegungen :)

 

P.P.S.: Inzwischen Hat auch DiRi gepostet, dessen Argumetationskette auch was hat. Ich antworte bei Gelegenheit, wenn ich mir Gedanken dazu gemacht habe.

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@ Birk:

Rom ist da ein gutes Stichwort. Denn da hast du mit dem Zusammenbruch des Weströmischen Reiches nach 476 genau so eine Situation. Die Zentralmacht behält nominell die Herrschaft, kann diese aber aufgrund der beständigen Krisen nicht durchsetzen. Sie erreicht auch nie wieder die Stärke, um dies durchsetzen zu können. Der Westen anerkennt durchaus das Primat des Kaisers. In der Verfassungswirklichkeit hat das aber keinerlei wirklichen Auswirkungen. In die Verwaltungslücke tritt hier die dezentrale christliche Bischofsstruktur. Die Kirche arbeitet hier als kultureller Identitätsbewahrer. (Obwohl sie gerade im Westen alles andere als dominant zu dieser Zeit ist. Im Gegenteil festigt sie erst hier ihren Stand. Es gab schlicht keine staatliche Gewalt, die eine Kontinuität gewährleisten hätte können.)

Bis dahin gab es vor allem in der Oberschicht durchaus eine Trennung in heidnischen Westen und christlichen Osten. Der Senat im Westen wa bis weit ins 5. Jahrhundert hinein heidnisch dominiert! Dennoch tat dies der gefühlten Einheit keinen Abbruch. Niemand hat den Herrschaftsanspruch des Kaisers in Byzanz ernsthaft bestritten. (Wohl eines individuellen Amtsinhabers, nie aber den generellen Anspruch des Kaiseramtes.)

In Chryseia hast du die Situation, dass die staatliche Verwaltung komplett und dauerhaft zusammenbricht. Gleichzeitig ist da ein neuer, aufstrebender Kult, der bei der örtlichen Oberschicht sehr gut ankommt und der eine gut funktionierende Ersatzorganisation ermöglicht. Den gegebenen Umständen ist diese notwendigerweise dezentral. Gleichzeitig erfüllt sie aber auch den universellen Anspruch einer Bevölkerung, die sich zugleich als "Dypticher" und "Valianer" (im Sinne der kulturellen Gemeinschaft des Seemeisterreiches, nicht der regionalen Gruppe auf den Inseln.)

Der neue Kult wirkt dann als Kontinuitätstransformationsriemen, der das Zusammengehörigkeitsgefühl der Chryseier auch über den Zusammenbruch hinaus bewahrt und neu festigt. Die Chryseier werden die neue Religion sicher als revolutionär und abgrenzend vom restlichen Reich empfinden, ganz ohne Frage, aber dazu ist es nicht notwendig, sich von der Vergangenheit zu distanzieren. Im Gegenteil, erst durch die Überformung der Tradition mit dem neuen Glauben konnte sich das Gemeinschaftsgefühl erhalten.

Der neue Glaube setzt nicht zwingend eine vollständige Abwendung von der frührerne Verfassung voraus. Diese ist zwar zusammengebrochen, aber nicht formal abgeschafft. Solange der Seekönig seine formalen Ansprüche nict durchzusetzen versucht (was er vielleich gerne versuchen würde, aber nicht kann), besteht gar keine Notwendigkeit, diesen Zustand zu verändern.

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Gibt es überhaupt soetwas wie ein Reich Chryseia in unserem moderen Gesellschaftsverständnis? Oder handelt es sich nicht vielmehr um eine Region, deren Bewohner sich z.B. (lediglich) durch Religion, gewisse ähnliche Staatsformen und eine "gemeinsam" erlebte (geglaubte!) Geschichte verbunden fühlen?
Meiner Ansicht nach letzteres.

 

Aber was denkt der Einwohner von Diptyche über den Bewohner Kroisos' (und was denken sie erst recht über ein kleines Gemeinwesen wie Nikostria?)? Herrscht hier nicht eine gewisse Städtefeindlichkeit vor, die weit über das hinaus geht, was heute unter dem Schlagwort "Lokalpatriotismus" verstanden wird?
Und ob! Meiner Ansicht nach versteht sich ein Bewohner dieser Region in erster Linie als "Kroiser" oder "Diptycher". Die Bindung an die Polis überwiegt jedes andere Zugehörigkeitsgefühl. Alle weitere Abgrenzung z.B. gegenüber Albai, Lidraliern, Valianern erfolgt dann über die unterschiedliche Religion. Ich würde sogar so weit gehen und den Begriff "Chryseier" analog zu "Christen" verwenden.

 

Herzliche Grüße,

Triton

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