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  • "Ich habe darüber nachgedacht dich zu töten..."


    Nashatal

    Ich oute mich hiermit auch mal als Schmierfink und Freizeitfederschwinger.

    Dies ist keine abgeschlossene Geschichte. Es ist eine kurze Szene die mich nach einem Spielabend beschlich, verfolgte und mich dazu zwang sie aufzuschreiben. Vielleicht hat Jemand von euch Freude daran sie zu lesen, auch wenn sie mehr eine Art Fragment oder kurzes Schlaglicht ist.

    Kritik oder Kommentare sind sehr gerne gesehen. Doch bitte beachtet dabei, dass dieses Werk keinerlei Anspruch auf Konformität in irgendeiner Art und Weise erhebt. Es ist einfach nur ein festgehaltener Gedanke. :)

     

    (Da die Verlinkung die in den Regeln für Kurzgeschichten steht mich nur zu einer Fehlermeldung führt poste ich den Text einfach komplett hier rein.)

     

    Kalte Nachtluft flutete den Raum als Ian die Läden öffnete und einige vereinzelte Schneeflocken tanzten durchs Fenster um kurz darauf zu winzigen Wassertropfen zu vergehen. Er schloss die Augen. Erlaubte dem Wind ihm durch die Haare zu fahren. Genoss für einen Moment das Gefühl wachsender Klarheit das der Frost zurückließ nachdem er seine Wangen berührt hatte. Ein unwillkürliches Frösteln erfasste seinen Körper. Auch wenn die Kälte ihm willkommen war fror er unter den Händen des eisigen Luftzugs, der durch seine Kleider fuhr.

    »Komm her. Ich weiß, dass du wartest.«

    Ein leises Flattern erhob sich in der Luft. Das Schlagen von Flügeln. Und ein Schatten löste sich von der gegenüberliegenden Dachkante. Schwarz vor dem schwarzen Hintergrund des Firmaments. Fast ebenso lautlos wie er sich genähert hatte landete der Vogel auf dem Fensterbrett. Ian betrachtete ihn einen Augenblick lang stumm. Reglos. Musterte Aufmerksam das dunkle Gefieder. Den Schnabel. Die leicht geschwungenen Klauen. Misstrauisch. Suchend. Forschend. Als sein wandernder Blick die Augen der Krähe erreichte - Schwarze, schimmernde Perlen denen ein eigentümlicher roter Glanz inne lag. – löste er sich plötzlich aus seiner Erstarrung. Griff nach vorne. Packte das Tier mit beiden Händen beim Hals und riss es zu sich hinauf. Es schlug erschrocken mit den Flügeln. Gebärdete sich wild. Krächzte wütend. Hackte nach den Fingern, nach den Armen, die sich erbarmungslos um es schlossen. Fand Haut. Fand Fleisch. Fand Blut. Dann hielt der Vogel plötzlich inne. Wurde von einem auf den anderen Moment völlig ruhig und der Ausdruck von Panik in seinen Augen machte etwas anderem Platz. Etwas Lauerndem. Er drehte den Kopf. Betrachtete seinen Peiniger auf eine Art und Weise die nicht länger tierisch war.

    Ein dünner Blutfaden rann Ians Handgelenk entlang, erreichte seine Finger und tropfte zu Boden. Er hatte den Griff nicht gelockert als die Krähe ihm die Haut vom Handgelenk riss. Zuckte nicht einmal zusammen.

    »Ich habe darüber nachgedacht dich zu töten, weißt du das eigentlich?«

    Er erwiderte den Blick des Tieres, der Kreatur, ungerührt.

    »Wenn wir Geltin verlassen wirst du mehr und mehr zum Risiko für mich. Die Frage ist: Kannst du mir nützlich genug sein um dieses Risiko zu rechtfertigen?«

    Der Ausdruck in den dunklen Augen des Vogels veränderte sich. Bekam einen geradezu spöttischen Zug. Die Stimme mit der er die Worte modulierte war rau, heiser und schwer zu verstehen. Mehr ein Krächzen als ein Sprechen.

    »Nein, Meister. Die Frage ist: Kannst du es tun?«

    Ein Geräusch das wohl am ehesten so etwas wie ein Lachen war entrang sich seiner Kehle.

    »Und die Antwort… kennen wir beide.«

    Auch wenn sie miteinander sprachen, war das was eigentlich zwischen ihnen geschah stumm. Ein Kampf den Ian focht. Und den sein Vertrauter mit der Gelassenheit, dem spöttischen Lächeln des sicheren Siegers beobachtete. Gewissen und Schuld. Pflicht. Wollen. Dürfen. Können. Müssen. Wünschen. Brauchen. Rangen miteinander um eine Entscheidung, die das erste Mal überhaupt tatsächlich in Frage stand. Die Kreatur sollte Recht behalten. So wie er von Anfang an geahnt hatte, dass sie recht behalten würde. Er konnte es nicht tun. Zu lange begleitete ihn das Tier, das Wesen, nun schon. Zu viele Stunden war es ihm die einzige Gesellschaft gewesen. Obwohl es niemals so etwas wie Vertrauen zwischen ihnen gegeben hatte, so schien doch der gegenseitige Nutzen ein Band zwischen ihnen geknüpft zu haben. Und das erwies sich nun als stärker als Ian erwartet hatte. Er erlaubte dem Seufzer den Weg über seine Lippen nicht als er für einen Moment den Griff um den Hals der Krähe festigte, bevor er die Hände öffnete. Sie fiel, trudelte, flatterte auf und landete wieder auf der Fensterbank. Wie zur Provokation genau dort, genau so, wie sie hereingeflogen war.

    »Vergiss nicht Vogel. Du brauchst mich genauso. Ohne mein Blut bist du bald wieder einer unter vielen. Zurück in der Hölle aus der ich dich gerufen habe.«

    Der Vogel krächzte. Kein Wort. Nur ein Laut. Doch der Blick den er seinem Meister schenkte, der Hohn darin, hatte keinerlei Worte nötig.

    Als Ian sich zu ihm auf die Fensterbank niederließ und den Ärmel seines Hemdes aufrollte fühlte er sich auf eine schwer zu beschreibende Art und Weise gedemütigt. Verhöhnt. Bezwungen. Obwohl die Krähe ihn bereits verletzt hatte zog er den Dolch aus seinem Gürtel und ließ ihn über sein Handgelenk gleiten. Verletzte die Haut gerade so tief, dass Blut aus dem Schnitt sickerte. Eine Geste die ihm Kontrolle vorgaukelte. Auch wenn es unvernünftig war. Dumm. Schwer zu verbergen. Er schnitt die Wunde immer selbst aus der er seinen Familiar fütterte. So war und blieb er Derjenige der gab. Ganz bewusst. Doch als er dieses Mal seinen Arm ausstreckte damit die Krähe ihren Schnabel in sein Blut tauchen konnte war es einzig und alleine sein Trotz der ihn weiter daran festhalten ließ.


    Benutzer-Feedback

    Empfohlene Kommentare

    Sehr schön. Gefällt mir sehr gut. Ich sehe die beiden recht deutlich vor mir. Doch, hast du sehr schön geschrieben. Macht Lust, mehr von Ian zu hören. :clap:

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