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27. September


Y_sea

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"Als Ypey an der Reihe ist, die Runde Ale zu holen, lehnt sich der Wirt über die Theke und raunt: `Bewundernde Stimmen verbinden dich mit dem Einbruch bei Kaufmann Koriander' ", sagte mein Spielleiter Tarek und sah mich erwartungsvoll an.

 

Ich beuge mich vorteilhaft über die Theke, dachte Ypey in meinem Kopf und ich fühlte ihre Augen leuchten.

 

Quatsch, machst du nicht, dachte ich zurück.

 

Ich saß mit Tarek, Sebastian und Tobi in Tareks Küche um einen Tisch herum, auf dem sich Papier und Würfel zwischen Bergen von Chips und Schokolade drängelten.

 

"Was weiß ich denn über den Wirt?", fragte ich Tarek.

 

"Würfel mal auf Gassenwissen", erwiderte er. "Ach ne, ich würfel selbst."

 

Er sah in seiner Liste Ypeys Wert für Gassenwissen nach und würfelte so, dass wir das Ergebnis nicht sehen konnten.

 

"Ypey hat mal gehört, dass dieses Gasthaus ein Umschlagplatz für gestohlene Schmuckstücke ist", gab Tarek Auskunft. "Außerdem war es das Diebesgeheimzeichen an der Tür, das dich überhaupt erst auf die Gaststätte aufmerksam gemacht hat, erinnerst du dich?"

 

Ja, das war letzten Monat gewesen, daher war es mir nicht mehr so präsent. Was die andere Information anging, wusste ich natürlich nicht, ob es stimmte, aber wenn Ypey glaubte, dass der Wirt sie nicht an die Stadtwachen verraten würde, dann würde ich es so spielen.

 

"Und was", lächelte ich Tarek an, "ist dein Interesse an einem solchen Einbruch?"

 

"Koriander", flüsterte Tarek mit der Stimme des Wirts, "hat mehr Macht, als gut für die Stadt ist. Der Abt frisst ihm aus der Hand. Seit ein paar Monaten terrorisieren die heiligen Truppen die Stadt und ersticken jeden freien Gedanken."

 

"Ich seh mich in dem vollen Schankraum um und sage dann laut: `Ich würde gerne mit meinen Freunden ungestörter Mittagessen' ", sagte ich.

 

" 'Wir haben ein Nebenzimmer, meine Dame' ", sagte Tarek. " 'Das wird Euren Ansprüchen hoffentlich genügen.' "

 

"Ypey geht zurück an den Tisch. `Wir ziehen um, Jungs' ", sagte ich.

 

"Wieso?", protestierte Sebastian mit der näselnden Stimme seines Charakters Al Forno.

 

"Weil---", begann ich, aber Ypey unterbrach mich: Nicht hier, warnte sie. Außerdem musst du dich Al Forno gegenüber nicht rechtfertigen.

 

"... ich es sage", beendete ich also den Satz. "Ypey geht in den Nebenraum."

 

"Jaja, wir kommen hinterher", grummelte Sebastian.

 

"Kurz nachdem ihr euch in dem Nebenraum in die luxuriösen Sessel habt fallen lassen, die selbst Al Fornos ständiges Gemaule in weichen Plüsch betten, kommt der Wirt herein und bringt euch euer Mittagessen", sagte Tarek. "Ich bin Ferdinand. Ich habe gerade Ypey erzählt, dass der Abt dieser Stadt mit seinen Truppen den -- hm -- freieren Handel versucht zu unterbinden. Glaubt mir, es leiden nicht nur die Zwielichtigen unter uns. Er hat Gesetze erlassen, die es kleinen Krämern und Marktfrauen fast unmöglich macht, ihre Waren selbst zu verkaufen. Stattdessen kauft Koriander alles auf. Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen woher der Wind weht. Wir vermuten, dass Koriander etwas mit dem Stimmungswandel des Abtes zu tun hat, der bis vor ein paar Monaten der Stadt eigentlich recht freie Hand gelassen hatte."

 

"Und wer ist wir?", fragte Tobi in der drohenden Stimme seines Kriegers Morien.

 

Ich rollte die Augen in seine Richtung und Tobi grinste mich an. Tobi war natürlich längst nicht so dumm, wie er Morien spielte.

 

Tarek räusperte sich in der Rolle des Wirts.

 

"Wir, nun, sagen wir, dass ich in dieser Sache die andere Seite des Gesetzes vertrete", sagte Tarek.

 

"Verstehe ich nicht", sagte Tobi als Morien.

 

"Kein Wunder", sagte Sebastian in der hochnäsigen Art seines Magiers Al Forno.

 

"Was soll denn das heißen?", brauste Tobi im Spiel auf. "Morien zieht sein Schwert."

 

"Jungs!", sagte ich. "Wir stehen auf der selben Seite. Fakt ist, dass wir nicht zu wissen brauchen, für wen Ferdinand spricht. Ypey legt beruhigend ihre Hand auf Moriens Arm."

 

Ich sah Tobi erwartungsvoll an.

 

"Morien lächelt begeistert und lässt sein halb gezogenes Schwert wieder in die Scheide rutschen", sagte Tobi fröhlich.

 

"Die eigentliche Frage ist", sagte ich als Ypey, "was für uns dabei heraus springt."

 

Tarek spitzte die Lippen.

 

"Die Organisation, die ich vertrete, ist bereit, euch 1000 Goldstücke zu geben, wenn ihr die Macht von Koriander über den Abt brecht."

 

"Pro Person", stellte Sebastian näselnd fest.

 

"Nein zusammen", sagte Tarek empört.

 

"2000", sagte Sebastian.

 

"1500", sagte Tarek.

 

Sebastian nickte zufrieden.

 

Tobi und ich sahen uns kopfschüttelnd an. Er war der Krieger, ich war die Diebin. Aber es war der kultivierte Magier, der am geldgierigsten war.

 

"Habt ihr noch Fragen?", fragte Tarek als Wirt.

 

"Momentan nicht", sagte ich.

 

"Der Wirt lässt euch alleine", stellte Tarek klar.

 

"Gut", sagte ich. "Wir haben doch letztes Mal diesen Brief bei dem Kaufmann gefunden. Hast du den noch, Sebastian?"

 

Sebastian balancierte den Zettel mit dem Brief auf der Saftflasche und der Thermoskanne mit Kaffee.

 

Ich spähte darauf. Es handelte sich um die Bestellung einer Statue aus einer anderen Stadt, von der Al Forno die Information beigesteuert hatte, dass sie mit einem Fluch belegt war.

 

"Nehmen wir an, der Kaufmann hätte dem Abt die Statue geschenkt und der Fluch würde ihn dafür irgendwie hörig machen", überlegte Tobi.

 

"Wow", machte ich, "da kommt Morien drauf?"

 

"Ne, natürlich nicht, sorry", sagte Tobi. "Also: Ich versteh nicht, was diese Bestellung mit dem Abt zu tun haben soll."

 

Ich grinste.

 

"Gut, nehmen wir mal an, du hast recht", sagte ich. "Dann müssten wir doch einfach nur dem Abt einen Besuch abstatten und Al Forno guckt sich nach einer Quelle magischer Energie um. Wenn in seinem Arbeits- oder Empfangszimmer nichts ist, müssen wir es in seinem Schlafgemach versuchen. Da wird es natürlich etwas schwieriger einzusteigen."

 

"Da fällt uns bestimmt irgendwas ein", grinste Sebastian und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

 

Genau!, steuerte Ypey begeistert bei. Flirte mit dem Abt!

 

"Wie wäre es, wenn ich dem Abt als trauernde Pilgerin aus dem Süden einen Besuch abstatte", sagte ich, "bei dem ich ihm eine großzügige Spende mache. Sonst empfängt er mich gar nicht erst. Und ihr seid meine Leibwachen."

 

"Machen wir so!", sagte Tobi. "Morien steht auf."

 

"Warte mal", sagte Sebastian. "Wir brauchen irgendetwas, das dich als Pilgerin ausweist, ein Dokument von einem anderen Kloster oder so."

 

Schon gefälscht, sagte Ypey.

 

"Das kann ich fälschen", sagte ich und sah Tarek an. "Wie lange brauche ich dafür?"

 

Tarek zuckte die Achseln.

 

"Eine Stunde."

 

"Gut, dann mache ich das."

 

"Wie gut kann Ypey fälschen?", fragte Tarek.

 

Ich blätterte in ihrer Mappe.

 

"18", sagte ich zufrieden und erntete anerkennende Pfiffe von Sebastian und Tobi.

 

Tarek würfelte wieder ohne uns das Ergebnis zu zeigen.

 

Flirte mit dem Abt, beharrte Ypey. Zieh was Schickes an, damit der Plan B mit seinem Schlafgemach klappt!

 

"Ich besorge mir noch ein Kleid", sagte ich.

 

Mit tiefem Ausschnitt!, rief Ypey und ließ ein perfektes Bild in meinem Kopf entstehen.

 

"Ihr wisst schon, diese französischen Adelskleider, wo das Korsett die Brüste über den Ausschnitt hebt."

 

Tarek, Sebastian und Tobi sahen mich an.

 

"Na, damit ich ihn noch betören kann, wenn es nicht in seinem Arbeitszimmer, sondern in seinem Schlafzimmer ist", fuhr ich fort.

 

Juhu!, jubelte Ypey.

 

"Seit wann macht Ypey den so was?", fragte Tobi.

 

Stimmt, so habe ich dich noch nie gespielt, dachte ich.

 

Vielleicht hat sich nur noch nicht die richtige Gelegenheit ergeben, dachte Ypey fröhlich.

 

"Hm, vielleicht gab es nur noch nicht die passende Gelegenheit", sagte ich.

 

"Quatsch", meinte Sebastian, "Titten-Zeigen passt immer."

 

"Haha", machte ich trocken und versuchte, nicht rot zu werden, und versuchte außerdem, Ypeys Gekicher zu ignorieren. "Ich dachte, Al Forno wäre schwul."

 

"Ach ja, stimmt ja", grinste Sebastian. "Aber Morien braucht sich nicht zu beschweren, der steht doch auf Ypey."

 

Aha?, dachte Ypey interessiert.

 

"Morien hat sich ja auch nicht beschwert", meinte Tobi und seine Würfel purzelten vom Tisch. "Ich fand es lediglich einen Charakterzug, den ich noch nicht an Ypey gesehen habe. Aber im Gegenteil, Morien geht natürlich gerne mit shoppen und sucht ihr das passende Kleid aus."

 

So machten wir es und Ypey bekam Komplimente von Morien und ihren Flirt mit dem Abt, ich bekam lebenswichtige Informationen von ihr dafür und Al Forno fand eine starke magische Energiequelle im Arbeitszimmer des Abtes, so dass Ypey sich nicht auch noch in dessen Schlafzimmer schleimen musste.

 

Ein schöner Abend. All das Geflirte hatte mich ganz kribbelig gemacht, so dass ich es eilig hatte nach Hause zu kommen, als wir aufhörten.

 

Aber leider schlief Robin schon.

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