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  • Wie die Katze auf dem Dachfirst


    Y_sea

    Hallo Ihrs,

     

    mal wieder eine Kurzgeschichte von mir. Es geht diesmal um die erste Berührung mit einem Kult um einen Diebesgott. Kommentare und Kritik sind wie immer sehr willkommen!

    Dank an Saidon für die Inspirationen ;)

     

    Cheers,

    Y_sea

     


    Wie die Katze auf dem Dachfirst

     

    Im Gehen ließ Roric das Rasiermesser mit der Einlegearbeit am Griff aufklappen und suchte nach der warmen Erinnerung an seine Mutter, dachte an seinen Vater und klappte die Klinge ärgerlich wieder ein. Unter einer der Laternen, die die Straße der Tausend Stimmen matt erhellten, hielt er an und steckte das Messer gedankenverloren wieder in die Tasche seines Lederwamses.

     

    Er hatte nicht schlafen können und sich mit einem Spaziergang den Ärger vertreiben wollen, aber weder die kalte Nachtluft mit dem salzigen Meergeschmack noch die unwirkliche Einsamkeit auf den nächtlichen Straßen Palabrions hatten seine Gedanken beruhigen können. So fern der Heimat hatte seines Vaters Wunsch immer noch Macht über ihn. Und das frustrierte ihn ohnegleichen.

     

    Missmutig starrte Roric in eine dunkle Gasse, die weg von dem beleuchteten Palasthügel führte. In der Einsamkeit und Stille erlaubte er sich, der Wut Ausdruck zu verleihen, und trat gegen einen Schotterstein, der folgsam in einem kraftvollen Bogen davonflog und in der Dunkelheit der einsamen Gasse verschwand.

     

    "Au!", gellte ein zorniger Schrei aus der Finsternis und Roric zuckte zusammen. Sein eigener Frust war keine Entschuldigung, jemandem weh zu tun.

     

    "Lass mich los!", zischte die gleiche Stimme und Roric atmete erleichtert aus, weil sein Stein offenbar gar nicht der Grund für den Schmerzenslaut gewesen war.

     

    Dann hörte er einen Schlag und ein Grunzen, woraufhin schnelle Schritte auf dem Straßenpflaster klatschten. Auf ihn zu. Schwerere Schritte hinterher. Das Licht der Laterne erfasste die Gestalt einer jungen Frau, ihre Spiegelung blitzte verschwommen in einer Pfütze auf, kurz bevor ihre Stiefel sie in spritzendem Wasser zerplatzen ließ. Direkt dahinter ein großer Kerl. Noch einer. Und noch einer.

     

    Roric zog sein Schwert. So verhasst es ihm war, dass sein Vater ihm die Heldenrolle aufzwängte, er würde nicht daneben stehen, wenn eine unschuldige Frau Hilfe brauchte.

     

    Er war geübt, war sich aber alles andere als sicher, dass er es mit den drei Männern aufnehmen konnte. Seine leere Linke, die sich nach dem Schild sehnte, schloss sich stattdessen kurz um ein Bleikästchen in einer Tasche seines Lederwamses. Darin waren Feuerperlen, aber bis er es aufgefummelt hätte, wären die Frau und ihre Verfolger schon drei Gassen weiter.

     

    Lasst von ihr ab und ich lasse euch am Leben, hätte er gerne in überzeugender Stimme gerufen, aber sein Chryseisch war bestenfalls bruchstückhaft und ein grammatikalisch unvollständiges Kauderwelsch würde seine Autorität vermutlich nicht gerade erhöhen. Also verlegte er sich darauf, grimmig zu starren und in Schwertkampfpose zu gehen.

     

    Als hätte er Roric gar nicht wahrgenommen, stürzte sich der dichteste Verfolger direkt unter der Straßenlaterne auf die Frau, die daraufhin der Länge nach hinfiel. Da hackte Roric von oben auf den Arm des Mannes. Nicht schön. Aber effektiv.

     

    Der überraschte Schmerzensschrei des Mannes hallte zwischen den hohen Häusern. Die Frau wandt sich aus seinem Griff und kam schnell auf die Beine. Roric sah einen Dolch in ihrer Hand aufblitzen. Ein schickes, schmales Stilett.

     

    Aber im nächsten Moment wurde seine Aufmerksamkeit von dem zweiten Verfolger eingenommen, der gerade sein Kurzschwert zog.

     

    Roric trat gegen den Knauf der Waffe, bevor sie ihre Scheide ganz verlassen hatte, und richtete seine Schwertspitze dem Kerl ins Gesicht. Dieser zuckte zurück und auch sein Kumpane hinter ihm stockte, beide froren ein, als stände die Zeit still.

     

    Stummes Atmen war für einen Moment die einzige Bewegung unter der Laterne.

     

    "Das wirst du ...", drohte der Dritte.

     

    Was es war, dass er würde, verstand Roric nicht. Vermutlich bereuen.

     

    Roric machte einen kleinen Schritt rückwärts. Aus den Augenwinkeln sah er, dass die Frau ihr Stilett an die Kehle des Mannes hielt, den Roric am Arm erwischt hatte. Aber auch sie folgte Rorics Beispiel und ließ den Verfolger aufstehen. Die drei zogen sich vorsichtig zurück und verschwanden dann im Dunkeln, wie vorhin der fliegende Stein.

     

    "Puh", machte die Frau erleichtert und steckte ihr Stilett weg. Roric sah, dass sie gar nicht so jung war, wie er erst gedacht hatte, nur klein. "Ich danke dir! Das war Hilfe zur rechten Zeit."

     

    "Es war mir eine Ehre", begann Roric vergleichsweise flüssig, denn die ritterlichen Höflichkeitsfloskeln hatte er besser gelernt, als straßentaugliche Drohungen, "einer unschuldigen Frau gegen wütende Angreifer zu---"

     

    Ihr maßloses Gelächter ließ ihn abbrechen. Was hatte er falsch gesagt?

     

    "Ha ha ha! Hey, ich lade dich auf einen Wein ein", gluckste sie. "'Unschuldig' bin ich schon lange nicht mehr genannt worden. Aber 'wütend' stimmt schon. Sie waren ziemlich wütend, weil ich ihnen das hier geklaut habe."

     

    Roric öffnete den Mund, aber nichts kam heraus. Seine Augen blinkten. Er wusste nicht, ob er sie richtig verstanden hatte, aber er wusste auch nicht, ob er wirklich nachfragen wollte.

     

    Auf jeden Fall unterstrich sie ihre Worte damit, dass sie einen goldenen Anhänger hoch hielt. Die kreisrunde Scheibe baumelte an einem Kettchen unter ihrer Hand und die kurzen Strahlen rings um die leicht gewölbte Rundung funkelten im warmen Licht der Straßenlaterne.

     

    Es zog ihn in Bann und er murmelte geistesabwesend in seiner Muttersprache: "Was ist das?"

     

    "Kommst du aus Clanngadarn?", fragte die Frau nebenbei und fuhr dann auf twyneddisch fort: "Das ist das 'Licht der Wahrheit'. Willst du jetzt einen mit mir trinken? Am Hafen hat bestimmt noch etwas auf."

     

    Er nickte.

     

    Dann endlich riss er den Blick vom dem hypnotischen 'Licht der Wahrheit' und erinnerte sich seiner Manieren. Er steckte das Schwert weg, legte die Hand auf den Knauf und verbeugte sich galant. Dabei nahm er die freie Hand der holden Geretteten und führte sie an seinen Mund. Ihr spöttisches Prusten ignorierte er. Was sich gehörte, gehörte sich.

     

    "Mein Name ist Roric ap Sialwen. Zu Euren Diensten", sagte er feierlich. Auch die Stimme in seinem Kopf, die nicht umhin konnte, die 'holde Gerettete' als Diebin zu bezeichnen, ignorierte er. Er hatte sie gerettet und er würde dafür sorgen, dass sie sicher blieb.

     

    "Filipa", antwortete sie. "Nett dich kennenzulernen, Roric ap Sialwen."

     

    Während Roric noch zögerte, weil er nicht zu dicht den drei Männern nach Westen folgen wollte, wandte sie sich den Sternenrosenhügel entlang Richtung Süden und Roric fiel ein, dass dort auch noch Häfen waren. So gingen sie gemeinsam die Straße der Tausen Stimmen hinunter. Roric hätte den Duft und die Romantik der Sternenrosen nah am Hügel vorgezogen, aber Filipa zog es offenbar zu der weniger beleuchteten Straßenseite. Ab und zu lächelte sie ihn an. Er schätzte sie auf etwa so alt wie sich selbst, Mitte 20, aber vielleicht war sie auch schon 30. Sie trug weiche, sehr dunkel gefärbte Kleidung, die keine Geräusche zu machen schien, wenn sie sich darin bewegte. Im Gehen öffnete sie ihre hochgesteckten Haare und schüttelte sie unbefangen aus.

     

    "So, Roric, was machst du mitten in der Nacht in den dunklen Gassen der Stadt der Düfte und Farben?", fragte sie, als sie in Richtung des Handelshafens abbog.

     

    Ihre zwanglose Art war ansteckend.

     

    "Ich ärgere mich über meinen Vater", sagte er daher und der Frust kam schleichend zurück wie die trübe Nebelschicht auf einem See.

     

    "Phantastischer Grund", lobte Filipa und Roric musste lachen. "Was hat er denn getan?"

     

    "Er will, dass ich einen Drachen töte", sagte Roric bitter.

     

    Filipa hielt an. Seit sie in diese Gasse abgebogen waren, war es so dunkel, dass er kaum etwas erkennen konnte. Nur das Helle in ihren runden Augen.

     

    "Das wird Einzug in die Annalen halten, als einer der besten Gründe, seinen Vater zu hassen. Warum um alles in der Welt will er das?"

     

    Roric zuckte die Schultern. Was sollte er sagen? Dass von ihm erwartet wurde, dass er allein die in Dekandenz untergegangene Tradition einer heldenhaften Familie wieder aufleben ließ? Dass sein Vater ihn hatte loswerden wollen?

     

    Er ging weiter, ohne zu wissen wohin.

     

    "Und? Hast du schon einen gefunden?", fragte sie, ohne auf eine Antwort auf die vorherige Frage zu bestehen.

     

    "Nein. Es gibt hunderte Legenden von Drachen, aber wirklich sicher, wo einer lebt, konnte mir bisher niemand sagen. Du vielleicht?"

     

    "Tut mir leid", sagte sie. "Obwohl ich nicht sicher bin, dass ich das tun würde, wenn ich es könnte. Du wirkst fast so, als wolltest du das wirklich versuchen. Gehen wir hier rein", schlug sie dann unvermittelt vor und öffnete die Tür zu einer verrauchten Kaschemme, in der zu so später Stunde nur wenig Besuch war, aber das matschige Stroh auf dem Boden von einem trubeligen Abend kündete --- oder auch mehreren Abenden. Es sah nicht so aus, als würde in der Dreibeinigen Schildkröte täglich das Stroh gewechselt.

     

    Mit gerümpfter Nase sah Roric sich um, aber Filipa zog ihn hinter sich her an einen Tisch.

     

    "Sie haben wirklich guten Grappa", vertraute sie ihm an und wenig später stand eine enghalsige Flasche mit zwei kleinen Tonbechern vor ihnen.

     

    * * *

     

    "Stiehlst du ... häufiger was?", fragte Roric, nachdem das dritte Glas die Zügel seines Benehmens gelockert hatte.

     

    "Ja", antwortete sie knapp und zufrieden.

     

    "Warum?"

     

    "Eigentum ist Illusion."

     

    Darauf wusste Roric nicht sofort eine gute Antwort. So locker saßen seine Manieren noch nicht, dass er ihr an den Kopf werfen wollte, wie sie so einen Quatsch sagen konnte.

     

    "Von wem hast du das denn?", fragte er stattdessen, um seinen müden Kopf nicht mit Gedanken zu belasten, was die Konsequenz einer solchen Einstellung waren.

     

    Nachdenklich sah sie ihn an und schien die Worte eine Zeitlang auf den Lippen hin und her zu schieben, bevor sie antwortete.

     

    "Ich gehöre einem Kult um den Gott Khazzulor an", sagte sie schließlich.

     

    "Es gibt einen ganzen Kult, der an so ... etwas glaubt?" Gerade noch rechtzeitig hatte er das Wort 'Quatsch' aus dem Satz gestrichen.

     

    "Warum nicht?"

     

    "Weil ..." Er beherrschte sich. Höflichkeit gebot es, die Überzeugungen anderer nicht als Schwachsinn abzutun. Er atmete also tief durch, nahm den vierten Grappa an und sagte dann besonnener: "Stell dir doch mal vor, das würden alle glauben. Dann würden sich alle nur gegenseitig etwas wegnehmen und niemand hätte Grund, sich etwas Schönes zu schaffen. Niemand würde mehr ein Haus bauen, wenn es unwahrscheinlich ist, das Haus auch nächstes Jahr noch zu besitzen."

     

    Filipa nippte an ihrem Becher und betrachtete ihn gelassen.

     

    Ihm fiel auf, dass etwas nicht stimmte. Er würde sich trotzdem ein Haus bauen. Es ging ja nicht nur darum, es in einem Jahr noch zu haben, sondern auch um Schutz jetzt. Aber er würde darum kämpfen müssen. Und das gefiel ihm nicht.

     

    "Wir sind wie die Katze auf dem Dachfirst", sagte Filipa. "Fallen wir auf der einen Seite vom Haus, stürzen wir ins Chaos, in dem niemand mehr für die eigene Zukunft etwas zu tun bereit ist. Stürzen wir auf der anderen Seite herunter, herrscht morbide Starrheit, in der der Besitz deiner Vorfahren definiert, was du bist. Reichtum konzentriert sich mit der Zeit."

     

    "Es geht dir um Umverteilung?"

     

    "Auch."

     

    "Das 'Licht der Wahrheit' schenkst du also an eine bedürftige Familie", sagte er verächtlicher als beabsichtigt.

     

    "Nein", erwiderte sie ernst. "Aus unserer Sicht ist das ein böses Artefakt. Es wird zerstört."

     

    "Ein böses Artefakt? Das kann ich gar nicht glauben."

     

    Sie zuckte die Schultern und holte es noch einmal hervor.

     

    "Es ist Tin geweiht", gab sie zu. "Die drei vorhin haben sich so leicht vertreiben lassen, weil sie selbst Schmuggler sind und mit dem Großen Rat von Palabrion nichts zu tun haben wollen. Vielleicht haben sie dich sogar für eine Stadtwache gehalten. Gut, dass du nichts gesagt hast."

     

    Sie grinste, aber Roric blieb ernst.

     

    "Ist dieser Khazzulor ein böser Gott, so wie Drais?"

     

    "Nein!", rief Filipa aus. "Nein. Er ist ein guter Gott."

     

    "Warum haltet ihr dann ein Tin-Artefakt für böse?"

     

    "Wegen dem, was es kann. Ich zeige es dir."

     

    Damit hatte sie blitzschnell den Anhänger in seine Hand gelegt, die Wölbung stand von seiner Handfläche ab. Sie drehte seine Hand mitsamt Anhänger und drückte sich die Wölbung auf den eigenen Arm.

     

    "Frag mich was", forderte sie ihn auf.

     

    "Ich versteh nicht ..."

     

    "Irgendwas, was du nicht erwarten würdest, dass ich ehrlich beantworte."

     

    Roric war verwirrt.

     

    "Wie alt bist du?", war schließlich die erste Frage, die ihm einfiel.

     

    Unter seiner Handfläche leuchtete es gelb auf, strahlte in alle Richtungen heraus und wärmte seine Hand mit wohliger Weichheit.

     

    "Achtundsechzig", antwortete Filipa und riss dann sofort seine Hand von ihrem Arm. "Oh, Rattendreck, was für eine dämliche Frage. Jaja, ich bin magisch verjüngt, aber erzähl es niemandem."

     

    Ärgerlich funkelte sie ihn an und Roric verstand erst recht nichts mehr.

     

    "Siehst du nicht? Ich musste die Wahrheit sagen. Wir machen es noch einmal andersherum."

     

    Flink nahm sie ihm das Amulett aus der Hand, drückte die Wölbung auf seinen Unterarm und stellt ihre Frage, bevor er protestieren konnte.

     

    "Was ist das Wertvollste, das du gerade bei dir hast?"

     

    Wieder leuchtete das Licht, aber diemal war es kalt unter der goldenen Sonne, so als zöge sie die Wärme und Kraft mitsamt der Antwort aus ihm heraus.

     

    "Mein Rasiermesser", antwortete Roric ohne zu zögern --- und ohne es zu wollen. Und er redete einfach weiter: "Vielleicht nicht das Wertvollste in Gold, aber das Wertvollste für mich. Es ist ein Familienerbstück. Aber das Wichtige ist, dass er es mir geschenkt hat. Mir. Nicht meinem Bruder. Mir. Es ist ein Liebesbeweis."

     

    Rorics Wangen brannten, als Filipa endlich den Kontakt löste und sein Wortfluss versiegen durfte. Er schauderte. 'Ein Liebesbeweis.' Hatte er das tatsächlich gesagt? Sein wichtigster Besitz war ein 'Liebesbeweis' seines Vaters. Am liebsten wäre er im Boden versunken. Hatte er schon genug getrunken, dass er wenigstens glaubwürdig unter den Tisch gleiten konnte?

     

    Filipa sah ihn nur nachdenklich an. Sie schenkte nach und beide tranken.

     

    "Sie haben es verwendet, um die Wahrheit aus einem herauszupressen", sagte sie Minuten später, als sie das Amulett längst schon wieder eingesteckt hatte.

     

    "Hm", machte Roric mürrisch. "Was Folterinstrumente angeht, scheint es mir recht zivilisiert."

     

    Filipa lachte lautlos.

     

    "Stimmt schon. Nicht so krude wie eine Streckbank und heiße Schürhaken, aber ... verstehst du nicht? Du hast keine Chance. Keine Wahl. Du hast keinen Willen mehr. Ich finde, das ist das Schlimmste, was man einem Menschen antun kann."

     

    Ihre Augen trafen sich und er glaubte ihr. Das war es, wovor sie am meisten Angst hatte.

     

    "Es tut mir leid", fügte sie dann an. "Ich hätte das nicht tun sollen, eben."

     

    Roric zuckte die Schultern, wollte es wegschütteln.

     

    "Schon gut. Es ist offensichtlich die Wahrheit, auch wenn sie mir nicht gefällt. Ich habe sowieso geschworen, die Wahrheit zu sagen. Bisher hatte ich nicht geglaubt, dass daran etwas schlecht sein sollte."

     

    Es klang trotzig.

     

    "Gehört das auch zu deinem Kult?", fragte er, um das Thema von sich wegzulenken.

     

    "Ja", antwortete sie fröhlicher. "Wobei es wie bei dem anderen Prinzip auch hier darum geht, das richtige Maß zu treffen. Es ist durchaus akzeptabel für uns, andere auszutricksen, jemandem etwas vorzugaukeln. Aber nicht den Willen gänzlich zu nehmen. Der freie Wille ist unantastbar."

     

    "Wie soll das denn gehen", spottete Roric: "Ein Kult der freien Willen vorschreibt."

     

    "Höre ich da einen Hauch grundsätzlicher Häresie?", meinte Filipa unbeeindruckt und Roric lachte auf.

     

    * * *

     

    Als die Flasche leer war, verabschiedeten sie sich und Filipa umarmte ihn und dankte ihm noch einmal.

     

    "Versuch es mal in Thalassa", sagte sie ihm draußen vor der Kneipentür.

     

    "Was?"

     

    "Frag in Thalassa nach einem Drachen. Wenn dir irgendwo jemand sagen kann, wo es noch einen Drachen gibt, dann dort."

     

    "Danke", erwiderte er ernst.

     

    "Und Roric", sagte sie noch. "Jemandem etwas zu stehlen, ist nicht unbedingt einfacher, als es selbst zu machen."

     

    Damit sprang sie die Hafenstraße entlang in die Morgendämmerung.

     

    Aber Roric verstand ihren letzten Satz erst, als er auf dem Weg zu seinem Gasthof seiner Angewohnheit, mit dem Rasiermesser zu spielen, nachgeben wollte.

     

    Es war weg.

     

    Wütend fuhr er herum, aber natürlich war Filipa längst nicht mehr zu sehen.

     

    Frust schüttelte ihn, bis seine Hand in die andere Tasche des Wamses fuhr, um zu sehen, was sie ihm noch alles gestohlen hatte. Da war das Rasiermesser. Erleichtert holte er es hervor und strich liebevoll über die Einlegearbeit aus Perlmutt.

     

    Aber wo war das Bleikästchen mit den Feuerperlen?


    Benutzer-Feedback

    Empfohlene Kommentare

    "So, Roric, was machst du mitten in der Nacht in den dunklen Gassen der Stadt der Düfte und Farben?"

     

    "Ich ärgere mich über meinen Vater"

     

    :rotfl:

     

    zu schön.

     

    :rotfl:

     

    ein paar Schreibfehler sind mir unterwegs aufgefallen, aber ich habe mich gerade zu gut über die Geschichte amüsiert, als das ich da jetzt detailiert suchen möchte.

     

    Sehr fein. :thumbs:

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