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Oskar übt sich weiterhin in telepatischer Levitation


Oskar

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Ich liege flach auf dem Steinboden und habe den Kopf so weit wie möglich auf der Stufe nach vorne geschoben.

Die Stufe markiert die Grenze, ich darf sie niemals betreten, sonst knallt es von allen Seiten auf mich ein:

Dann weist mich mein Chef sehr nachdrücklich zurecht.

Und der Mann, der immer in der Küche steht und so lecker riecht, ist dann auch gar nicht mehr nett, sondern stampft immer so fest seinen Fuß dicht vor mir auf, dass ich lieber von selber die Biege mache.

 

Die Stufe gehört zu der Handvoll Grenzen, die ich nur ganz heimlich übertrete, und auch dann nur unter Absicherung nach allen Seiten.

Was jetzt leider nicht möglich ist, denn es sitzen ganz viele Menschen herum, mein Chef geht ständig an mir vorbei und der Mann in der Küche schaut ganz oft heraus.

 

Deshalb liege ich platt auf dem Bauch im Weg und tue dabei ganz harmlos:

Gerade außerhalb meiner Reichweite liegt nämlich dieser weiße Batzen und riecht verführerisch nach Frischkäse.

Ich fixiere ihn schon seit gefühlten Ewigkeiten.

Nun konzentriere ich meine geistigen Kräfte und richte sie auf ihn:

"Komm! Komm zu mir, lecker Ding!"

 

Der blöde Batzen rührt sich nicht.

"Schnell, bevor Du platt getreten wirst!

Rette Dich zu mir, bei mir bist du sicher!

Ich bin dein Freund, ich mag dich!"

 

Ich glaube nicht, dass er so schlau ist und meine Lüge durchschaut.

Außerdem habe ich ja nicht einmal richtig gelogen, denn ich mag ihn wirklich,

zum zweiten ist er in meinem Magen tatsächlich gut aufgehoben,

und drittens ist keinem geholfen, wenn er unter einem Schuh sein kurzes Leben aushaucht.

 

Doch der Batzen tut tatsächlich so, als hörte er mich nicht, so etwas mag ich ja besonders gern.

Ich verlege mich auf's Drohen:

"Hör zu: Ich bin schneller, stärker und hungriger als du!

Sicher willst du mich nicht gegen dich aufbringen!

Wenn Du also nicht zu mir kommst, du elendes Häufchen, dann komme ich und hole dich mir!

Wirst schon sehen, wie schnell das geht!"

 

Doch bin ich im Eifer anscheinend auffällig geworden:

Mein Chef und der Mann aus der Küche reden über mich, ich sehe es an den Blicken, die sie mir zuwerfen.

Schnell falle ich wieder auf den Bauch und spiele die Unschuld.

 

Es klappt!

Der Mann aus der Küche beugt sich zu dem renitenten Klecks und hebt ihn für mich auf, er benutzt dafür sogar ein Stück Papier.

Sicher, damit er den leckeren Käse nicht im Geschmack stört...

Jetzt richtet er sich wieder auf, bestimmt wirft er mir gleich den Leckerbissen zu; ach, was mag ich diesen Mann gerne!

Und damit er das auch ganz sicher weiß, setze ich mich auf und wedele ihn erwartungsvoll an, was er mit einem Grinsen erwidert.

Ein freundliches Grinsen ist die menschliche Antwort auf ein herzliches Wedeln, müsst ihr wissen.

 

Doch halt, was macht er denn jetzt?

Er dreht sich von mir weg und wirft den armen Frischkäse mitsamt Papier in die große Tonne in der Küche!

Nein! Bitte nicht!

Er weiß doch genau, dass ich dorthin erst recht nicht darf, wie soll ich denn jetzt an den Batzen kommen?

Sicher: Der Klecks war sehr ungezogen und überhaupt nicht folgsam, aber ist das denn ein Grund, ihn gleich in die Tonne zu werfen?

Ich gehorche ja auch nicht immer und lande nicht im Müll!

 

Beleidigt ziehe ich mich auf mein Lager zurück, um über verschiedene Fragen nachzudenken:

Wo sitzen bei einem Batzen Frischkäse die Ohren?

Kann Frischkäse laufen?

Warum wird mir noch nicht einmal eine solche Kleinigkeit gegönnt?

Und aus welchem Grund steht diese dämliche Stufe genau dort und nicht einen Schritt weiter hinten?

 

Sinnierend,

Euer Oskar

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